Je länger der Abend dauerte, umso mehr füllte sich die "Krone" in Gößlingen. Fotos: Schmidt Foto: Schwarzwälder-Bote

Bürgermeisterwahl: Ein Abend mit Ferdinand von Bissingen / Kandidat will Jugendgemeinderat für Gößlingen

Von Anja Schmidt

Ferdinand von Bissingens vorletzter Termin führte ihn nach Gößlingen. Mit seinem Versprechen, einen Jugendgemeinderat ins Leben zu rufen, traf er den Nerv der Gößlinger.

Dietingen-Gößlingen. Nur mit etwa zwei Handvoll Bürgern begann Ferdinand von Bissingen seine Runde in Gößlingen. Indes, noch bevor er mit seinem humorvoll erzählten Lebenslauf zum Ende kam, war die "Krone" ordentlich gefüllt.

Am 3. Juli entscheiden die Bürger, wer Dietingen und seine Teilorte zukünftig repräsentieren und sie vertreten wird. Von Bissingen ist einer von vier Kandidaten, und noch dazu ein Graf. Seine Erscheinung ist gepflegt, seine Sprache distinguiert. Und dennoch ist von Bissingen glaubhaft einer von ihnen. In seiner Persönlichkeit "kommunikativ, kritikfähig und verlässlich", aber ebenso lässig im Umgang und Miteinander.

Kandidat will "etwas zurückgeben"

Ferdinand von Bissingen und Nippenburg lebt seit 2012 in Dietingen. "Schnell sei er in die Gemeinschaft reingerutscht", erzählt er, "wollte dafür aber etwas zurückgeben" und engagierte sich seit 2014 im Gemeinderat. Im Gremium war von Bissingen der, der sich traute. Der versuchte alte Strukturen aufzubrechen, der um mehr Informationen kämpfte, sich um Offenheit und Klarheit bemühte, und darum, eine Gesprächskultur innerhalb des Gemeinderats zu entwickeln.

Auch in Gößlingen wurde schnell klar, dass von Bissingen nicht nur referieren möchte, sondern das Gespräch auf Augenhöhe mit den Bürgern suchte. "Ich möchte Veränderungen mitgehen und nicht nur verwalten." Je länger der Abend dauerte, umso mehr saß von Bissingen mittendrin. Gab zwar Anstöße und Impulse, sprach vom Wald, dessen Wirtschaftlichkeit effizienter genutzt werden könnte, von Sicherheit etwa beim Hochwasser, von der Tourismusförderung, von der Gestaltung der Dietinger-Ortsmitte, die nicht das dringlichste Thema sei, von Anerkennungsmodelle für Ehrenamtliche – und die Gößlinger diskutierten engagiert mit.

Insbesondere sein Vorschlag, einen Jugendgemeinderat in Gößlingen zu etablieren, erregte die Aufmerksamkeit. Er sei bereit 365 Tage im Jahr für die Bürger zu arbeiten. Freue sich auf diese Herausforderung, halte es aber für eine Notwendigkeit, dass jeder Ortsteil seine Belange über ein Gremium einfordern kann. Bekanntlich wurde der Gößlinger Ortschaftsrat von innen heraus aufgelöst. Das Vertrauen in das Gremium, so die Einschätzung eines ehemaligen Ortschaftsrats, sei derzeit nicht gegeben. Indes könne ein Jugendgemeinderat nicht nur das in Gößlingen fehlende Instrument ersetzen, sondern auch für frischen Wind und Impulse sorgen. Hellauf begeistert reagierte darauf Florian Ruof. Der 16-Jährige zeigte sich spontan zur Kandidatur bereit.

Umfassend diskutiert wurde auch das Thema Wohngebiete. Im Gößlinger Neubaugebiet bewege sich seit Jahren nichts mehr, sagte Ruof. Daher, so von Bissingen, sei es notwendig, nicht das nächste in Dietingen-Ort zu erschließen, sondern verstärkt für den Teilort zu werben. Erforderlich sei dann, da war von Bissingen wieder auf der Seite der Bürger, auch die schnelle Internetverbindung.

Wie sehr ein Gremium in Gößlingen fehlt, wurde aber insbesondere bei den verschiedenen Berichten zur Verkehrssituation auffällig. Sorgenvoll blickten die Bürger vor allem auf die Ortsdurchfahrt. Die meisten rasen mit etwa 100 Sachen in den Ort herein, berichtete ein Mann. Geschwindigkeitskontrollen würden aber nur in Dietingen-Ort und Böhringen durchgeführt, "obwohl dort regelmäßig nur fünf Prozent beanstandet werden". Und die Wirtin bestätigte: Die Straße sei unübersichtlich, und es werde viel zu schnell gefahren. Es könne nur von Glück gesprochen werden, dass bislang nichts passiert ist.