Gisela Nohl glänzte gleich in zwei Rollen. Foto: Nrodbeck Foto: Schwarzwälder-Bote

Demenz: Kölner Schauspielerin präsentiert auf dem Wimberg ein beeindruckendes Theaterstück

Die Kölner Schauspielerin Gisela Nohl gastierte mit dem Stück "Du bist meine Mutter" im Haus auf dem Wimberg. In einer Doppelrolle zeigte sie auf, wie eine Demenzerkrankung die Beziehung zwischen Mutter und Tochter ändert.

Calw-Wimberg. "Es ist so schön, dass du hier bei mir bist. Findest du es auch schön, dass du hier bist?", fragt die an Demenz erkrankte Mutter ihre Tochter. "Ja", antwortet diese knapp. "Findest du es so schön, wie ich es finde, dass du hier bist?" "Ja – willst du noch Schokoladenpudding?" Es ist immer wieder der Schokoladenpudding, der die Gespräche zwischen Mutter und Tochter bei den Besuchen im Pflegeheim beherrscht. Denn so gerne die Tochter ihre 86-jährige Mutter besuchen kommt, so quälend fühlt es sich an, dass sich die beiden immer weniger zu sagen haben.

Auf Reise mitgenommen

Auf beeindruckende Weise stellte Nohl den Verlauf einer Demenzerkrankung dar. Dabei wurde deutlich, dass Demenz nicht nur die Betroffenen verändert, sondern auch die vielen sozialen Beziehungen.

Gisela Nohl spielte dabei sowohl Mutter als auch Tochter und wechselte im Sekundentakt zwischen den beiden Rollen. Eine schauspielerische Meisterleistung, die die Besucher zutiefst beeindruckte.

Nohl selbst hat das Stück unmittelbar nach ihrer Schauspielausbildung vom Autor Joop Admiraal gespielt gesehen und war begeistert. Der holländische Regisseur hat es als autobiografisches Stück über die Erfahrungen mit seiner kranken Mutter geschrieben.

Nohls Mutter erkrankte damals ebenfalls an Demenz, und so schrieb sie das Stück auf die Rolle der Tochter hin um. Auch nach mehr als 20 Jahren und 250 Aufführungen ist es ihr immer noch ein persönliches Anliegen.

Dies zeigte sich auch an den vielen Dialogen, die die Zuhörer aus eigenen Erfahrungen sehr gut kannten. So fragte die Mutter ihre Tochter während eines Ausflugs in den Park: "Wie alt bist du eigentlich? 50, 40 vielleicht oder 30?" "Ich bin 58", antwortete die Tochter. "Und was glaubst du, wie alt du selbst bist?" Nach kurzem Zögern vermutete die Mutter: "50 oder 60?" "Du bist 86, Mutter."

Nachdenkliche Gesichter

Die knappe Antwort löste zeitgleich Schmunzeln, aber auch trauriges Staunen aus. Das Stück machte deutlich, dass mit einer Demenzerkrankung meist nicht nur der Bezug der Zahlen verloren geht, sondern gleichsam der Bezug zu sich selbst. Verlustangst, Orientierungs- sowie Hilflosigkeit prägen nach und nach das Leben mit Demenz. Dass dies das gesamte soziale Umfeld vor eine Zerreißprobe stellen kann, zeigte eindrucksvoll der Dialog, der den Titel des Stücks beinhaltete. Nach einigen Vorwürfen der Tochter aufgrund des Verhaltens der Mutter sagte diese: "Wie kommen Sie dazu, so etwas zu sagen? Woher kennen wir uns überhaupt?" "Du bist meine Mutter."

So hinterließ das Stück trotz vieler Szenen zum Schmunzeln und Lachen nachdenkliche Gesichter. Die lokale Allianz "Demenz mitten im Leben" lud im Anschluss bei einem Empfang zum gemeinsamen Austausch ein. In Gesprächen wurde mitunter deutlich, dass sehr wohl über die vielen tragisch-komischen Momente im Leben mit Demenz gelacht werden darf.

Die selbst erkrankte Demenz-Botschafterin Helga Rohra schreibt in ihrem Buch "Ja zum Leben trotz Demenz", dass die Krankheit nicht das Ende sein muss. Vielmehr könne man Demenz auch als Anfang eines anderen, neuen Lebens verstehen. Dazu müssten jedoch passende Rahmenbedingungen vorhanden sein. Demenz sei die Erkrankung, die die Gesellschaft vor die größten Herausforderungen der nächsten Jahre stellt. Die Augen davor zu verschließen und Betroffene oder Angehörige auszugrenzen, wäre der größtmögliche Fehler.

"Demenz mitten im Leben" will deshalb weiterhin auf das Thema aufmerksam machen und wird seine Veranstaltungsreihe im kommenden Jahr fortsetzen.