Zahlreiche Bürger, auch Vertreter des Tierschutzheims und der ehemalige Gehegepfleger Heinrich Hirt, folgten der Einladung, das Wildschweingehege zu besuchen. Fotos: Schmidt Foto: Schwarzwälder-Bote

Kommunales: Bürger und Räte machen sich ein Bild vor Ort / Stefan Seimel berichtet über seine Arbeit

Den Vor-Ort-Termin des Ortschaftsrats Dietingen nutzten viele Bürger. Zwei Stunden lang führte sie Stefan Seimel durch das Wildschweingehege.

Dietingen. Stefan Seimel hatte sich gründlich auf den Termin vorbereitet. Lange genug hätte er auf diese Aussprache gewartet. Keiner habe sich bislang für seine Arbeit interessiert. Keiner ihn je gefragt, wie er arbeite, was er leiste, blickte er mit Bedauern in die große Runde. Das habe ihm arg zugesetzt, sagte er.

Bis auf Gerhard Schneider waren alle Räte gekommen. Klemens Schmid etwa, der sich seit Jahren für den Erlebnispfad um das Gehege einsetzt. Den Bericht von Seimel nannte er "äußerst interessant. Davon habe ich nichts gewusst".

Bekannt war ihm indes die Auseinandersetzung im Gremium, die Ortsvorsteherin Bettina Baur und Bürgermeister Frank Scholz vor der Begehung noch einmal zusammenfassten. In der Vergangenheit sei der Zustand des Geheges von Privatpersonen immer wieder angezweifelt worden, berichtete Baur. Den Faden habe auch ein Ortschaftsrat aufgegriffen, der die Haltung der Wildschweine als nicht mehr artgerecht bezeichnet habe. Nach dem positiven Bericht des Tierschutzvereins sei sie als Ortsvorsteherin auf weitere "Missstände" hingewiesen worden (wir haben berichtet).

Für sie sei es ein Anliegen, den Schwarzkitteln ein artgerechtes Gehege und beste Betreuung zu bieten. Sie sollen sich "sauwohl fühlen und artgerecht vermehren können".

Dass dies bereits der Fall sei, hielt Bürgermeister Frank Scholz seit dem Aufkommen der Vorwürfe entgegen. Inzwischen bestärkt durch das jüngste Gutachterergebnis des Veterinäramts und des Tierschutzvereins. Fütterung und Suhlmöglichkeiten wären nicht beanstandet und das Wildschweingehege insgesamt als positiv beurteilt worden.

Im Schlaraffenland

Als "sehr gut" bewertet wurden die seit Kurzem mit Zaunelementen angelegten Regenerationsflächen. Zwar wären die Unterstände in die Jahre gekommen, würden aber ihren Zweck erfüllen. Neue Unterstände sollen nun gebaut werden. Darüber hinaus sei vom Tierarzt des Veterinäramtes angeregt worden, den Wildschweinbestand insgesamt zu reduzieren, um den verbleibenden Tieren "noch bessere Bedingungen" bieten zu können.

Stefan Seimel stellte bei seiner Führung durch das Gehege nicht in Abrede, dass noch einiges im Gehege verbessert werden könnte. Allerdings wäre es die Aufgaben der Gremien, die dafür nötigen Gelder bereitzustellen. Er selbst leiste sein Bestes für die Tiere, was er bei der Führung eindrücklich vor Augen führte. Besonders der ihm zu Lasten gelegten mangelhaften Fütterung hielt er ein Schlaraffenland entgegen.

Vor den Füßen der Tiere landeten neben gesundem Getreidefutter junge Kartoffeln, Brot und Brötchen, schmackhaftes Grünfutter und sogar Brezeln. Mittendrin Seimel, der sich zum Keiler auf dem Boden legte. Keines der Tiere zeigte Aggressionen gegen ihn, und dennoch stockte der Atem, als die Tiere um das Futter zankten und Seimels kleiner Enkel sich dazwischen bewegte.

Seimels Umgang mit den Wildschweinen ist unkonventionell. Er habe sich intensiv mit ihnen und ihren Bedürfnissen auseinandergesetzt, sagte er. Nach seiner Erkenntnis ließen sich die Tiere nicht in ein Schema drücken, sie hätten ihren eigenen Kopf. Und darauf richte er sich mit seiner Pflege ein.

Dem Beweis seiner Bemühungen begegneten die Räten etwa 50 Meter entfernt von der Futterstelle. 14 Tage alte Frischlinge folgten fröhlich ihrer Mutter durch den Wald. Begleitet von einer weiteren Bache. Sie helfen sich gegenseitig, sagte Seimel.

Insgesamt sieben Frischlinge hätten im Gehege das Licht der Welt erblickt. Einige Bachen wären noch trächtig, sie würden später werfen. Das sei in der Natur nicht anders, widersprach Seimel einzelnen Vorwürfen. Und es sei Charly, dem einzigen Keiler im Gehege, auch nachzusehen, dass nicht alle Bachen auf einmal trächtig werden könnten.

Gespräche vermisst

Ein paar Meter weiter liegt ein großer Haufen Strohballen. Eigentlich einer anderen Funktion zugedacht, würden ihn die Bachen als Kessel (Nest) nutzen. "Wieder was gelernt", sagte Seimel dazu. Die vorgesehenen Unterstände wären den Bachen zu zugig, akzeptierte er ihre Wahl.

Noch etwas weiter oben zeigte er ein Beispiel einer natürlichen Suhlfläche. Einverstanden zeigte sich der Wildgehegepfleger, dass der Bestand reduziert werden müsse. Jedoch habe auch diesbezüglich nie jemand das Gespräch zu ihm gesucht. Die Vereinbarung mit dem Musikverein als Abnehmer des Fleisches habe einmal nicht geklappt, da müsse nachjustiert werden. Den Baumbestand aufzufrischen, habe er schon des Öfteren versucht, aber erst jüngst erfolgsversprechend, auch hier müssten neue Wege gegangen werden, sendete er einen Auftrag an das Gremium.

Zwischen 8000 und 15 000 Euro investiere die Gemeinde jedes Jahr in die Schwarzwildgehege, informierte der Bürgermeister. Neben den Personalkosten umfasse diese Summe auch den Sachaufwand.

In der späteren Sitzung des Ortschaftsrats im Rathaus wurde zur Vorort-Besichtigung aber keine Stellung bezogen. Mithin auch nicht über eine weitere Finanzspritze gesprochen.