Sie haben bereits gemeinsam die Arche erbaut – nun kämpft der Elternbeirat in Ebhausen um eine Gemeinschaftsschule Foto: Ließmann Foto: Schwarzwälder-Bote

In Ebhausen bekommt die Lindenrainschule beim Streben zur Gemeinschaftsschule Unterstützung von vielen Seiten

Von Kirsten Ließmann

Ebhausen. Eine lockere und dennoch konzentrierte Atmosphäre herrscht in den Klassenzimmern der Lindenrainschule Ebhausen. Ganz vorne, auf dem Boden des Klassenraumes einer 5. Klasse, hockt eine kleine Lerngruppe und ordnet, sich leise beratend, Wortkärtchen. Einige Schüler sitzen wiederum hoch konzentriert vor ihrem Pult und lösen Aufgabe um Aufgabe aus einem Buch. In der ersten Sitzreihe erklärt die Fünftklässlerin Sophie geduldig ihrem Klassenkameraden Leandro, wie er weiter vorzugehen hat bei der Lösung einer Schulaufgabe. Ganz hinten kniet sich Lehrerin Johanna Hunkenschröder vor Jeremy und lächelt ihn aufmunternd an. Er hat etwas nicht verstanden, aber das ist kein Problem an dieser Schule, da seine Lehrerin Zeit für ihn hat, um das nicht Verstandene noch einmal nachzuarbeiten. Auf die Frage an die Klasse, was das Besondere an ihrer Schule sei, kommt es wie aus der Pistole geschossen: "Die Gemeinschaft!".

In der zweiten 5. Klasse zeichnen sich ähnliche Bilder ab. Da sitzt eine Schülerin bei Lehrerin Beate Legner am Pult und genießt es, deren volle Aufmerksamkeit beim Besprechen ihrer Aufgaben zu haben. Anderswo haben sich Aylin, Damon und Nathanael zusammengetan, um gemeinsam zu lernen. Nur allzu gern sind sie bereit, zu erklären, wie ihr Wochenplan, beispielsweise im Fach Mathematik funktioniert.

Wichtig ist erst einmal, dass es drei unterschiedliche Schwierigkeitsstufen gibt, meinen Nathanael und Damon. "Ein Würfel bedeutet, dass es die leichteren Aufgaben sind. Bei zwei Würfeln wird es schon etwas kniffliger. Und drei Würfel, ja also, das ist schon richtig schwer." Dann könne man sich Ziele setzen, weiß Aylin. "Man muss aber ganz ehrlich sein, wenn es darum geht, zu beurteilen, ob man sie erreicht hat. Anschließend guckt sich das die Lehrerin an und die Eltern ebenso. Auf dem Wochenzettel können sich die Eltern und Lehrer sogar Nachrichten schreiben."

Soweit ist alles klar. Jeder hat ja sein eigenes Lerntempo, was wiederum von Fach zu Fach verschieden sein kann. Mit diesem Wochenplan ist es möglich, allen Schülern gerecht zu werden und trotzdem verlieren weder die Lehrer noch die Eltern die Kontrolle über ihre Zöglinge. Ganz nebenbei werden die Schüler zunehmend selbstständiger, was für ein Weiterkommen in Leben und Beruf sicherlich wünschenswert ist. Dabei entsteht jedoch kein Druck. Im Gegenteil. Die Schüler arbeiten miteinander oder, wenn gewünscht, alleine. Sie können ihr Tempo selbst bestimmen, erhalten Hilfe, wenn sie etwas nicht verstehen oder geben auch mal Hilfestellung bei ihren Klassenkameraden. Letzteres macht stolz und außerdem entsteht dadurch kostbare Zeit für die Lehrkräfte, die sie den Schwächeren in der Klasse angedeihen lassen. Also geht kein Kind unter; alle sind sie Gewinner aus dieser Schulsituation.

Wenn das kein erfolgsversprechendes, hoch qualitatives Lernkonzept für eine Gemeinschaftsschule ist. Sollte man meinen. Doch sieht man im Regierungspräsidium Karlsruhe vor allem eines: Die zwei 5. Klassen der Lindenrainschule Ebhausen haben die benötigte Klassenstärke von insgesamt 40 Schülern nicht erreicht. Dazu fehlten in den vergangenen beiden Jahren zwischen drei und fünf Pennäler. Auch im kommenden Schuljahr wird das eine knappe Angelegenheit. Und genau hier liegt das Problem. Denn das bereits seit zwei Jahren perfekt umgesetzte pädagogische Konzept der Grund-, Haupt- und Werkrealschule scheint nicht zu zählen, wenn es darum geht, in eine Gemeinschaftsschule umgewandelt zu werden. Deshalb erhielt die Lindenrainschule bereits ihre zweite Absage vom Regierungspräsidium. Dabei hängt die Anmeldung bei vielen Eltern genau davon ab, ob diese "Wohlfühlschule" eine Gemeinschaftsschule wird oder eine Werkrealschule bleibt.

"Der Typ Werkrealschule wird oft negativ bewertet", weiß Rektor Matthias Fröhlich zu berichten und Viola Dörschmann, Elternbeirätin an der Schule, ergänzt, sie höre oft von anderen Eltern: "Was, der besucht ›nur‹ die Werkrealschule!".

Es muss etwas geschehen, da sind sich alle – von den Lehrkräften, Rektoren und Schülern über den Elternbeirat und Förderverein bis hin zu den Gemeinden Ebhausen und Rohrdorf – einig. Selbst die Stadt Nagold wäre unterstützend bereit, rein rechnerisch ein paar Schüler an die Lindenrainschule abzutreten, was übrigens ein Vorschlag des Regierungspräsidiums war und wegen eines Formfehlers zur zweiten Absage geführt habe.

Der Elternbeirat mit seinen Vorsitzenden Carmen Feuerbacher und Uwe Sackmann und die Gemeinde Ebhausen fahren indes schwerere Geschütze auf und werben unter anderem mit Bannern für "ihre" hoch geschätzte Schule. Womöglich kann man auf diese Weise doch noch die magische Anmeldezahl 40 erreichen.