Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen informiert sich über den Stand der Dinge beim KSK in Calw. Foto: Fritsch

Bundesverteidigungsministerin besucht auf ihrer Sommerreise die Elitesoldaten. KSK demonstriert Einsatzbereitschaft.

Calw - Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) ist entweder sehr mutig. Oder sie hat Vertrauen in die Fähigkeiten der Soldaten des Kommandos Spezialkräfte (KSK) in Calw, das sie am Montag im Rahmen ihrer Sommerreise besuchte.

Von der Leyen hatte sich nämlich gewünscht, in die Graf-Zeppelin-Kaserne mit einem Fallschirm einzuschweben. Dieser Wunsch ihrer obersten Dienstherrin war den seit 1996 im Nordschwarzwald stationierten Elitesoldaten der Bundeswehr natürlich Befehl. Ein Tandem-Master war der Ministerin dabei behilflich. "Jetzt weiß ich, wie es ist, wenn man jemandem blind vertrauen muss", sagte sie danach.

Und sie weiß, was das KSK alles kann: zum Beispiel Terroristen festnehmen oder deutsche Geiseln befreien. Wie bei Letzterem vorgegangen wird, auch das hat sie bei einer Demonstration im Schießausbildungszentrum am eigenen Leib erleben dürfen. In diesem Zentrum, das im internationalen Vergleich einmalig ist, dürfen die Soldaten erst nach einer zweijährigen Ausbildung üben. Also, nachdem sie Nahkampf, Fallschirmspringen, Abseilen aus Hubschraubern, Sprengen und Überleben unter Extrembedingungen beherrschen. Auch psychisch müssen sie extremen Belastungen gewachsen sein.  "Und den unbedingten Willen haben", wie ein Soldat betonte.

Auf den Besuch in Calw hat sich Ursula von der Leyen nach eigenem Bekunden schon seit Monaten gefreut. Sie wollte sich unbedingt selbst ein Bild von den Fähigkeiten der Soldaten machen und sich über die aktuelle Lage des Kommandos Spezialkräfte informieren. Jetzt weiß sie nach entsprechenden Vorführungen aus erster Hand, dass diese Bundeswehrangehörigen "bestens ausgewählt, bestens ausgebildet, bestens gegliedert" sowie bestens ausgerüstet sind. Dass Zeitsoldaten gute Chancen haben, als Berufssoldaten übernommen zu werden. Dass zum Sold für Spezialeinsätze Zulagen bis zu 900 Euro dazu kommen sollen. Und dass sie über einzigartige Fähigkeiten verfügen.

Im heutigen Einsatzspektrum deutscher Streitkräfte ergeben sich besondere Aufgaben von strategischen Interessen, die von herkömmlichen Einheiten oftmals nicht erfüllt werden können. Beispiele dafür sind die ständige Bereitschaft zur Rettung von bedrohten, beziehungsweise gefangenen deutschen Staatsbürgern im Ausland oder die Festsetzung von Kriegsverbrechern in Krisengebieten. Seit 1998 waren KSK-Kämpfer deswegen auf dem Balkan aktiv. In Afghanistan sind sie seit 2001 unterwegs.

Sechs Einheiten hat das Kommando Spezialkräfte: vier Kommandokompanien, eine Spezialkommando-Kompanie und eine Ausbildungskompanie. Rund 1200 Soldaten gehören derzeit diesem Bundeswehrverband an. 1400 wäre die Sollstärke. Nach von der Leyens Überzeugung bleibt es Aufgabe, für diese Einheit zu werben. Insgesamt war sie zutiefst beeindruckt. Wie auch Brigadegeneral Dag Baehr, der das KSK seit April 2013 kommandiert, von der Ministerin: "Das nötigt uns höchsten Respekt ab, wenn sich unsere oberste Dienstherrin auf eigenen Wunsch in einen Overall zwängt und auf diese Art zu uns kommt."

Demonstration der Einsatzbereitschaft

Am Übungsplatz unterhalb des Muckberges zeigen die Spezialkräfte, wie sie eine Geisel befreien. Ein Transporthubschrauber bringt 15 Kommandosoldaten zum Einsatzort, die blitzschnell das Auto stoppen, den Geiselnehmer aus dem Fahrzeug ziehen und eine Gefangene in Sicherheit bringen. Der deutsch-französische Kampfhubschrauber "Tiger" und zwei Quads sind bei dieser Vorführung im Einsatz.

Die Ausbildung beginnt mit zwölf Wochen, in denen die Bewerber auf ihre Eignung geprüft werden. "Am wichtigsten ist es, die richtige Einstellung mitzubringen für das, was hier zu leisten ist", erklärt Hauptmann Christoph Tewes. Ob sie stimmt, soll sich in einer "Höllenwoche" zeigen: Mit Tagesmärschen von 50 bis 60 Kilometern bei drei bis vier Stunden Schlaf in der Nacht.

Von der Leyen spricht mit den Soldaten, sieht sich ihre Stuben an. "Da ist Handlungsbedarf da", räumt sie ein. Die KSK-Soldaten haben einen riesigen Berg an persönlicher Ausrüstung, mit Kleidung für die Wüste wie für die Arktis. Aber die Stuben sind klein, die Kaserne wurde in den 1950er Jahren gebaut.

"Schön Dich zu treffen", steht mit schwarzem Humor auf einem Schild im Eingang des Schießausbildungszentrums. Dahinter lehnen Dutzende von Pappkameraden an der Wand, ihre Gesichter durchlöchert von Kugeln. Warum wird hier auf Darstellungen von Menschen geschossen? Der Leiter des Zentrums antwortet: "Weil wir im Einsatz nicht mit Zielscheiben zu tun haben, sondern mit anderen Situationen."

Info: KSK Calw

Was die GSG 9 für die Polizei, ist das KSK für das Militär. Das Kommando Spezialkräfte bildet seit 1996 Elite-Soldaten für besondere Fälle aus, etwa für die Festnahme von Terroristen oder die Befreiung von deutschen Geiseln. Die Truppe zählt rund 1200 Mann mit allen Unterstützungseinheiten. Wie viele ausgebildete Kämpfer tatsächlich unterwegs sind, wird ebenso geheim gehalten wie deren Einsatzorte.

Vier Einheiten

Ende der 90er Jahre kamen die Elite-Soldaten erstmals auf dem Balkan zum Einsatz. Dabei ging es vor allem um die Festnahme von Kriegsverbrechern. In Afghanistan sind KSK-Kämpfer seit 2001 unterwegs. Insgesamt gibt es vier KSK-Einheiten: den Wüstenzug, den Fallschirmspringerzug, den amphibischen Zug sowie den Gebirgs- und Arktis-Zug. Außerdem steht eine Fernspäh-Kompanie für die Aufklärung bereit. Stationiert ist das KSK in Calw im Nordschwarzwald.

Ausbildung

Zur Spezialausbildung eines Kommandosoldaten gehören Nahkampf, Fallschirmspringen, Abseilen aus Hubschraubern und Sprengen sowie Überleben unter Extrembedingungen. Jeder Kommandotrupp besteht aus vier Soldaten mit je einem Spezialgebiet: Waffen, Sprengung, Fernmelde- und Sanitätswesen. Die Aufträge führen sie stets als Team aus.