Voll konzentriert präsentierte sich bei der WM in Polen auch Sebastian Schwarz. Foto: Eibner Foto: Schwarzwälder-Bote

VolleyballEhemaliger Nagolder Sebastian Schwarz sucht nach Triumph mit Nationalmannschaft Herausforderung in Polen

Von Tim Geideck

Ganz Volleyball-Deutschland steht nach dem Gewinn der Bronze-Medaille bei der Weltmeisterschaft in Polen Kopf. Der gebürtige Freudenstädter Sebastian Schwarz, sportlich aufgewachsen beim VC Nagold, bildete bei dem überraschenden Erfolg ein Herzstück der Mannschaft. Ein Gewinn auch für den Volleyball in der Region?

"Das Größte, was für es für einen Sportler gibt, ist eine Medaille für sein Land zu gewinnen", sagte der frühere Altensteiger Sebastian Schwarz im Gespräch mit unserer Zeitung überglücklich und vergleicht: "Für uns ist eine Bronze-Medaille wie beim Fußball der WM-Titel." Wirklich überraschend sei für den Außenangreifer aus dem Nordschwarzwald der Turnierverlauf aber – trotz der ersten deutschen Medaille seit 1970 – nicht gewesen: "Unser Ziel war von Anfang an eine Medaille. Uns war aber klar, dass der Weg dorthin schwer sein wird. Es gab viele Mannschaften, die ein ähnliches Niveau hatten."

Die Volleyball-WM in Polen war für Schwarz gleichzeitig ein guter Vorgeschmack auf das, was ihn in den kommenden Monaten erwartet: Im Sommer wechselte der gebürtige Freudenstädter vom deutschen Bundesligisten Generali Haching zum polnischen Erstligisten Trefl Danzig. Volleyball genießt in Polen einen hohen Stellenwert, die Liga gehört zusammen mit Russland und Italien zu den besten der Welt. Das war auch bei der WM spürbar: 62000 Zuschauer sahen das Eröffnungsspiel zwischen Polen und Serbien in Warschau – neuer Weltrekord! Auch die deutschen Spieler wurden im Gastgeberland wie Helden behandelt, nicht selten musste Schwarz auf der Straße Autogramme geben.

In Deutschland ist das dem 29-jährigen Schwarzwälder bislang noch nie passiert, denn Volleyball ist hierzulande weitaus weniger populär. Viele Jahre seiner Karriere hat der 1,97-Meter-Hüne daher in Italien verbracht – in Crema, Perugia und Padua. "Das waren schöne Jahre in Italien, weil Volleyball da einen ganz anderen Stellenwert hat", meint Schwarz, der schon heiß auf seinen neuen Verein in Danzig ist: "Nach der WM wird die Euphorie dort riesengroß sein." Gestern fuhr der Außenangreifer von Friedrichshafen nach Polen, am kommenden Wochenende wird er dort sein erstes Ligaspiel bestreiten. Schwarz: "Für mich ist das etwas Neues und damit eine große Herausforderung. Ich bin fit und Volleyball macht mir gerade unheimlich viel Spaß."

Einer der ersten, der ihm zum Medaillengewinn bei der WM gratuliert hat, war Bernd Heinrich, Vorsitzender des VC Nagold. Der Club ist Schwarz’ Heimatverein, bei ihm ist er nach wie vor Mitglied. Kein Wunder, denn Vater Gerhard ist zweiter Vorsitzender des VC Nagold. Heinrich sagt: "Ich kenne Sebastian, seit er in den Windeln steckt, und habe seine Karriere von Anfang an verfolgt. Und im Verein ist er natürlich unser Bezugspunkt zum Spitzenvolleyball."

Rührig: Als Schwarz 14 Jahre alt war, bekam er von Heinrich ein Trikot geschenkt – verbunden mit der Bitte, eines Tages ein Trikot zurück zu bekommen, falls das Talent einmal an den Olympischen Spielen teilnimmt. 2012 war es in London soweit. Schwarz erinnerte sich an die alte Abmachung und schickte ein von allen deutschen Spielern unterschriebenes Trikot nach Nagold. Heinrich schwärmt: "Er ist einfach ein toller Kerl."

Und er ist längst nicht der einzige der VCN-Talentschmide. Mit Jaromir Zachrich (Powervolleys Düren) und Willy Belizer (TV Rottenburg) spielen zwei weitere Nagolder Eigengewächse in der Bundesliga, dazu gehört Dominik Nuguspanov zum Zweitliga-Kader von Georgii Allianz Stuttgart. Auffallend: Allesamt sind sie 1985 geboren. Ein goldener Jahrgang für den VC Nagold – aber auch der letzte.

"Unser Verein entwickelt sich immer mehr in Richtung Breitensport", verdeutlicht Heinrich. Heute kann der 130 Mitglieder starke Vereine nur noch mit Ach und Krach zwei aktive Mannschaften stellen, die vorwiegend aus Senioren bestehen und in der Kreisliga umherdümpeln. "Der Mittelbau, die jungen Spieler fehlen uns komplett", bedauert der Vorsitzende.

Und damit teilt der VC Nagold trotz seiner prominenten Söhne das Schicksal vieler Volleyballvereine in der Region – so wie etwa auch der ASV Horb oder der TSV Freudenstadt. Dessen Jugend ist zwar durchaus erfolgreich, doch nach ihrem Schulabschluss kehren viele Spieler dem Netz den Rücken oder wechseln bei entsprechendem Talent zum TV Rottenburg. Ist es ein Standortnachteil, einen Bundesligisten in der Nachbarschaft zu haben? Heinrich winkt ab: "Wenn wir junge Spieler haben, die talentiert sind, gehen die natürlich nach Rottenburg. Aber wir können die sportlich ohnehin nicht fördern. Dafür ist der Volleyball bei uns in der Region nicht populär genug."

Der frisch gebackene Bronzemedaillengewinner, für den die WM in Polen altersbedingt wohl seine letzte war, sieht den Boden in der Region für Volleyball-Talente an sich als fruchtbar an. Er selbst wechselte recht früh zum TV Rottenburg und noch als 16-Jähriger zum ebenfalls nicht allzu weit entfernten Top-Club VfB Friedrichshafen, mit dem er später Meister, Pokalsieger und Champions-League-Gewinner wurde. Für Schwarz steht fest: "In Sachen Volleyball ist die Region gut aufgestellt. Und wenn ihre Spieler in den oberen Ligen mitspielen, ist das doch eine schöne Auszeichnung für die Vereine, weil die in der Jugend einfach viel machen."