Foto: Schwarzwälder-Bote

Da kann es einem die Sprache verschlagen, wenn man mitverfolgt, wie

Da kann es einem die Sprache verschlagen, wenn man mitverfolgt, wie viele Menschen in diesen Tagen wieder beziehungsweise immer noch ihre Heimat verlassen. Hunderte von ihnen treffen täglich auch in Deutschland ein. Und es wird keine Kommune in unserem Land geben, die sich nicht mit der Frage nach der Unterbringung von Asylsuchenden beschäftigt.

Wir sehen, wie Menschen Hilfe brauchen, verantwortliche Personen nach schnellen Lösungen suchen und sich zugleich blinde Aggressionen in manchen Orten brandheiß entladen. Da verschlägt es mir beinahe die Sprache. Mir fehlen die Worte für die Dimensionen an Unverständnis, das aus den aktuellen Brandanschlägen spricht.

Doch ganz konkret um Worte zu ringen, das erleben vor allem die Menschen, die nach Deutschland kommen. Sie haben strapaziöse Routen hinter sich und tragen oft nicht mehr bei sich, als sie in zwei Händen halten können. Hier in Deutschland angekommen, ringen sie um die richtigen Worte Deutsch. Manche können sich bereits verständigen, andere müssen sich die Sprache von Grund auf erarbeiten. Mühsam werden neue Worte gelernt, Sätze ausprobiert, richtige Artikel gesucht. Um das Erlernen der Sprache zu ermöglichen und zu fördern, bieten engagierte Menschen Deutschkurse an.

Mich beeindruckt, mit welcher Ausdauer sich Ehrenamtliche, auch im Landkreis Calw, für Flüchtlinge einsetzen. Deutschkurse stehen oft mit auf der Liste dessen, was Asylarbeitskreise vorrangig anbieten wollen. Denn Sprache ist das Tor zur Teilhabe an einer Gesellschaft. Ich finde Deutschkurse sehr wichtig und schätze die Arbeit der Lehrenden. Doch ist Sprache wirklich alles? "Verständigung scheitert in erster Linie nicht an mangelnden Sprachkenntnissen, sondern an der Bereitschaft, sich einzulassen." Dieser Satz bringt mich zum Nachdenken. Ehrenamtliche bieten Deutschkurse an, sortieren Kleiderkammern oder richten Willkommenscafés ein.

Aber all diese Menschen zeigen doch zuallererst die Bereitschaft, sich auf den anderen einzulassen. Ohne diese Bereitschaft könnten sie überhaupt keine Mitverantwortung durch ihr soziales Engagement übernehmen. Ich spüre in diesem Tun den Geist der christlichen Nächstenliebe, wie er im Neuen Testament geprägt wird, wenn Jesus sich den Fremden zuwendet.

Es kostet Mut, sich auf einen fremden Menschen einzulassen, und doch kann Verständigung nur auf diesem Weg geschehen. Darum freue ich mich über alle Ehrenamtlichen, die sich auf die gegenwärtige Lage und hilfsbedürftige Menschen einlassen. Durch diese Art von Verständigung bleiben wir Menschen sprachfähig im Umgang mit Situationen, die einem beinahe die Sprache verschlagen.

u Karoline Bortlik ist Pfarrerin der evangelischen Gesamtkirchengemeinde Neubulach