Bernd Koch zeigt mit einem Schmunzeln den – damals gebührenfrei zu befördernden – Amtsbrief, mit dem das Calwer Oberamt 1884 dem Schultheißenamt Zavelstein die Pferdevormusterung auftrug. Foto: Schabert Foto: Schwarzwälder-Bote

Postgeschichte: Selbst hunderte Jahre alte Exemplare können reihenweise präsentiert werden

Von Hans-Schabert

Calw-Spindlershof. Es wird kaum eine Person oder Stelle geben, die besser über die Geschichte der Post in Calw Bescheid weiß, als Bernd Koch in Spindlershof.

18 dicken Ordner

Er hat nicht nur die Entwicklung erforscht, sondern eine Sammlung bis hin zu herzoglichen und königlichen Originalbriefen, die aus, nach oder über Calw – dieser Bezug ist für ihn Voraussetzung – liefen. Selbst hunderte Jahre alte Exemplare kann er reihenweise zeigen.

Akkurat in 18 dicken Ordnern in die Tausende gehende Einzelstücke sind übersichtlich zusammengestellt und im Prinzip für eine Ausstellung aufbereitet. Seit einem Vierteljahrhundert sammelt der inzwischen Ruheständler gewordene ehemalige Post- und Telekom-Mitarbeiter auf seinem Spezialgebiet, was er bekommen kann. Postwertzeichen gehören natürlich auch, aber lange nicht allein dazu. Koch ist Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Württemberg im Bund deutscher Philatelisten. Der Zusammenschluss vereinigt Sammler von Postbesonderheiten, Prüfer und Autoren entsprechender Literatur.

Der Sammelzeitraum von Koch endet mit der Besatzungszeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Tabellarisch ist den Objekten vorangestellt, wie sich alles entwickelt hat. Da ist der Start um 1500 mit landesherrlichen und städtischen Boten ebenso festgehalten, wie die Metzgerpost des 17. Jahrhunderts mit Original-Belegstücken. Natürlich fehlt auch das Datum der Eröffnung der ersten Landespostanstalt in Calw, "Königlich württembergisches Postamt" genannt, am 1. Mai 1807 nicht in den erforschten Daten. Unter der Vielzahl verschiedener Calwer Stempel ist auch der erste von damals zu finden.

Schnörkelbrief von 1640

Ob der Schnörkelbrief – mit dem der Gestaltung entsprechenden Namen – von 1640, der Laufbrief von 1734, ein Wertbrief von 1760, der Soldatenbrief über Calw nach Würzbach von 1766 oder das Botenbuch von 1798: Es reiht sich nicht nur für den postalisch ausgerichteten Sammler, sondern für jeden heimatgeschichtlich Interessierten Rarität an Rarität. Ein gebührenfreier Amtsbrief fordert 1884 das Schultheißenamt Zavelstein mit genauen Durchführungshinweisen auf, am 16. Juni die Pferdevormusterung durchzuführen.

In der Sammlung befindet sich ebenso die erste über die Telegrafenstation Calw gelaufene Depesche. Drei Tage nach Eröffnung ist diese am 19. Oktober 1857 an Heinrich Zahn gerichtet aus Besigheim angekommen. Die Unterlagen der "Vorphilazeit", Postscheine, Stempel, Einschreibzettel, Belege aus der Kreuzerzeit genauso wie Pfennigzeit oder Postkarten füllen Ordner um Ordner. Das wertvollste Exemplar aus Kochs Sammlung was die Briefmarken anbetrifft ist eine 70-Kreuzer-Marke von 1875, die unter Sammlern heute um die 5000 Euro wert ist.