Nur noch wenige Flüchtlinge sind in Donaueschingen untergebracht. Foto: Archiv

Vor einem Jahr kamen Flüchtlinge nach Donaueschingen. Zwölf Monate mit unterschiedlichen Schlagzeilen.

Donaueschingen -  Die ersten Flüchtlinge kamen genau vor einem Jahr, am 3. August 2015, in Donaueschingen an.

Die Spannung liegt in der Luft. Die Tore der Kaserne an der Friedhofstraße sind weit geöffnet. Und dann fahren die roten Reisebusse durch das Tor. Aus den Fenstern schauen Männer, Frauen und ein paar wenige Kinder. Die ersten Flüchtlinge kommen in Donaueschingen an. Das war das Szenario, das sich in der Stadt heute vor genau einem Jahr abspielte. Seither vergingen zwölf Monate, in denen in der Stadt die unterschiedlichsten Ereignisse geschahen.

Kleinere Straftaten, große Polizeieinsätze, aber auch Demonstrationen für ein "buntes Donaueschingen" und Märsche von dankbaren Flüchtlingen durch die Innenstadt. Waren es anfänglich 500 Flüchtlinge, stieg die Zahl binnen kürzester Zeit auf über 2000 und liegt heute noch bei gerade einmal etwas mehr als 200 Bewohnern der Bedarfsorientierten Erstaufnahmestelle (BEA) auf dem Kasernenareal.

Das städtische Bild hatte sich innerhalb weniger Wochen verändert. Rings um das abgesperrte Kasernengelände standen unzählige Sicherheitskräfte in leuchtenden Westen. Auf den äußeren Fensterbänken des Kasernengebäudes standen weiße Plastiktüten und Wasserflaschen in allen Stockwerken und im Innenhof saßen kleinere Gruppen auf Bänken und Kinder spielten. Immer wieder erfolgten ganze Märsche von bis zu 100 Personen in Richtung Innenstadt. Arztpraxen waren überfüllt, Lebensmittel-Discounter stellten Sicherheitspersonal ein und in der Bevölkerung entwickelten sich zwei Lager: Die einen, die von Beginn an in der BEA und außerhalb helfen wollten. Auf der anderen Seite diejenigen, die sich zunehmend Sorgen um ihre Stadt, ihre eigene Sicherheit, oder auch die Sicherheit von Frauen und Kindern machten.

Doch was prägte in dieser Zeit das städtische Bild und die Stimmung unter der Bevölkerung? Es waren zum einen die harten Nachrichten, wie die eines Großeinsatzes der Polizei am 24. September. An diesem Tag haben mehr als 100 Einsatzkräfte die Kaserne und die Zimmer durchsucht, weil auf dem Areal Eisenstangen und Holzlatten gefunden wurden, die nach Angaben der Polizei "als Waffen präpariert wurden". Auch vergleichsweise kleinere Deliktmeldungen, wie Diebstähle, Streitereien und Prügeleien meist innerhalb der Kasernenzäune, prägten das Meinungsbild besorgter Bürger. Doch es waren auch zahlreiche Gerüchte und Falschmeldungen, die insbesondere in den sozialen Netzwerken verbreitet wurden. Selbst die Polizei musste gegen diese Gerüchte in die Offensive gehen, weil die Stimmung aufgrund einer nach Angaben der Polizei erfundenen Vergewaltigungsmeldung in der Stadt zu kippen drohte.

Das war die eine Seite der Entwicklung in Donaueschingen. Es gab aber auch diejenigen, die sich scheinbar von keiner dieser Nachrichten haben beeinflussen lassen. Diese Personen engagierten sich in der Kleiderkammer, der Cafeteria und versuchten bei Arztbesuchen und Amtsgängen zu unterstützen. Es waren aber auch diejenigen, die zwar nicht helfen konnten oder wollten, aber am 8. November in absoluter Überzeugung auf den Max-Rieple-Platz gingen und für eine "tolerante Stadt" demonstrierten und in einer Menschenkette eine Mahnwache gegen Fremdenfeindlichkeit bildeten.

Die Situation war für Donaueschingen nicht einfach und die Stadt drohte zeitweise tatsächlich in zwei Lager zu fallen. Die Gründe dafür waren, zwölf Monate später betrachtet, allerdings kaum ideologischer Natur. Die Situation war über Monate hinweg geprägt von einer Verwaltung, die immer wieder versuchte zu kommunizieren, dass sie auf Belegungszahlen der BEA keinen Einfluss habe und nur unzureichend informiert werde. Dem gegenüber stand ein Regierungspräsidium Freiburg, das mit der Flüchtlingsflut, die auf Baden-Württemberg und den Schwarzwald-Baar-Kreis hereingebrochen war, ebenso überfordert war und zeitweise binnen weniger Tage, ja manchmal gar Stunden, zum Handeln gezwungen wurde. Und zusätzlich verunsicherten berichtete, oder teilweise auch zurückgehaltene Nachrichten, aber vor allem auch Gerüchte die Bevölkerung.

Und was ist heute? Rund 90 Prozent der Flüchtlinge, die zwischen August und September nach Donaueschingen kamen, sind bereits wieder weg. Nach Angaben des Regierungspräsidiums sind es noch 227 Flüchtlinge, die die Kaserne bewohnen. Diese sind nach Angaben von RP-Sprecher Markus Adler durchschnittlich sechs Monate in der BEA untergebracht. "Die Lage ist für uns deutlich entspannter, als noch vor einem Jahr", sagt Adler. Er weist aber darauf hin, dass nach wie vor eine Ungewissheit herrsche. "Wir wissen alle nicht, ob ein weiterer Flüchtlingsstrom kommt. Deshalb versuchen wir keine unnötigen Ressourcen zu binden, gleichzeitig aber auch zu garantieren, dass wir handlungsfähig sind, wenn wir es brauchen." Soll heißen: "Kurzfristige Änderungen auf die Standorte der Erstaufnahme des Regierungspräsidiums Freiburg sind nach der ersten Sitzung der Lenkungsgruppe nicht zu erwarten."

Dass die BEA nicht so schnell geschlossen wird, bestätigt auch die Tatsache, dass ab 1. September ein neuer Betreiber die Einrichtung übernimmt. Wie Markus Adler bestätigte, wird die Firma European Homecare übernehmen und die bisherige Betreiberfirma Caring Hands ablösen.