Diverse Wahlen mit interessanten Ergebnissen / Debatte über Gößlinger Sitz im Bauausschuss

Dietingen (apf). Wenn die Gemeinderäte Metergeld für ihren Einsatz erhalten würden, wäre es für sie ein lukrativer Abend im Dietinger Ratszimmer geworden. Wahlen stehen auf der Tagesordnung. Nahezu alle laufen geheim ab.

Jedes Ratsmitglied muss deshalb zwölf Mal von seinem Platz am Ratstisch aufstehen und den Weg in die Wahlkabine antreten, die im hinteren Bereich des Raums aufgestellt ist. Dies verschafft einerseits Bewegung – und die ist nicht schlecht in einer Sitzung, die erst nach etwa viereinhalb Stunden gegen Mitternacht endet –, und andererseits gibt sie ein ungeschminktes Bild über Sympathie und Antipathie ab bei der Wahl der Stellvertreter des Bürgermeisters und der vier Ortsvorsteher.

Gleich das Entree hat es in sich. Gerhard Schneider (Dietingen), langjähriger erster Stellvertreter des Bürgermeisters, wird nicht wiedergewählt. Ferdinand Graf von Bissingen (Dietingen) schlägt Martin Bantle (Irslingen) vor, der bei der Kommunalwahl mehr Stimmen als Schneider erhalten hat. Weil laut Bürgermeister Ortsvorsteher nicht gewählt werden dürfen, steht Stimmenkönig Klaus Weisser (Böhringen) somit nicht zur Debatte.

Zwei Wahldurchgänge gibt es, beide enden jeweils sieben zu sieben, obwohl Frank Scholz Gerhard Schneider vorschlägt. 13 Gemeinderäte und der Schultes dürfen abstimmen. Deshalb wird diese Entscheidung vertagt, ein dritter, notfalls ein vierter Wahldurchgang soll bei nächster Gelegenheit angepackt werden. Sogar ein Losentscheid scheint nicht unmöglich.

Die Wahl des zweiten Bürgermeister-Stellvertreters, der aus Böhringen kommen soll – bisher war es Ilona Fischinger –, verläuft unproblematisch. Gerhard Held (Böhringen) erhält bei eigener Enthaltung 13 Ja-Stimmen. Die Entscheidung über den dritten Stellvertreter, bisher Jürgen Würtenberger (Irslingen), den auch der Bürgermeister wieder vorschlägt, wird mit Blick auf den Ausgang der Wahl des ersten Stellvertreters vertagt.

Nur Dieter Huonker mit "weißer Weste"

Dann sind die vier Ortsvorsteher und ihre jeweils zwei Stellvertreter an der Reihe. Trotz der Empfehlungsbeschlüsse der Ortschaftsräte wird geheim gewählt. Prompt gibt es Wahlausgänge, die zwar eindeutig ausfallen, aber dennoch für Gesprächsstoff sorgen. Lediglich der zweite Stellvertreter aus Rotenzimmern erhält ein einstimmiges Votum.

Bettina Baur (Dietingen) bekommt 13 Ja-Stimmen und eine Nein-Stimme, Klaus Häsler (Irslingen) zwölf Ja- und zwei Nein-Stimmen, Klaus Weisser (Böhringen) elf Ja-Stimmen, außerdem eine Nein-Stimme, eine Enthaltung wird registriert, und ein Stimmzettel bleibt leer. Frank Weißhaupt (Rotenzimmern) wird mit zwölf Ja-Stimmen bei einem Nein und einer Enthaltung gewählt. Weißhaupt wohnt den Sitzungen des Gemeinderats bei, hat beratende Stimme, darf jedoch nicht abstimmen.

Auch die Wahlen der ersten Stellvertreter verlaufen interessant. Klemens Schmid (Dietingen) erhält 13 Ja-Stimmen und ein Nein. Irslingen wird vertagt, da Martin Bantle als erster Stellvertreter vorgeschlagen wurde. Sollte er erster Bürgermeister-Stellvertreter werden, dürfte er keinesfalls auch noch Ortsvorsteher-Stellvertreter sein, erklärt der Bürgermeister. Tobias Weißer (Böhringen) bekommt 13 Ja-Stimmen und ein Nein, ebenso Michael Bilger (Rotenzimmern).

Das Bild bei den Wahlen der zweiten Ortsvorsteher-Stellvertreter sieht wie folgt aus: Ines Kaul (Dietingen) 13 Ja-Stimmen und ein leerer Stimmzettel, Christoph Dresel 13 Ja und ein Nein sowie besagter Fall in Rotenzimmern. Hier erhält Dieter Huonker die einstimmige Zustimmung.

Selbige gibt es zwar auch für die Wahl der Vertreter in den Bauausschuss des Gemeinderats. Doch der Abstimmung, die offen und en bloc erfolgt, geht eine längere Diskussion über den Sitz voraus, der für Gößlingen reserviert ist. Der Vorschlag der Verwaltung, dass Dietingen-Ort zwei Sitze bekommen soll, sorgt für Irritationen.

Der Bürgermeister sieht es als "nicht zielführend" an, den Sitz unbesetzt zu lassen. Weil Dietingen-Ort der mit Abstand größte Ortsteil sei und in Dietingen-Ort der Kindergartenneubau stattfinde, sollte Dietingen-Ort zwei Vertreter erhalten. Verbale Unterstützung erhält Frank Scholz von Gerhard Schneider. Der Gemeinderat aus Dietingen bringt außerdem den Aspekt der Stimmenvielfalt ins Spiel.

"Beide Dietinger achten auf Gößlingen"

Eine andere Sichtweise vertritt Martin Bantle. Mit dem Bürgermeister, der in Dietingen wohnt, kommt er auf drei Stimmen aus Dietingen. Weil der Kindergarten ein Gesamtgemeindeprojekt sei, sollte ein Vertreter aus jedem Ortsteil kommen, so wie es bei der Gründung des Bauausschusses beschlossen wurde. Auch zeigt er sich verwundert, dass er die Idee mit dem zweiten Bauausschuss-Mitglied für Dietingen-Ort aus der Presse erfahren habe.

Natürlich bleiben diese Ansichten nicht unkommentiert. Einerseits sagt Klemens Schmid (Dietingen), dass für ihn der Bürgermeister "eine neutrale Person" sei und der zweite Sitz für Dietingen-Ort wegen des Proporzes mit Blick auf die Einwohnerzahl logisch sei, andererseits erklärt Frank Scholz, dass er seinen Vorschlag in jeder Ortschaftsratssitzung präsentiert habe. Weil jedoch in Dietingen-Ort vor Irslingen getagt wurde, ist Bantles Aussage in sich stimmig.

Nach weiteren Wortmeldungen (Hildegard Flaig, Klaus Weisser, Ferdinand Graf von Bissingen, Alexander Ettwein) mit zum Teil unterschiedlichen Sichtweisen, durchschlägt schließlich Klaus Häsler den gordischen Knoten. Einer der zwei Dietinger Bauausschuss-Mitglieder könnte sich doch explizit den Gößlinger Belangen annehmen. Nachdem diesen Vorschlag der Bürgermeister erweitert ("Beide Dietinger achten auf Gößlingen"), wird abgestimmt. Alexander Ettwein, Klemens Schmid (beide Dietingen), Jürgen Würtenberger (Irslingen), Klaus Weisser (Böhringen) und Siegfried Seemann (Rotenzimmern) erhalten bei einer Enthaltung (Weisser) 13 Ja-Stimmen.

Auch die Wahl der Stellvertreter verläuft nicht zügig, weil Gerhard Held (Böhringen) als Ersatz für Böhringen und für Rotenzimmern vorgeschlagen wurde. Dies wird schließlich doch akzeptiert und en bloc abgestimmt. Einstimmig werden Bettina Baur (für Alexander Ettwein), Bernd Kirholzer (für Klemens Schmid), Klaus Häsler und Gerhard Held gewählt.

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