Der Benediktiner Notker Wolf legt in der Marienkirche seine Überzeugung dar: Mit Gottvertrauen, Menschenachtung, Bekennermut und Gelassenheit braucht man sich vor nichts zu fürchten. Fotos: Faigle Foto: Schwarzwälder Bote

Vortrag: Benediktiner Notker Wolf spricht in der Marienkirche / Mit Mut und Gottvertrauen

Er zählt in Deutschland zu den sehr bekannten Persönlichkeiten der katholischen Kirche: Benediktiner Notker Wolf, ehemals Abtprimas der Benediktinischen Konföderation und Autor von rund 30 Büchern.

Donaueschingen. Sie widmen sich hauptsächlich religiösen und ethischen Fragen, Aspekten der praktischen Lebensklugheit sowie gesellschaftlichen Problemen. Jetzt hat er auf Einladung der Kolpingfamilie in der Marienkirche zum Thema "Schluss mit der Angst – Deutschland schafft sich nicht ab!" gesprochen.

Notker Wolf befasst sich in seinem 2017 unter demselben Titel erschienenen Buch mit vier Themenbereichen: dem politischen Populismus, den gesellschaftlichen Ängsten, dem Bekennermut und dem christlichen Gottvertrauen. Um diese Eckpunkte kreiste dann auch sein Vortrag.

Es geht Notker Wolf eindeutig gegen den Strich, wenn in der politischen Diskussion die Demagogie Einzug hält und die Achtung der Menschenwürde auf der Strecke bleibt. Als ganz aktuelles Beispiel benennt er Alice Weidel, die kurz zuvor im Bundestag von zugewanderten Männern als "Taugenichtsen" gesprochen hatte – für Wolf ist das "ungeheuer" und "menschenverachtend". Erst einmal müssten Einheimische und Fremde miteinander reden, damit daraus Toleranz erwachsen könne. Den bewussten "Verzicht auf Beleidigung", der in eigener Verantwortung getroffen wird, kann er sich gar als religiöse Übung denken. Und zudem mahnt er in gesellschaftlich schwierigeren Zeiten zwei Dinge an: Selbstgewissheit und Geduld.

"Angst ist eine Reaktion auf eine Verunsicherung." Notker Wolf spricht das für die Menschen so bedrohliche Grundgefühl in vielen seiner Ausdrucksformen an. So hat er zum Beispiel die Berufsangst bei zeitlich befristeten Jobs im Blick, die Ängste um die Sicherheit der Renten im Alter, diejenigen vor dem Klimawandel oder vor der permanenten Hochrüstung, vor allem aber die soziale Angst vor Überfremdung oder vor einer Islamisierung. Im Prinzip sind dies für Wolf keine grundsätzlich neuen Phänomene und er zählt eine ganze Reihe historischer Situationen auf, in denen politische, gesellschaftliche oder kulturelle Welten heftig aufeinandergestoßen sind. Sein Rat: Nicht kopfscheu werden, sondern die Lage genau betrachten, sie analysieren und sich dann behutsam zu einer Lösung der Probleme vortasten.

"Als Christen haben wir uns aus der Öffentlichkeit eliminiert"

Das muss für Wolf allerdings eine Grundlage haben, und er konstatiert: "Wir brauchen eine innere Erneuerung des Christentums; wir haben uns als Christen aus der Öffentlichkeit eliminiert." Seine Forderung lautet, dass wir in Deutschland den Muslimen zeigen müssen, dass wir an Gott glauben, und zwar den Gott der Barmherzigkeit und des Friedens. Und er verweist auf die für Christen verbindlichen biblischen Werke der Barmherzigkeit, zu denen gehört, dass man Fremde aufnimmt und sie mit Kleidung und Nahrung versorgt. Und ethisch nicht zu vergessen: "Was den anderen heilig ist, muss ich respektieren."

Als katholischer Gottesmann erinnert Wolf zum Schluss an Jesus, der beim Sturm auf dem See Genezareth seine Jünger fragte: "Warum habt ihr solche Angst, ihr Kleingläubigen?" Der Benediktiner sagt, dass die Menschen von heute eine klare Ausrichtung, Selbstgewissheit und den Dialog brauchen, um zu lernen, wie sie miteinander lenen können. Und in fester religiöser Überzeugung versichert er seinen Zuhörern zum Abschluss seines Vortrags: "Gott geht mit uns unseren Weg."

Notker Wolf (77) hat eine beeindruckende Biografie. Seit 1961 Benediktiner, wurde er 1968 zum Priester geweiht. Ab 1971 lehrte er zunächst als Professor für Naturphilosophie und Wissenschaftstheorie in Rom, 1977 wurde er zum Erzabt des Klosters St. Ottilien in der Nähe des Ammersees berufen.

Von 2000 bis 2016 wirkte er als gewählter Abtprimas der Benediktiner und damit als weltweit oberster Vertreter von 24 000 Mönchen, Brüdern, Nonnen und Schwestern in etwa 1000 Klöstern des ältesten Ordens der Christenheit.