Mannheimer Unternehmen vermuten Schwarzarbeiter unter bulgarischen Flüchtlingen

Von Hilmar Pfister Mannheim. Sie kommen aus Bulgarien, Rumänien und dem ehemaligen Jugoslawien: Immer mehr Menschen in Südosteuropa verlassen ihre Heimat Richtung Baden-Württemberg. Doch die Städte im Südwesten sind überfordert mit dem Flüchtlingsstrom wie in Mannheim.Brautmoden neben Zeitschriften und Gemüse sowie Obst. Die Vielfalt der Ladengeschäfte im Mannheimer Stadtteil Jungbusch ist groß. Es sind keine weltweit tätigen Handelsketten, die sich hier niedergelassen haben. Wer in Jungbusch etwas eröffnet, stammt von dort. "Migranten gehen viel öfter in die Selbstständigkeit als Nicht-Migranten", sagte Claus Preissler, der Integrationsbeauftragte der Stadt Mannheim.

Und Migranten sind in Jungbusch ganz klar in der Mehrheit. Ihr Anteil liegt bei über 60 Prozent. An erster Stelle stehen Türken, dann kommen Italiener und Polen. An vierter Stelle schließlich finden sich Bulgaren, eine Migrantengruppe, die immer größer wird in Mannheim. Seit Bulgariens EU-Beitritt im Jahr 2007 hat sich die Zahl der Zuwanderer aus diesem Land vervierfacht. Mittlerweile leben 2600 Bulgaren in der 300 000 davon in Jungbusch.

So sehr die Bulgaren vom EU-Beitritt ihres Landes profitieren, so groß sind auch die Probleme, die er mit sich bringt. Zwar dürfen sich Bulgaren frei im Euro-Raum bewegen und damit auch in Deutschland leben – wenn sie ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Doch ein normaler Job – ein sogenanntes abhängiges Arbeitsverhältnis – bleibt ihnen verwehrt.

Also retten sich viele Bulgaren in die Selbstständigkeit, auch in Mannheim. Sie bieten Hausmeisterdienste an, verlegen Fliesen oder reinigen Hauswände, sehr zum Ärger der eingesessenen Handwerker. Denn die wittern Schwarzarbeit bei vielen ihrer neuen Konkurrenten aus Südosteuropa. "Unsere Aufträge gehen so zurück" sagte Ilker Polat vom Verband türkischer Unternehmer Rhein-Neckar.

Die meisten Bulgaren sind Roma. Viele von ihnen flüchten aus ärmlichsten Verhältnissen und bringen ihre Familien mit. "Es ist eine sehr organisierte Zuwanderung", sagte Mannheims Integrationsbeauftragter Preissler. Anstatt auf Behörden vorstellig zu werden, wenden sich die Neuankömmlinge an Bekannte, die bereits in Mannheim wohnen. Oder an Bekannte von Bekannten.

Mit den neuen Nachbarn aus Südosteuropa wandelte sich auch das Klima im Mannheimer Stadtteil Jungbusch. "So ein aggressives Klima wie im vergangenen Jahr habe ich seit 20 Jahren nicht erlebt", sagte Michael Scheuermann vom Quartiermanagement Jungbusch. Bewohner hätten ihm berichtet, sie würden ihre Kinder nicht mehr auf die Straße schicken – "aus Angst vor den Bulgaren". Andere seien erbost gewesen über den vielen Dreck im Viertel, für den sie die Bulgaren verantwortlich machten. Und viele Mütter wollten ihre Töchter nicht mehr zu öffentlichen Tanzveranstaltungen schicken. "Es drohte ein Rückzug ins Private." Doch dann wendete sich das Blatt. Scheuermann und seine Mitarbeiter rückten regelmäßig aus, sprachen mit Betroffenen, erinnerten die bulgarischen Zuwanderer an ihre Rechte und Pflichten und stellten so ein Stück Frieden wieder her. Doch die Probleme sind damit nicht gelöst. "Wir werden als Stadtteil alleine gelassen", erklärte Scheuermann.

Bei der Stadt Mannheim verweist man auf die nächst höheren Ebenen – die Landesregierung, die Bundesregierung und die EU. Den verstärkten Zuzug von Bulgaren bezeichnet der Integrationsbeauftragte Preissler als "Armutsmigration". Und diese auf kommunaler Ebene zu bekämpfen, "das funktioniert nicht". Stattdessen müsse die Politik nun nachjustieren – eben auf den nächst höheren Ebenen. Denn dort, das sagt auch Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) werde das Thema politisch schlicht "negiert". Die Stadt Mannheim stehe damit vor schier unlösbaren Aufgaben. Zum einen müsse sie Integrationsangebote für die Bulgaren anbieten. "Zum anderen müssen wir Bereiche wie Ausbeutung, Mietwucher und Prostitution bekämpfen."