Der einzige Weltmeister, der noch dabei ist: David Krämer Foto: dpa/Daniel Löb

Aus dem Gold-Kader vom September ist bei der EM-Qualifikation in Ludwigsburg nur noch ein Spieler dabei – das hat verschiedene Gründe.

Als die Löwen Braunschweig in der ersten Pokalrunde Ende September in Tübingen antraten, hatte sich auch Basketballstar Dennis Schröder als Gesellschafter des Clubs in der Paul-Horn-Arena unter die Zuschauer gemischt – und als der frisch gekürte Weltmeister erkannt wurde, einen gewissen Auflauf auf der Tribüne verursacht. An diesem Donnerstag (19.30 Uhr) nun absolviert die deutsche Nationalmannschaft ihren ersten Auftritt nach der WM, dieses Mal in Ludwigsburg: EM-Qualifikation gegen Montenegro. Schröder werden die 4000 Zuschauer in der ausverkauften MHP-Arena dann vergeblich suchen – auf und außerhalb des Parketts.

Das Idol fehlt, und nicht nur Schröder. Nachdem Justus Hollatz (Fenerbahce Istanbul) verletzungsbedingt absagen musste, bleibt David Krämer der letzte Mohikaner aus dem WM-Ensemble. Der sagt auf seine besondere Rolle angesprochen: „Darüber mache ich mir gar keine großen Gedanken. Ich bin hier als Leader hergekommen, um das Spiel zu gewinnen“, so der Spieler des CB Granada, der bei der WM eher eine Randfigur war und dies anstandslos akzeptierte. „Jeder wusste um seine Rolle. Da war kein Ego dabei, alle hatten ein Ziel.“ Gold!

Der Alltag ist zurück

Jetzt herrscht wieder Alltag, und da schert sich die mächtige nordamerikanische Profiliga NBA gelinde gesagt wenig um den europäischen Spielplan, sodass Schröder bei seinem neuen Club Brooklyn Nets im Einsatz ist, und auch andere WM-Helden wie die Wagner-Brüder Franz und Moritz (beide Orlando Magic) beim Auftakt der EM-Qualifikation fehlen. Es ist ja seit Jahren eine der Ungereimtheiten im Basketball, dass die Besten durch Abwesenheit glänzen.

Dabei gibt es nicht nur die NBA, sondern auch die autonome kontinentale Königsklasse Euroleague, die jetzt aber erstmals für die Länderspiele eine Pause eingelegt hat. Dennoch sind einige aus deren Topriege wie Andreas Obst, Isaac Bonga oder Niels Giffey vom frischgebackenen Pokalsieger Bayern München nicht dabei: „Ich habe mit allen persönlich gesprochen“, sagt Bundestrainer Gordon Herbert, „aber ich muss ihre Entscheidung respektieren, sie benötigen eine Pause. Und das Dümmste wäre, einen Spieler zu etwas zu zwingen.“

Genug Kandidaten

Zumal es genug Kandidaten in der Warteschleife gibt. Wie Nick Weiler-Babb, der mit den Bayern diese Saison nicht minder oft im Einsatz war. Warum er dabei ist? „Es gibt einen großen Unterschied zu den Genannten. Die haben die Goldmedaille, ich nicht“, sagt der nach den Weltverbandsregularien eingebürgerte US-Amerikaner – der in Ludwigsburg ein Heimspiel hat, weil er bei den Riesen einst seine Europakarriere begann.

Nicht nur er. Auch Oscar da Silva startete nach seiner Collegezeit in Ludwigsburg und ist über Alba Berlin inzwischen beim FC Barcelona gelandet, mit dem er noch am Sonntagabend im spanischen Pokalfinale stand (und gegen den Dauerrivalen Real Madrid verlor). Dennoch verschwendete er keinen Gedanken an eine Absage. „Für mich war klar, dass ich komme, wenn ich körperlich fit bin“, sagt der 25-Jährige, der den Sprung auf den WM-Zug im Vorjahr knapp verpasste und dafür nun von Olympia träumt. „Klar war ich enttäuscht, aber die Entscheidung soll und muss der Trainer fällen.“

Alles richtig gemacht

Gordon Herbert also, der Kanadier, der im Nachhinein alles richtig gemacht hat. So sieht es auch da Silva: „Man muss sagen, gerade auf den großen Positionen ist es inzwischen schwer, in den Kader zu kommen – das ist eine schöne Sache.“ Für den deutschen Basketball, der eine gute Mischung aus etablierten und jungen Spielern besitzt. Wie zum Beispiel Jacob Patrick (20). Doch ausgerechnet der Lokalmatador wurde wegen einer Erkrankung aus dem Kader gestrichen.

Und noch ein ehemaliger Ludwigsburger fehlt, allerdings beim Gegner. Der eingebürgerte Jonah Radebaugh hat den internen Legionärszweikampf bei Montenegro mit Kendrick Perry (CB Malaga) verloren. Nicht nur deshalb sagt der Bundestrainer: „Das ist eine starke Basketballnation.“ Und diese Nation verfügt über eine Mannschaft, die weitgehend in Bestbesetzung antreten kann, natürlich ohne NBA-Profis. Aber mit Dino Radoncic von den Bayern. Dazu muss man wissen, dass Basketball auf dem Balkan immer etwas mit der Ehre zu tun hat.

Die gebührt natürlich auch den Weltmeistern. Deshalb planen Verband und Liga derzeit, eine deutsche Hall of Fame ins Leben zu rufen. Wenn nicht jetzt, wann dann?