Sechs Jungfalken schmiegen sich im ehemaligen Taubenschlag aneinander. Foto: Kretschmann

Sechs Junge sind unter dem Dach der "Verwaltung" geschlüpft. Nistplatz seit 25 Jahren.

Dornhan - Es ist ein gutes Falkenjahr. Sechs Junge kuscheln sich im ehemaligen Taubenschlag unter dem Dach der "Verwaltung" eng aneinander. Nicht immer legen die Falken so viele Eier.

"Es muss viele Mäuse geben", vermutet Gretel Gühring. Am Fernsehschirm kann sie die jungen Turmfalken und ihre Eltern beobachten. Die Bilder werden von einer Kamera, die im Taubenschlag angebracht ist, übertragen.

Das Haus ist die ehemalige Vogtei in Dornhan und eines der ältesten Gebäude der Stadt Dornhan. Auf einer an der Hauswand angebrachten Tafel ist folgende Inschrift zu lesen: "Mit Gottes gütiger Hilfe ist unter der glücklichen Regierung des erlauchten Fürsten Herrn Johann Friedrichs des Herzogs von Württemberg und auf seinen Befehl dieses Haus erbaut worden, unter der Aufsicht des Vogtes Georg Sebastian Sattler im Jahre des Herrn 1619 im Monat Juli." Die Falken haben sich ein geschichtsträchtiges Haus ausgesucht. Es liegt allerdings auch günstig am Stadtrand: Von dort hat man einen schönen Blick ins Zitzmannsbrunnenbachtal – das Jagdrevier der Greifvögel.

Das Falkenglück im Taubenschlag hätte beinahe ein jähes Ende gefunden. Einer der Turmfalken war, wohl auf Mäusejagd, im Zitzmannsbrunnenbachtal ins Dammbauwerk gelangt und hatte den Ausgang nicht mehr gefunden. Er flatterte verzweifelt in seinem Gefängnis hin und her. Beim Besuch des Umweltministers Franz Untersteller, der Ende April die Abwasseranlage besichtigte, konnte der Falke aus seiner misslichen Lage befreit werden. Seither schaut Stadtfotograf Klaus Kretschmann immer wieder nach, ob sich möglicherweise wieder ein Vogel dort hinein verirrt hat. Das war bisher glücklicherweise nicht mehr der Fall.

An der "Verwaltung" ist das Geschrei im Frühjahr oft groß. Gretel Gühring stört das nicht, im Gegenteil. Sie hat ihre helle Freude an den Vögeln, die zwischen 30 und 40 Zentimeter groß und eine Flügelspannweite von bis zu 80 Zentimetern haben können. Im Frühling fliegen immer mehrere Turmfalken ums Haus herum. "Sie kämpfen um den Platz", weiß Klaus Kretschmann. Zwei von ihnen machen dann das Rennen. Nachdem vor etwa 25 Jahren der Hausbeisitzer die Taubenhaltung aufgegeben hatte, zogen die Turmfalken ein. Im Mai sind nun wieder die Jungen geschlüpft.

Klaus Kretschmann kennt noch einen weiteren Nistplatz: In der Scheune eines Gundelshauser Landwirts hat sich ebenfalls Falkennachwuchs eingestellt. Wie viele es sind, konnte Kretschmann noch nicht feststellen. "Im letzten Jahr waren es drei", sagt er.

Mit dem Zoom seiner Kamera hat er einige sehr schöne und seltene Aufnahmen gemacht. Dabei hat er gesehen, wie ein Falke mit einer Maus in die Scheune einflog und mit der Beute wieder herauskam. Wie das? "Wenn die Jungvögel genug haben, fressen die Alten die Mäuse selber", erklärt Kretschmann, der inzwischen ein ausgezeichneter Vogelkenner ist. Auch die Scheune ist umkämpft. Kretschmann hat beobachtet, wie ein fremder Falke vom aufgeplusterten Hausherrn vertrieben wurde.

Er fotografiert alles, was kreucht und fleucht, die Kamera ist immer griffbereit. An einer Pfütze auf dem landwirtschaftlichen Anwesen in Gundelshausen versammeln sich verschiedene Vögel – Bachstelzen, auch Rauch- und Mehlschwalben, die mit Strohhalm im Schnabel angeflattert kommen und diesen in der Pfütze befeuchten. Kretschmanns Fotos und Videos, alle archiviert im Computer, zeigen, wie vielfältig die heimische Vogelwelt ist.

Auf dem Hof von Helmut Rosenfelder in Holzhausen hat er kürzlich beispielsweise einen Baumläufer entdeckt und fotografiert, was nicht ganz einfach war. Denn der Vogel hat sich schnell bewegt. "Er hat riesige Krallen, mit denen er an der Wand hochläuft", erzählt Kretschmann. In diesem Frühjahr stellten sich auf dem Rosenfelder-Hof auch Störche ein, die allerdings nur Zwischenstation machten. Auf einem Acker in Holzhausen hat Kretschmann noch einen wesentlich selteneren Vogel mit seiner Kamera aufgenommen: einen Schwarzmilan – für den Fotografen ein "echtes Highlight".

Im Taubenschlag der "Verwaltung" in Dornhan sind die erwachsenen Falken an dem sonnigen Vormittag wohl etwas länger auf Beutefang. Die Jungen warten geduldig auf die Fütterung. Gretel Gühring hat am Fernsehschirm schon regelrechte Dramen miterlebt. Wenn einer der Jungfalken nicht kräftig genug oder sogar krank ist, wird er nicht mehr gefüttert – und wenn er noch so laut schreit. "Das ist eben Natur", sagt sie.