Bevollmächtigte Dorothee Diem legte bei der Themenpräsentation mit Dampf vor. Hinten Moderator Alexander Dambach (rechts) und IG-Metall-Vorstandsmitglied Hans-Jürgen Urban. Foto: Eberhardt Foto: Schwarzwälder-Bote

IG-Metall-Diskussion der Vertrauensleute mit Bundestagskandidaten

Von Tina Eberhardt

Nordschwarzwald. Bei einer Beschäftigtenbefragung hatte die IG Metall die Handlungsanforderungen an die Regierungskoalition ausgelotet. Im Bezirk Freudenstadt wurden die Ergebnisse gleich an den Mann gebracht.

Arbeitsmarktsituation, Rente und Eurokrise waren die Themen, zu denen Moderator Alexander Dambach vom SWR-Studio Heilbronn bei einer Podiumsdiskussion der Vertrauensleute mit den Bundestagskandidaten des Wahlkreises Freudenstadt-Calw im Dornhaner Bürgersaal den Kandidaten Neues entlocken sollte. Doch davon schien es zunächst wenig zu geben.

Die Kandidaten hielten sich eng an ihre Parteiprogramme, und kurz vor der Bundestagswahl sind deren Kernbotschaften alle unters Volk gebracht. Zudem hatten die Teilnehmer spürbar an Routine in Sachen Diskussionskultur gewonnen. Polit-Predigten blieben aus, ebenso aber knackiges Klingenkreuzen. Hinzu kam, dass CDU-Kandidat Hans-Joachim Fuchtel der Veranstaltung aus terminlichen Gründen fernblieb und sein FDP-Kollege Reinhard Günther etwas verloren zwischen der rot-rot-grünen Gruppe von Saskia Esken (SPD), Dietmar Lust (Grüne) und Franz Groll (Linke) saß. Polarisierungspotenzial gab es da wenig, stattdessen ein Bild hartnäckiger Harmonie.

Saskia Esken zollte Reinhard Günther Anerkennung für dessen klare Ablehnung der gegenwärtigen Leiharbeitspraxis, Dietmar Lust versorgte derweil seine Nebensitzer kollegial mit einer Runde Wasser.

"Eine Lektion in Sachen demokratischer Streit", kommentierte Moderator Alexander Dambach, dem angesichts des zahmen Trupps wenig anderes blieb, als den Zeitplan zu koordinieren. Dabei hatte die IG Metall einen scharfen Gang vorgelegt.

In Videoeinblendungen präsentierten die Bevollmächtigten Dorothee Diem und Reiner Neumeister Umfrageergebnisse, verbunden mit finsteren Zukunftsszenarien, deren Schwung jedoch von der demonstrativen Einsichtigkeit der Kandidaten gebremst wurde. Pfeffer in die Suppe streute da mit Gusto das IG-Metall-Vorstandsmitglied Hans-Jürgen Urban, der als Konterpart der Kandidaten deren Aussagen zerpflückte und zu Hochform auflief.

Die Reue der Politiker etwa angesichts der in Grundzügen sinnvollen, aber missbrauchten Leiharbeitspolitik hatte da wenig Chancen. "Was haben Sie denn gedacht, worauf das hinausläuft, wenn man dem Hund so die Wurst auf den Teller legt?", schoss Urban.

Auch der Versuch von Reinhard Günther (FDP), die Zuständigkeit für Lohngerechtigkeit, Altersvorsorge und den Abbau von Arbeitsverdichtung in das Feld der Gewerkschaften abzuschieben, scheiterte an der scharfen Analytik des IG-Metall-Funktionärs. "Ein Politiker, der keine Politik machen will", spöttelte Urban und drehte den Spieß zur Heiterkeit der Zuhörer um: "Darf ich das so verstehen, dass die FDP höhere Löhne fordert?"

Bei den Themen Rente und Steuerpolitik kam die Runde schließlich langsam in Schwung. So weit, dass man sich hier auf einen Nenner einigte, ging der überparteiliche Konsens in Dornhan jedoch nicht. Auch das Publikum wurde angriffslustiger. Private Altersvorsorge könnten sich viele nicht leisten, gleichzeitig sinke das Rentenniveau, lautete ein unter Applaus vorgetragener Vorwurf. "Wovon sollen wir später leben?" Mit der Forderung nach einer Mindestrente konnte zumindest die rot-rot-grüne Parteienfront Punkte sammeln.

Dass die FDP im Gewerkschaftspublikum keinen leichten Stand hatte, überraschte nicht. Doch auch dem rot-rot-grünen Parteienfeld mochte man nicht ohne Vorbehalt begegnen, was vor allem Franz Groll zu spüren bekam, dessen Ausführungen teils skeptisch bemurmelt wurden. Aber auch wer nicht wählt, wird regiert. Die Gewerkschaftsspitze beschloss den Abend deshalb mit einem eindringlichen Appell an die Bürgerpflicht zum Wahlgang.