In St. Silvester wird die Restauration des Kirchturms mit seinem Kreuz und der Turmkugel bei einer Einweihungsfeier von Pfarrer Albrecht Zepf festlich gefeiert. Foto: Schmidt Foto: Schwarzwälder-Bote

Kirche: Historische Zeugnisse in der Turmkugel / Einweihungsfeier in St. Silvester / Langrock schreibt

Die Restaurierung der Böhringer Kirchturms hielt eine Überraschung bereit. Ein Brief aus dem Jahr 1950 kam in der Turmkugel zum Vorschein. "Das ist eine kleine Sensation", fasste Ortsvorsteher Detlef Langrock den Fund zusammen.

Dietingen-Böhringen. Bei der Öffnung der vergoldeten Turmkugel fand sich ein Brief von Böhringens Altbürgermeister Franz Häsler. Nicht ganz überrascht davon waren die Handwerker. Freilich ahnten sie nichts von dem Inhalt, aber bei Sanierungsarbeiten an Turm-Dachstühlen wären schon des Öfteren historische Zeugnisse bei der Öffnung der Kugeln gesichtet worden, informierte Wolfgang Huber von der gleichnamigen Flaschnerei, der das Schreiben entdeckt hatte.

"Übermütig" Orgel gespielt

1950 war Böhringen noch selbständig, und an ihrer Spitze stand Franz Häsler. Die damalige Restauration der Kirchturmspitze wurde trotz "Mangel am nötigen Kleingeld" von der Gemeinde getragen, aber erfreue die Bürger, schrieb er in seinem nun 67 Jahre alten Brief. Zehn Jahre sei im Ort die Orgel nicht mehr gehört worden. Und nun spiele Lehrer Hauer "fast übermütig", aber "zur vollen Zufriedenheit der Einwohner".

Die Zeit damals beschreibt Häsler als "schwierig und unruhig". Die Besatzungstruppen hätten die Böhringer von "vielen Sachen befreit. Besonders von unseren schönen Nadelwäldern". Häsler berichtet vom Krieg in Korea und von der eigenen "großen Angst" vor einem weiteren Krieg in Deutschland. Zum Abschluss bat er den Leser, ihn und andere nicht als "Sempel" zu bezeichnen. Vielmehr wären sie "gute, fleißige und humorvolle Kerle".

Am 28. August 1950, so erzählt er, wurde die Turmspitze erstellt. Zwei Tage später eilten die Bürger zum "Aufrichtschmaus" im "Paradies" neben der Kirche. Am 13. September legte Häsler dann sein Schriftstück der Kugel bei. Und nun, 67 Jahre später, erstrahlt die Turmkugel nach der Anfang des Jahres begonnenen umfangreichen Restauration der Turmturmspitze erneut.

Freilich war die Finanzierung auch jetzt ein Kraftakt. 120 000 Euro müssen die Gemeinde Dietingen zu zwei Drittel und die Kirchengemeinde zu einem Drittel stemmen, was der Nachwelt wiederum nicht verborgen bleiben soll. Im Rahmen der festlichen Einweihungsfeier der neuen Kirchturmspitze mit Pfarrer Albrecht Zepf setzten die Kirchengemeinde, Dietingens Bürgermeister Frank Scholz und Böhringens Ortsvorsteher Detlef Langrock die von Häsler begonnene Tradition mit eigenen Schreiben fort.

Bierpreis notiert

Die Kirchengemeinde erzählte von der Fledermauskolonie und anderen Anekdoten, die mit der Maßnahme verbunden waren, vom 175. Kirchenjubiläum, das im kommenden Jahr gefeiert wird, und lobte die Handwerkerleistung. Frank Scholz erläuterte die "rasante Entwicklung" Böhringens, ehrte das bürgerschaftliche Engagement und beschrieb die Bürger als selbstbewusst und mit einem regen Vereinsleben.

Ähnlich wie Häsler blickte Langrock über die Grenzen Böhringens hinaus. Während Häsler von den Toten im Zweiten Weltkrieg berichtete, von Besatzungstruppen und Flüchtlingen informierte Langrock über 15 Kriege, die "derzeit toben", dem islamistischen Terrorismus und Asylsuchenden. Schlauer scheinen die Menschen daher für Langrock in den vergangenen 67 Jahren nicht geworden zu sein, auch wenn, wie er schreibt, inzwischen Atomteile in Elementarteilchen wie Quarks und Higgs zerlegt werden können.

Gleichwohl legte Langrock der Kugel auch aktuelle Zahlen aus dem Böhringer Vereinsleben, dem politischen Geschehen wie dem Hochwasserschutz und ein paar Alltagsgeschichten bei. Etwa die Kosten für ein Glas Bier. In Häslers Zeit zahlten die Böhringer 40 Pfennig.