Narrenchef Rainer Schmeh nutzt die Gunst der Stunde und zeigt dem Schultes, wer dieser Tage das Sagen in der Gemeinde hat. Foto: Reinhardt Foto: Schwarzwälder-Bote

Schlüsselübergabe: Ulbrich werden von Narrenschar die Leviten gelesen / Da kommt so manches Fettnäpfchen in den Blick

Deißlingen (shr). Da hat der Schultes ganz schön den Mund voll genommen: Bei der Schlüsselübergabe am Samstag im Kehlhof machte Bürgermeister Ralf Ulbrich richtig auf dicke Hose. Alle Projekte, die er angepackt habe, seien ein voller Erfolg geworden, "selbst Frau Merkel kommt ausm Stauna nit raus" – logisch, dass das Narrenchef Rainer Schmeh so nicht gelten ließ: "Du hosch koi Fettnäpfe ausglassa!".

Den Schlüssel, den ihm der beleidigte Schultes daraufhin kampflos übergeben wollte, nahm er jedoch dann gar nicht, erst müssten all die peinlichen Geschichten erzählt werden. Die von dem missglückten Windradprojekt, da versprach Schmeh aber Abhilfe: vierhundert Hage, die vor dem Rathaus einen Furz ließen, das gäb doch schönen Öko-Wind! Aus der Bruchbude sei ein Bahnhofstraßenpalast geworden, lobte Ulbrich sich selbst, das ließ jedoch Schmeh nur bedingt gelten, habe man doch drei verschiedene Ziegel auf dem Dach, das sähe doch verdächtig nach Dreifarbenhaus aus, da kriege das Wort Begegnungsstätte eine ganz neue Bedeutung!

Nein, Matratzensport gebe es mit der Gemeinde nicht, und dann habe die Zunft sich schließlich noch vor dem ersten Firmenduathlon gedrückt – fehle es da etwa an der Kondition, könnten die Narren nur saufen am Tresen? Er selbst habe schließlich auch erfolgreich mitgemacht, sogar das Sportabzeichen absolviert, das sei doch einen Tusch wert! Den kriegte er auch, doch der Musikverein hielt es offenbar mehr mit der Zunft- statt mit dem Bürgermeister, denn was da aus den Instrumenten rauskam, klang alles andere als wohlwollend. Und prompt konterte Schmeh: Immerhin habe Ulbrich sich beim Laufen von seiner eigenen Frau überholen lassen. Doch Ulbrich ließ nicht locker, für seine Leistungen und den gemeindeeigenen Film werde er demnächst für den Oscar nominiert, da sei er sich sicher. Dann würden die Narren vor Neid erblassen, wenn er dann in Hollywood auf der Bühne stehe und sie nur im Gemeindezentrum feierten.

Von wegen Hollywood, nach dem Berliner Flughafen und Stuttgart 21 habe der Schultes für Deißlingen 29 gesorgt – drei Jahre Hallenplanung, das gehe ja gar nicht! "Der nimmt’s Maul ganz schee voll!“ Ja, das tat er, er sei der Chef der Deißlinger Architekten, der "bescht Umweltma" mit dem Spurwechsel und der ganzen Photovoltaik. Hier gab’s wieder einen Tusch, doch von Dirigent Florian Billerbeck auch die Bemerkung, dass man sich das aber was kosten lasse. Und von Narrenchef die Geschichte vom Dortmunder Professor, der seinen E-Porsche an der rathauseigenen Zapfsäule aufladen wollte und nicht konnte. Glücklicherweise waren die Narren da grad im Bärengarten am Feiern, und dort gab’s dann Strom für die leeren Professorenbatterien.

"Was wär do ohne is passiert? Schultes, da hosch die schee blamiert!" Und einen Kalender wolle man der Familie Ulbrich auch noch schenken, denn es sei durchgedrungen, dass sich die Zwillinge jeden Abend, das ganze Jahr über, vom Deißlinger Narrenmarsch in den Schlaf singen lassen und bis weit nach Ostern für Sauerei im Wohnzimmer sorgten, weil sie nämlich mit Gutsle werfen würden. Am Ende nahm Schmeh den Schlüssel dann doch, und nun sind die Narren auch in Deißlingen an der Macht.