Ruth Braun zusammen mit Urenkelchen Yannik. Foto: Rennig Foto: Schwarzwälder-Bote

Ruth Braun feiert heute in Rotfelden 90. Geburtstag / Nie ihren Humor und das Gottvertrauen verloren

Von Barbara Rennig

Ebhausen-Rotfelden. Neun Jahrzehnte eines "schaffigen" Lebens liegen hinter Ruth Braun, die heute ihren 90. Geburtstag begeht, doch trotz vieler harter Zeiten hat sie nie ihren Humor und vor allem ihr Gottvertrauen verloren.

Im kleinen Flecken Cronhütte bei Welzheim im Schwäbischen Wald wurde die Landwirtstochter Ruth Schwenger als viertes von sieben Kindern geboren und musste schon früh im Haushalt und auf dem Feld mitarbeiten. Der Schulweg zu Fuß war lang und beschwerlich, und die Jubilarin erinnert sich, dass sie im Winter noch früher von zuhause losmusste, um mit ihrem Bruder Georg die beiden Klassenzimmer mit Holz vorzuheizen. Wenn Schnee lag, holte der Vater die Kinder oft ab und räumte den Weg mit der Schaufel frei. Nachdem Ruth Schwenger mit 13 Jahren die Schule beendet hatte, arbeitete sie zunächst als Helferin auf einem benachbarten Bauernhof. Nach dem Tod der Bäuerin wurde die junge Ruth "Mädchen für alles" im Welzheimer Krankenhaus, das auch als Kriegslazarett diente, sie putzte, teilte das Essen aus, ging den Schwestern zur Hand. An diese Zeit erinnert sich die Jubilarin als arbeitsreich, aber auch schön. Gerne wäre sie selbst Krankenschwester geworden, doch das erlaubten die Eltern nicht, weil die Ausbilder Nazis waren.

Ihren späteren Mann, den aus Ebhausen-Rotfelden gebürtigen Karl Braun, lernte die junge Frau als Patienten kennen. Zunächst dachte sie wenig über die Begegnung nach, als Karl Braun mit anderen in Stalingrad verletzten Soldaten ins Welzheimer Krankenhaus eingeliefert worden war. Doch ehe er wieder an die Front musste, gab der junge Mann ihr seine Adresse, und so schrieben sich die beiden bis Kriegsende immer mal wieder, obwohl Ruth Schwengers Mutter das gar nicht gerne sah. Nach einer weiteren schweren Verwundung in den letzten Kriegstagen und einem halben Jahr Klinikaufenthalt kam Karl Braun zur Erholung nach Cronhütte, wo sich die jungen Leute 1946 das Jawort gaben.

Um die Hochzeitsgäste in den kargen Zeiten zu bewirten, schlachtete der Brautvater eine Kuh. Als Hochzeitsgeschenk, so erinnert sich die Jubilarin, gab es nur einen Topf Schmalz und ein paar Eier von einer Freundin. Nach der Hochzeit zog das Paar zu Karl Brauns Eltern nach Rotfelden, wo die junge Frau mit offenen Armen empfangen wurde. Auch in ihrer neuen Heimat galt es mit anzupacken: Während Karl Braun als Schreiner arbeitete, betrieb seine Frau mit der Schwiegermutter die Nebenwerwerbslandwirtschaft. Weil es noch keine Maschinen gab, musste die Arbeit mit Kuhgespann oder Sense erledigt werden. Urlaub war ein Fremdwort, und dennoch freute sich Ruth Braun nicht nur an den beiden Kindern, sondern besonders auch an kleinen Fluchten aus dem harten Alltag: Hier und da ein Kinobesuch mit ihrem Mann, ein Buch lesen – am liebsten Heimatromane –, Verwandte besuchen. 2006 konnte Ruth Braun mit ihrem Mann die diamantene Hochzeit feiern. Kurz darauf erblindete Ruth Braun, musste die geliebte Gartenarbeit aufgeben und verlor 2009 auch ihren Mann.

Geistliche Lektüre und die liebevolle Fürsorge ihrer Kinder geben der freundlichen Jubilarin, die nun bei der Tochter in Berlin lebt und nur ab und zu noch nach Rotfelden kommt, viel Halt. Sie freut sich sehr darauf, ihren besonderen Geburtstag in der alten Heimat mit den Familien ihrer Kinder zu begehen, zu denen sechs Enkel und sieben Urenkel gehören, und natürlich sind auch die Nachbarn der Jubilarin mit von der Partie.