Auch mit einer großen Portion Fröhlichkeit begegnet Karin Schmidtke Flüchtlingen in Camps auf der Balkanroute. Foto: Schwarzwälder-Bote

Flüchtlingsreportage: Karin Schmidtke macht sich zur schwierigen Situation der Menschen selbst ein Bild

Auf Einladung des Kreisverbands von Bündnis 90/  Die Grünen berichtete Karin Schmidtke im Hotel "Hirt" über ihre Erlebnisse im Flüchtlingscamp Opatovac.

Deißlingen. Schmidtke ist Journalistin und Fotografin - und Helferin. Nach der Begrüßung durch Sonja Rajsp erzählte Schmidtke, untermalt von an die Wand projezierten Fotos, von ihrer Odyssee. Angefangen hatte alles mit Bildern, die sie im Fernsehen sah. Von Scharen von Menschen, die über den Balkan zogen, mit nicht viel mehr als ihren Kleidern am Leib, oft mit kleinen Kindern. Das wollte sie sich persönlich anschauen und – wenn möglich – helfen. Also sammelte sie Kleider- und Geldspenden. Durch eine großzügige Gabe von 500 Euro konnte Schmidtke einen Sprinter mieten – "dass mein Auto viel zu klein ist, das wurde mir schnell klar".

Die Hinreise endete im Flüchtlingscamp in Opatovac, wo das kroatische Rote Kreuz zusammen mit freiwilligen Helferinnen und Helfern aus ganz Europa die ankommenden Flüchtlinge versorgte. Das Lager Opatovac ist in fünf verschiedenfarbige Bereiche aufgeteilt, die jeweils mit Flüchtlingen belegt sind.

Pro Tag seien etwa 5 000 Flüchtlinge angekommen, berichtet Schmidtke – bei Sonne und Regen, bei Tag und bei Nacht. Eine einigermaßen menschenwürdige Versorgung sei nicht einfach. Die mitgebrachten Kleiderspenden seien schnell vergriffen gewesen – "20 Paar Schuhe bei 5 000 Menschen – da mussten wir sehr oft auch zu Leuten mit total löchrigen Schuhen sagen ‚sorry, we don’t have shoes for you‘".

Mit am schlimmsten, so Schmidtke, sei die Situation für die Kinder. Wenn mal Zeit war, habe sie sich mit ihrem Kasperle auf den Weg gemacht und per Handpuppe kommuniziert. "Das Kasperle hat den Kindern gewunken, und sie haben zurückgewunken. Dann hat es den Erwachsenen gewunken, und sie haben ebenfalls zurückgewunken. Und dann hat es den Polizisten oben auf dem Wall gewunken, und die haben auch zurückgewunken".

Nach elf Tagen im Flüchtlingscamp fuhr Karin Schmidtke nach Hause – über die Route, die auch viele der Flüchtlinge nehmen. Sie erzählte von sehr schlechten Bedingungen in Ungarn. Zum Glück habe es viel Hilfe in Form von Essensspenden aus der Bevölkerung gegeben. Dann, in Österreich, sei im Wiener Westbahnhof eine Parkhausebene für Flüchtlinge hergerichtet gewesen. "Ich sah Kinder spielen, Kinder mit trockenen Schuhen an – da musste ich weinen".

Von Wien fuhr Karin Schmidtke noch zum Münchner Hauptbahnhof: Schmidtke erwartete auch da Tausende von Flüchtlingen, doch sie sah nur ganz wenige – stattdessen Helferinnen und Helfer, die nichts "zu tun" hatten. Zur Zeit kämen nur rund 50 Flüchtlinge pro Tag in München an.

Zur nächsten Balkan-Tour ist sie bereits wieder gestartet

Wie die Verteilung der Flüchtlinge verläuft, das konnte Karin Schmidtke nicht herausfinden. Es sei einfach schrecklich für die Flüchtlinge, dass sie in Busse und Züge gedrängt würden, ohne überhaupt zu wissen, wohin diese fahren.

Mittlerweile ist Karin Schmidtke zu einer erneuten Balkan-Tour gestartet. "Jetzt weiß ich, worauf es ankommt. Es wird kalt, die Leute brauchen Hilfe, vor allem warme Füße".

Auch der Aufruf von Sonja Rajsp, zum Flüchtlingsreportage-Abend Schuhe mitzubringen, war erfolgreich: es waren zwar nur wenige Besucher da, die brachten aber 40 Paar Schuhe und zehn Paar selbstgestrickte Socken mit, freute sich die grüne Landtagskandidatin Sonja Rajsp.