Schweren Herzens verabschiedet Bürgermeister Ralf Ulbrich (rechts) nach nur zehn Monaten Arzt Wolfgang Steffen aus der Gemeinde. Foto: Reinhardt Foto: Schwarzwälder-Bote

Wolfgang Steffen und Bürgermeister Ralf Ulbrich erklären das Aus der Deißlinger Praxis / Viel zu wenig Patienten

Von Siegfried Reinhardt

Deißlingen. Nach nur zehn Monaten ist die Hausarztpraxis von Wolfgang Steffen und Karin Lamprecht in Deißlingen wieder geschlossen. In einem Pressegespräch vermittelte Steffen zusammen mit Bürgermeister Ralf Ulbrich die Umstände, wie es zu der Schließung gekommen ist.

Am Anfang, voller Elan und Tatkraft ans Werk gegangen, erhoffte man sich, dass die Deißlinger die neue Arztpraxis annehmen werden. Auch durch das große Engagement von Gemeinde und Bürgermeister habe man Hoffnung gehabt, dass es was werden könnte. Doch die Zeitspanne seit der Praxisaufgabe von Hermann Pfitzinger und der Neueröffnung sei wohl doch zu groß gewesen. Fünf Jahre, so Steffen, waren einfach zu lange. In diesen Jahren hätten sich viele Deißlinger einen neuen Hausarzt außerhalb der Gemeinde gesucht. Dies sei legitim, und er mache da auch niemanden einen Vorwurf, da die Arztbindung sehr groß sei. Doch mit vier bis fünf Patienten am Tag könne eine Praxis nicht wirtschaftlich geführt werden. Die Schließung sei nun die einzige und richtige Entscheidung gewesen.

Schon am Jahresanfang hatte sich eine sehr verhaltene Entwicklung abgezeichnet. Es hätte genügt, wenn man nur zwei Tage in der Woche die Praxis geöffnet hätte. Doch das wäre ja ein Unding gewesen, schließlich habe man sich zu einer Vollzeitpraxis entschlossen. "Die Hoffnung war am Anfang ja noch da, dass sich mehr Menschen für den neuen Hausarzt entscheiden", so Steffen und Ulbrich. Zumal ja auch gesagt worden sei, man brauche in Deißlingen dringend eine weitere Arztpraxis.

Doch die Statistik sagt etwas anderes: Das ganze Jahr über kam nur etwa ein Drittel der Patienten, die man braucht, um eine schwarze Null zu schreiben. Das heißt, die Deißlinger Hausarztpraxis ist von der Rottweiler Praxis von Wolfgang Steffen querfinanziert worden. "Ohne die Rottweiler Praxis wäre ich jetzt pleite", fand Steffen klare Worte.

Dankbar ist er der Gemeinde sowie Bürgermeister Ralf Ulbrich. Diese hätten sich in vorbildlicher Weise dafür eingesetzt, dass wieder ein Arzt nach Deißlingen kommt. Der Markt habe sich schlichtweg verlaufen, argumentiert der engagierte Arzt. Auch die Situation sei eine andere als vor fünf Jahren, als Hermann Pfitzinger aufgehört hatte.

Die Patienten von Karin Lamprecht und Wolfgang Steffen werden nun nach wie vor betreut. Auch Hausbesuche für diejenigen, die nicht nach Rottweil kommen können, werden angeboten. Positiv ist auch, dass die Mitarbeiterinnen nicht vor dem Nichts stehen werden. Alle werden weiterbeschäftigt werden, hieß es beim Pressegespräch. Eine Tatsache sei allerdings auch, dass gerade diese engagierten Mitarbeiterinnen sich teilweise den übelsten Beschimpfungen am Telefon ausgesetzt sahen. Doch dies sei nicht beispielhaft für Deißlingen zu sehen, machte der Arzt deutlich.

Bürgermeister Ulbrich meinte, dass nun eine wichtige Stütze der Deißlinger Infrastruktur wieder wegfalle. Er stellte sich auch die Frage, wie es wohl sein werde, wenn sich in der Deißlinger Ortsmitte auf dem Jerger-Areal neue Läden und Geschäfte etablieren wollen.