Die Volkshochschule beschäftigt sich mit gewalttätigen Erziehungsmethoden. Foto: Archiv Foto: Schwarzwälder-Bote

Erziehung: Calwer Volkshochschule präsentiert zwei Veranstaltungen zum Thema "Schwarze Pädagogik"

Calw. Im Rahmen ihrer Veranstaltungsreihe "Schwarze Pädagogik" präsentiert die Calwer Volkshochschule zwei Veranstaltungen, die sich mit den gewalttätigen Erziehungsmethoden beschäftigen, die in Deutschland noch mehrere Jahrzehnte nach dem Krieg üblich waren.

Alltägliche Gewalt

Erst nachdem bekannt wurde, dass in Heimen und Privatschulen Misshandlungen an der Tagesordnung waren, dass Geistliche Kinder mit Stöcken schlugen, erst seitdem wird offen über die damals an Kindern verübte alltägliche Gewalt geredet.

Fragen nach dem Warum kommen auf: War es der Zeitgeist, der zu Watsch’n und einer Tracht Prügel verleitete? Hing es damit zusammen, dass die Väter traumatisiert aus dem Krieg zurückkehrten? Geschah dies alles in einer unsäglich brutalen Erziehungstradition? In ihrem Buch "Die geprügelte Generation: Kochlöffel, Rohrstock und die Folgen" hat sich die Autorin Ingrid Müller-Münch mit diesen Fragen befasst. Sie hat aufgezeigt, wie sich der Vertrauensbruch der Eltern auf die Biografie der Kinder ausgewirkt hat. Wie die demütigenden Schläge die Gefühle, den Alltag und die Beziehungen einer ganzen Generation bis heute beeinflussen. Am Donnerstag, 2. Juni, wird Ingrid Müller-Münch ab 19.30 Uhr in der Alten Lateinschule zu diesem Thema sprechen und mit den Besuchern diskutieren. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich; Karten sind an der Abendkasse erhältlich.

Ehemaliges Heimkind

Am Abend darauf, am Freitag, 3. Juni, wird das Schicksal eines ehemaligen Heimkindes, das in die Mühlen des bundesrepublikanischen Erziehungs- und Heimsystems der 1960er- und 70er-Jahre geraten ist, in einer Lesung mit Musik vorgestellt. Der Autor Clemens Maria Heymkind hat die erschütternden Erfahrungen, die er in seinem Buch "Verloren im Niemandsland" beschreibt, selbst erdulden müssen. Er wurde mit seiner Zwillingsschwester vom Säuglingsalter an zwischen Krippen und Heimen hin- und hergeschoben wie ein Stück Ware. Er landete schließlich in einem katholischen Kinderheim in einer bayerischen Kleinstadt, wo er seelisch gequält, sexuell missbraucht und körperlich schwer misshandelt wurde. Es ist ein beispielhaftes Schicksal, wie es nicht wenige der geschätzten 1,2 Millionen Betroffenen in deutschen Heimen zwischen 1949 und 1975 erlitten haben.

Die autobiografische Erzählung lässt erahnen, wie schwierig es für die Opfer war und ist, ihre Vergangenheit zu bewältigen sowie einen Weg ins Leben zu finden. Die Lesung findet ab 19.30 Uhr im Saal Schüz im Hermann-Hesse-Museum statt; der Eintritt ist frei.