Beim Signieren ihres Buches ergaben sich für die Autoren Tino Berlin und Matthias Kehle (rechts) anregende Gespräche mit dem Publikum. Foto: Keck Foto: Schwarzwälder-Bote

Bei den Buchwochen erzählen zwei badische Patrioten von ihrer Tour durch Schwaben

Von Gerhard Keck

Dornstetten. Es ist nicht so, dass die beiden badischen Patrioten Tino Berlin und Matthias Kehle auf ihrer Schnorrertour durch schwäbische Gefilde den Hungertod vor Augen gehabt hätten. Auch nicht, dass sie des Nachts den wilden Tieren in den schwarzen Wäldern ausgesetzt gewesen wären. Im Gegenteil: Summa summarum waren sie großteils nahezu auf Rosen gebettet und genossen zeitweise eine auskömmliche Rundumversorgung.

Allen Grund hatten Berlin und Kehle, das Zerrbild vom knickrigen Schwaben zu korrigieren. Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel. In der Zehntscheuer erzählten sie bei den Dornstetter Buchwochen von ihrem Selbstversuch im Frühjahr 2014, lasen aus ihrer Dokumentation (wir stellten das Werk bereits vor) "Ohne Geld durch Schwaben" und hatten dabei auch so manche bezeichnende Anekdote auf Lager. Das Publikum hatte seinen Spaß an den Erlebnissen der zwei "Gelbfüßler", welche die Württemberger auf ihre Mitmenschlichkeit hin hatten testen wollen.

"Die Schwaben lassen euch verhungern": Diese Drohung von besorgten Angehörigen schwebte wie das berüchtigte Damoklesschwert über ihren Häuptern. Andere erwiesen sich da schon zuversichtlicher, beispielsweise die Gattin des einen: "Du wirst auf der Tour zunehmen!" Tatsächlich zeigte am Schluss die Waage drei Kilo mehr an, ein Beweis dafür, dass die schwäbische Kost den Mann recht üppig zu ernähren weiß.

Recht recht früh gab es bereits einen Dämpfer. Als Ergebnis eines "Bier-Contests" in Wangen im Allgäu verkündete ein Moderator: "Schwäbinnen schlagen Badener beim Biertest." Na also.

Ihr Laufwerkzeug mussten Tino Berlin und Matthias Kehle auf ihrem Trip jedenfalls nicht überbeanspruchen. Mitfühlende Zeitgenossen, darunter recht skurrile, verschafften ihnen ein ums andere Mal alternative Möglichkeiten zur Fortbewegung. Auch Zuschüsse, beispielsweise für die Bahnfahrt, wurden zugesteckt. Wer darf schon vier Tage lang kostenlos mit einem gesponserten Mercedes S 400 Hybrid durch die Lande gleiten! Beispielsweise die beiden Badener. Wer kommt in den Genuss, in den Pfühlen eines Bettes im Schaufenster eines Fachgeschäfts sanft entschlummern zu können? Berlin und Kehle im Bettenhaus Schwarz in Pfalzgrafenweiler. Dessen Inhaberin ging sogar so weit, dass sie sich die Hacken ablief auf der Suche nach stilgerechten gelben Socken für die beiden Gäste. Die Liste der Wohltaten ließe sich beliebig fortsetzen. Den beiden Schwabentestern war quer durchs Land bereits eine der Woge der Popularität, von den Medien genüsslich verbreitet, vorausgeeilt. Dies mag die weitverbreitete Akzeptanz unterstützt haben. Aber es gab auch Zeitgenossen, die vielleicht befürchteten, die Tippelbrüder mit ihrer weithin sichtbaren Badener Fahne führten eine Form von Revanchismus im Schilde. Dementsprechend misstrauisch beäugten sie die badisch-schwäbischen Grenzgänger.

Versuche, von prominenten Württembergern ein Bekenntnis zu Baden zu erhaschen, schlugen fehl: Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer hatte offenbar keine Lust, die badische Flagge im Amtszimmer zu hissen. Auch bei Barbara Bosch, Oberbürgermeisterin in Reutlingen, konnten sie damit nicht landen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann fand beim besten Willen keine Zeit, mit Berlin und Kehle unter dem badischen Banner das Badnerlied anzustimmen. Bleibt das Resümee: Das Reisebuch belege, "wie liebenswert der Nachbar auf der anderen Landesseite ist", lassen die beiden Autoren wissen.