Wiesenstetter und Dommelsberger Bastelfrauen feiern 30. Jubiläum

Von Adelinde Hellstern

Empfingen-Wiesenstetten. Beim Adventsbasar am Samstag im Pfarrhaus suchten sich viele Einheimische und Auswärtige aus der jedes Jahr aufs Neue beeindruckenden Vielfalt an liebevoll gebundenen und geschmackvoll verzierten Adventskränzen, Gestecken, Türkränzen und sonstigen Kreationen ihren Favoriten aus.

Dieser Basar war jedoch etwas Besonderes: Die Wiesenstetter und Dommelsberger Bastelfrauen der Kirchengemeinde St. Stephanus Wiesenstetten feiern in diesem Jahr ihr 30. Jubiläum. Angefangen haben sie vor mehr als 20 Jahren in der Waschküche von Christa Bischof in Dommelsberg, deren Ehemann Anton als zweiter Vorsitzender des Kirchengemeinderats fungierte. In seiner Ära wurde das Pfarrwohnhaus in ein Gemeindehaus umgebaut, das heute neben dem Dorfgemeinschaftshaus (DGH) Dreh-und Angelpunkt des Gemeindelebens ist.

Auf Initiative von Kirchengemeinderätin (1981 bis 2001) Rosl Mock aus Dommelsberg entstand der Adventsbasar zur Finanzierung der Küche. Als gelernte Hauswirtschafterin führte sie auch die Regie in der Küche bei zahlreichen Festen der Kirchengemeinde zum Zweck der Einnahmenbeschaffung. Rasch zogen die Frauen, um Mitte 40 Jahre alt, jedoch ins Obergeschoss im Wiesenstetter Pfarrhaus um.

14 Tage vor dem ersten Advent ging es los mit der Materialbeschaffung. Am ersten Tag wird mit Unterstützung des Försters und einigen Männern im Wald frisches Tannenreisig geschlagen und Buchs sowie Thuja geschnitten. Private Eigentümer stellen Edeltannen zur Verfügung, die in den Gärten zu groß geworden sind und gefällt werden müssen. Vorher haben sie bereits ganze Kofferräume voll Kerzen, Bänder, Steckmaterial und andere Zutaten eingekauft, so dass im Obergeschoss des Pfarrhauses in Wiesenstetten mit der Produktion von Adventsgestecken, Adventskränzen und Türkränzen begonnen werden konnte.

Jede der Frauen hat bei den Vorbereitungen ihren Part. Die Einen schneiden das Reisig zurecht, wobei sie da sehr "schleckig" sind. Es gibt die "Kranzerinnen" und die "Schmückerinnen". Herrlich dicht und gleichmäßig gebunden sind die Kränze auf der Grundlage von Strohringen, die ebenfalls in Handarbeit hergestellt werden. Doch halt – Herstellung ist ein falscher Ausdruck – mit Sorgfalt, Liebe und Stil entstehen die Adventsgebinde, die weithin bekannt sind. Gebastelt wird unermüdlich und täglich nachmittags und nach dem Vesper zu Hause geht’s abends weiter. Mehr als 100 Adventskränze und Türkränze haben sie gebunden, Gestecke und einzelne Arrangements auf Tellern oder in Gefäßen gefertigt aus Reisig, Buchs und Thuja und liebevoll geschmückt und verziert. Gerne berücksichtigen sie besondere Farb- und Materialwünsche, die Stammkunden bereits selbstverständlich äußern, verrät Christa Bischof. Überhaupt haben die Frauen eine große Stammkundschaft auch über die Grenzen Wiesenstettens hinaus aufgebaut.

Weiß und Nuancen wie creme und elfenbein waren all die Jahre gefragt, der Klassiker rot und weinrot ist nach wie vor im Trend. Nur die Farbe blau, der Hit von 2002, war schnell wieder out. Die Schaufenstermodefarbe schwarz kam erst gar nicht an in Wiesenstetten. Glimmer und Glitzer sind gefragt ebenso wie moosige Ästle, Korkenzieherhasel oder Tannenzäpfle und Nüsse aus Gottes Natur. Oft hatten sie Sonderaufträge zu erfüllen, der Adventskranz für andere Kirchen wurde mehrfach in Wiesenstetten gebunden. Das war wegen des Eisengestells zur Aufhängung des Kranzes Schwerstarbeit für drei Personen. Rund vier Stunden dauert es, bis der Kranz rundum gleichmäßig mit duftendem Reisig eingebunden ist. Der Wiesenstetter Kirchen-Kranz mit einem Durchmesser von mehr als einem Meter wird selbstverständlich hergestellt.

Was ist das Geheimnis ihres Erfolgs? Es ist das Miteinander, die Freude über das gemeinsam Geschaffene, was die Frauen das riesige Arbeitspensum so gelassen bewältigen lässt. Nicht zu vergessen ist die Freude über das Lob und die Begeisterung der Kunden.

Am Samstagnachmittag laden die Frauen alle Jahre wieder zu ihrem Basar ins Pfarrhaus in Wiesenstetten ein. Verschwunden sind dann alle Arbeitstische, alles ist liebevoll aufgebaut und adventlich dekoriert. Gold- und Silber glitzert im Schein brennender Kerzen, Kaffeeduft und der Geruch von Lebkuchen und Glühweinschnitten streicht durchs Pfarrhaus und jeder spürt es – er ist’s, der Advent kommt!

Seit der Gründung des Orgelbaufördervereins Wiesenstetten im September 2009 übernimmt dieser die Organisation des Kaffees und entlastet die Frauen diesbezüglich. Meist war es bisher so, dass die reich bestückten Tische am Abend leer gefegt waren und die Bastelfrauen für den eigenen Bedarf noch einmal Hand anlegen mussten nach dem ersten Advent.

Den Erlös des Adventsbasars haben die Frauen stets gespendet. Meist still und leise gaben sie für besondere soziale Zwecke und Menschen in Not, mal für rumänische Straßenkinder und auch für die Christkönigschule von Pfarrer Charles. Auch die Kirchengemeinde St. Stephanus, die finanziell nicht auf Rosen gebettet ist, wurde stets bedacht und konnte diesen Zuschuss sehr gut brauchen.

In all den Jahren waren es im Schnitt zehn bis 13 Frauen, die zur Bastelgruppe gehören. Die Initiatorin Rosl Mock ist im Juni 2011 im Alter von 84 Jahren verstorben. Die jüngste der Damen ist heute Anfang 60, die Älteste wird in Kürze 80. Da bleiben gesundheitliche Probleme nicht aus. Doch immer wieder gibt es Aushilfen, die Engpässe, wie in diesem Jahr bei den Kranzerinnen, gerne überbrücken. Das gemeinsame Basteln scheint jedoch ein Jungbrunnen zu sein. Weitermachen 2015? Sie haben gar keine Wahl, es liegen ja bereits Bestellungen vor. Die Kreation von Christa Bischof für ihren Enkel Justin ist schuld.