Jennifer Richter spielt Eishockey in der Nationalmannschaft. Foto: Privat

Eishockey: Jennifer Richter aus Schwenningen spielt seit mittlerweile drei Jahren für Nationalmannschaft.

Villingen-Schwenningen - Auf ihrem Facebook-Profilbild trägt die 19-jährige Jennifer Richter ein rotes Kleid und lächelt scheu in die Kamera. Sie ist mit ihren 1,62 Metern eher klein, und mit 55 Kilo relativ dünn dafür, dass sie schon seit etlichen Jahren Eishockey spielt. "Man muss nur genug Muskeln haben und fit sein. Da spielt das Gewicht keine Rolle", klärt sie auf. Binnen kurzer Zeit hat sie die höchste Ehre erhalten, die es für einen Sportler geben kann: einen Platz in der Nationalmannschaft.

"Eigentlich habe ich zu spät mit dem Eishockey angefangen", gibt sie zu. Und doch hat sie sich innerhalb von sechs Jahren genug Können angeeignet, um sich mit den Besten messen zu können. "Die meisten anderen, die auf meinem Level sind, spielen bereits seit mehr als zehn Jahren." Auf die Idee, mit dem Eissport anzufangen, kam die frühere Tischtennisspielerin durch ihren heute 17-jährigen Bruder, der von Kindesbeinen an Eishockey spielt. Als sie es selbst ausprobierte, war sie augenblicklich fasziniert. "Es ist so spannend, weil du viele Bereiche miteinander kombinieren musst. Das ist nicht wie beim Laufen, wo du nur eine Sache beherrschst", erklärt sie. Eine Spielerin müsse topfit sein und neben körperlicher Hochleistung auch taktische Klugheit mitbringen. "Am meisten liebe ich aber die Action", sagt sie lächelnd. Und erzählt, dass man sich auch bei Frauenspielen auf dem Eis hin und wieder mal prügelt – wenn auch viel seltener als bei den Männern. Umso überraschender ist es, dass die toughe junge Frau in ihrer Freizeit gern Klavier spielt.

Derzeit macht sie FSJ in Schwenningen

Dafür bleibt bei ihrem Alltag allerdings inzwischen nur noch wenig Zeit. "Ein Tag als Nationalspielerin ist oft sehr stressig", erzählt sie. Derzeit macht sie ein Freiwilliges Soziales Jahr in Schwenningen und arbeitet mit sprach- und körperlich behinderten Kindern. Wenn sie um 16 Uhr von der Arbeit nach Hause kommt, geht es um 17 Uhr direkt weiter zum Vereinstraining. Das dauert bis 20 Uhr. Danach legt Jennifer eine Extra-Schicht ein. "In dieser Zeit absolviere ich den zweistündigen Nationalmannschafts-Trainingsplan. Da geht es um Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer, Koordination und Balance", zählt die Sportlerin auf. Um 22 Uhr sei sie dann froh, ins Bett gehen zu dürfen. "Manchmal haben wir zweimal Eistraining an einem Tag. Dann kann es auch mal länger gehen."

Was nach einer großen Belastung klingt, macht Jennifer mit Freude. Und hat es nebenbei auch geschafft, in diesem Jahr ihr Abitur zu machen und als Klassensprecherin an der Villingen-Schwenninger Albert-Schweitzer-Schule geehrt zu werden. Dabei ist Eishockey ein Fulltime-Job mit täglichem Training und Spielen am Wochenende, manchmal sogar jeweils Freitag, Samstag und Sonntag.

Trotz des Stresses sorgt Jennifer immer dafür, dass sie genug Schlaf vor dem Spiel bekommt und etwas Warmes gegessen hat. "Dann geht es ans Aufwärmen. Das ist für mich sehr wichtig", erklärt sie. Ebenso nimmt sie sich kurz vor Beginn des Spiels immer ein paar Minuten Zeit für sich. "Beim Musik hören konzentriere ich mich dann voll und ganz aufs Spiel. Außerdem überlege ich, welche Fehler ich zuletzt gemacht habe, um die nicht zu wiederholen." Die nötige Kraft holt sie sich dann bei ihrer Familie. Ihr sportliches Vorbild ist derweil der US-amerikanische Führungsspieler Patrick Kane.

Begonnen hat sie ihre Karriere beim Nachwuchs der Wild Wings, dort spielte sie bis zum vergangenen Jahr. Gleichzeitig wurde sie Teil der Lady Wings (Landesliga), wo sie bis heute auch immer noch aktiv ist. Erfahrungen in anderen Eishockeyteams sammelte Jennifer von 2012 bis 2014 bei den Esslinger Pesky Kids und in den zwei Runden darauf bei den Kurpfalz Ladies der Maddogs Mannheim in der Frauenbundesliga.

Eine Herausforderung erwartet sie nun mit dem Wechsel zum Schlittschuhclub Weinfelden in die Schweizer Eliteliga, eine der höchsten Ligen im Eishockey. "Die haben mich gesichtet und zum Probetraining eingeladen. Dann wollten sie mich haben", erzählt sie.

Woran sie sich ihr Leben lang erinnern wird, ist ihr erster Einsatz mit 16 Jahren in der U-18-Nationalmannschaft. "Es war immer mein Traum, dort zu spielen. Natürlich war ich nervös, weil ich beweisen wollte, was ich kann. Aber wenn man auf dem Eis steht, ist die Aufregung weg", sagt sie. Seitdem zaubert ihr die Einladung zum Trainingslehrgang jedes Mal ein Lächeln aufs Gesicht.

Als schönsten Moment ihrer Karriere bezeichnet Jennifer aber das erste Tor für die Wild Wings. "Und dann gab es da jenes Spiel, das wir 6:5 gewonnen haben. Da habe ich alle sechs Tore geschossen", fällt der Center-Spielerin, die links ihre starke Schusshand hat, ein. "Meine Stärken sind Geschwindigkeit und Schussstärke. Und ich bin dazu bereit, jederzeit bis zum Ende zu kämpfen", sagt sie entschlossen.

Trotz ihres Erfolges will sie den Sport nicht zum Beruf machen. "Eine Verletzung und alles kann vorbei sein", weiß sie. "Das Schlimmste war bisher ein gebrochenes Schlüsselbein durch einen Check. Danach konnte ich lange nichts mehr machen". Obwohl Jennifer beinahe alles erreicht hat, steht noch ein dicker Punkt zum Abhaken auf ihrer Liste: Olympia.