VW Golf
Markteinführung: Sommer 2014
Preis: ab 34 900 Euro, die Elektroversion ist aber deutlich besser ausgestattet als der Basis-Golf
Reichweite: bis zu 190 Kilometer
Leistung: 115 PS, von null auf 100 km/h in 10,4 Sekunden, Höchstgeschwindigkeit 140 km/h Foto: Volkswagen AG

Bis 2020 sollen auf deutschen Straßen eine Million Elektroautos fahren. Trotz neuer Modelle wie etwa des VW Golf oder der Mercedes-B-Klasse zögern die Kunden aber noch.

Stuttgart - Die Bis 2020 sollen auf deutschen Straßen eine Million Elektroautos fahren. Trotz neuer Modelle wie etwa des VW Golf oder der Mercedes-B-Klasse zögern die Kunden aber noch. Manche Experten befürchten gar, dem Elektroauto könnte ganz der Strom ausgehen.

Kulisse beeindruckend, die Fahrleistung der Autos ebenfalls: Ende März parkte VW auf dem ehemaligen Flughafen Tempelhof in Berlin eine Flotte aus elektrisch betriebenen Fahrzeugen. Zwei Wochen lang durften Journalisten aus aller Welt sowie interessierte Besucher auf dem Flugfeld ihre Runden drehen. Der Werbefeldzug für die alternativen Antriebe stand unter dem Titel „Electrified“ – potenzielle Kunden sollten sich also elektrisieren lassen von den neuen Modellen. Mit dem Golf schickt VW von Sommer an zu Preisen ab rund 35 000 Euro sein stärkstes Zugpferd mit Batterie ins Rennen.

So wie VW erweitern derzeit auch andere Hersteller ihr Angebot an Fahrzeugen mit elektrischem Antrieb oder Hybridmodellen. Während bisher vor allem Kleinwagen wie der E-Smart oder der i3 von BMW den Markt dominierten, kommen in diesem Jahr verstärkt familientaugliche Kompaktmodelle auf den Markt. Mercedes etwa schickt von Herbst an sein beliebtes Modell B-Klasse mit Batterie auf die Straße. Der Antrieb wird ähnlich wie beim Golf so eingebaut, dass kaum Abstriche beim gewohnten Raumangebot gemacht werden müssen.

Euphorie hat Ernüchterung Platz gemacht

Doch die anfängliche Euphorie über die alternativen Antriebe hat längst einer gewissen Ernüchterung Platz gemacht. In den Verkaufsstatistiken führen sie noch immer ein Schattendasein. Gerade mal 6379 Elektroautos wurden nach Angaben des Centers for Automotive Research (CAR) der Uni Duisburg-Essen im Jahr 2013 verkauft. In Norwegen waren es 8225 – bei fünf Millionen Einwohnern.

CAR-Leiter Ferdinand Dudenhöffer rechnet damit, dass der Absatz auch in diesem Jahr nur zögerlich steigt. Trotz des gefeierten BMW i3 seien im Januar und Februar nur 1100 E-Autos verkauft worden. Dudenhöffer geht davon aus, dass selbst bei einem stärkeren Anstieg am Ende des Jahres 2014 nicht mehr als 11 000 E-Autos zugelassen werden. Für 2015 prognostiziert er sogar einen Rückgang auf 8000 Autos.

„Ohne kräftigen Anschub muss man erwarten, dass dem Elektroauto der Strom ausgeht“, sagt Dudenhöffer. Auch VW hält sich mit Prognosen für den Verkauf der E-Modelle auffallend zurück. Anders als etwa der i3 von BMW, für den ein neues Werk gebaut wurde, läuft der Golf aber vom normalen Band. Das Unternehmen gibt sich daher entspannt: „Der Kunde kann den Antrieb wählen, wir können ihn flexibel einbauen“, so ein Sprecher. Mercedes will von seiner B-Klasse 10 000 Stück absetzen, macht aber keinerlei Angaben zum Zeitraum.

Für die verhaltene Entwicklung bei den Stromautos macht Autoexperte Dudenhöffer mehrere Gründe aus. So fehle es etwa in Deutschland an öffentlichen Ladesäulen und damit an einer geeigneten Infrastruktur. Einige Autobauer mit vorwiegend kleinen Modellen wie etwa Opel oder Peugeot erreichten die Vorgaben beim CO2-Ausstoß auch ohne E-Modelle in ihrer Flotte. So bläst der neue Peugeot 308 in seiner sparsamsten Version 95 Gramm CO2 je Kilometer in die Luft und erreicht damit bereits die EU-Grenzwerte für das Jahr 2020. Zudem liege der Benzinpreis so niedrig wie zuletzt im Jahr 2008 – kaum Anreiz zum Umstieg. Zuschüsse zum Kauf seien außerdem nicht zu erwarten.

"Förderung des Bundes verpufft"

Nicht zuletzt kritisiert Dudenhöffer die Förderprogramme des Bundes. 180 Millionen Euro fließen in die Schaufenster für E-Mobilität Bayern-Sachsen, Berlin-Brandenburg sowie Niedersachsen und Baden-Württemberg. Passiert sei jedoch nicht viel. „Es scheint, als seien die Schaufenster zur Messe- und Konferenzveranstaltung degeneriert“, ätzt Dudenhöffer.

Bei der Landesagentur für Elektromobilität in Stuttgart sieht man das naturgemäß anders. So verfüge die Region Stuttgart dank der Förderung mit 270 Ladestationen und 510 Ladepunkten über das deutschlandweit größte, dichteste und am besten ausgelastete Netz. Nur dadurch sei es möglich gewesen, das Mietauto-Projekt Car2go mit 500 Elektro-Smarts nach Stuttgart zu holen. Daimler als Betreiber erhalte dabei keinerlei Förderung. „Das Beispiel zeigt, wenn die Rahmenbedingungen stimmen, steigt die Industrie auch ein“, sagt Geschäftsführer Franz Loogen.

Die Einführung neuer, auch familientauglicher Modelle sieht er positiv. „Generell tut es gut, dass es eine höhere Varianz an Fahrzeugen gibt.“ Damit die Fahrzeuge wirklich konkurrenzfähig werden, müsste der Preis jedoch sinken. „Die Leistung der Fahrzeuge ist gut, aber die hohen Kosten für die Endkunden sind noch ein Problem“, so Loogen.

Dennoch rechnet er damit, dass sich das Interesse der Kunden an batteriebetriebenen Autos in den kommenden Jahren deutlich steigert. Bei der Messe i-Mobility in Stuttgart am vergangenen Wochenende etwa ist der Testparcours auf großes Interesse gestoßen, viele Besucher standen Schlange. „Wir gehen von einer exponentiellen Kurve aus, noch sind wir auf niedrigem Niveau und erwarten einen starken Anstieg“, sagt Loogen.

Das von der deutschen Regierung ausgegebene Ziel von einer Million elektrisch betriebenen Fahrzeugen bis zum Jahr 2020 hält Loogen daher für realistisch. Dabei werde der Anteil an Plug-in-Hybriden sicher größer sein als der reiner Batterieflitzer. Allerdings könne es nicht alleiniges Ziel sein, viele E-Autos auf den Markt zu bringen. Auch der Kontext, etwa die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln oder Fahrrad, sei wichtig. Loogen: „Elektromobilität ist kein Selbstzweck, es geht um sinnvolle und nachhaltige Mobilitätslösungen.“