Manches deutsche Callcenter ist im rumänischen Hermannstadt zuhause. Foto: Archiv Foto: Schwarzwälder-Bote

Internationale Konzerne beschäftigen tausende Mitarbeiter / Staatskrise spielt bei SRH-Kongress kaum eine Rolle

Von Alfred Verstl

Calw. Die Resonanz auf den Rumänien-Kongress der SRH-Hochschule Calw war gering. Das Image des Landes ist nicht das beste. Vom Machtkampf, der seit Monaten zwischen Präsident und Regierung tobt und das Land in eine schwere Staatskrise gestürzt hat, war überraschend wenig die Rede.

Wer Honorarkonsul von Rumänien ist, bemüht sich natürlich um den Ruf des Landes. So macht denn Manfred Schmitz kein Hehl daraus, dass aus seiner Sicht deutsche Medien zu negativ berichten. "Unternehmen, die wir mit der L-Bank nach Rumänien begleiten, sind alle zufrieden", stellt er als stellvertretender Vorstandsvorsitzender der baden-württembergischen Förderbank fest.

In der Tat war bei dem Kongress manches zu hören, was dem Klischee des Landes widerspricht. "In Deutschland rollt kein Auto mehr vom Band, in dem nicht Teile aus Rumänien stecken", sagt Annika Pattberg, die für die Germany Trade and Invest, eine Gesellschaft des Bundeswirtschaftsministeriums, aus Rumänien, Bulgarien und Moldawien berichtet.

Dabei handelt es sich beileibe nicht um Billig-Kleinteile. So lässt der Autozulieferer Marquardt GmbH, Rietheim-Weilheim (Kreis Tuttlingen), seine hochkomplexen Schließsysteme für Mercedes in dem Karpatenland herstellen.

Pattberg weiß noch ein anderes Beispiel: "Wenn Sie Probleme mit ihrem Handy haben und eine Hotline anrufen, kann es gut sein, dass Sie im siebenbürgischen Hermannstadt landen. Das merken Sie gar nicht, so gut deutsch sprechen dort die Mitarbeiter."

Mittlerweile verlagern deutsche Unternehmen ihre Forschung nach Rumänien, wie etwa der Systemlieferant Continental. Auch viele internationale Konzerne wie Oracle, IBM, Hewlett Packard und Microsoft beschäftigen dort viele tausend Mitarbeiter.

Die EU-Mitgliedschaft, eine niedrige, einheitliche Besteuerung von 16 Prozent, gute Fremdsprachenkenntnisse und niedrige Löhne zählen Schmitz und Pattberg als Pluspunkte auf.

Zugleich wird nicht verschwiegen, dass es Probleme gibt. So kommt vor allem der dringend notwendige Ausbau der Infrastruktur nicht voran. Das beginnt damit, dass es kaum Erfahrungen mit der Umsetzung von Großprojekten gibt. Bei den milliardenschweren Planungen für den Ausbau des Straßennetzes und der Bukarester U-Bahn gibt es Probleme bei den Ausschreibungen. Dazu tragen Korruption, Mängel im Rechtssystem, schleppende Reformen und eine schwerfällige Bürokratie bei. Rumänien-Kenner wundern sich schon längst nicht mehr, dass auffallend viele Beamte des Wirtschaftsministeriums Porsche oder Ferrari fahren.

Mögen auch die Unterschiede in Kultur und Mentalität zwischen Rumänien und Deutschland groß sein, so ist der Balkan noch manchmal näher als viele denken. Korruption gibt es in Deutschland auch in unerfreulich hohem Ausmaß, stellt Claudia Ossola-Haring fest. Was der Umgang mit Großprojekten angeht, da verweist die Betriebswirtschaftsprofessorin der SRH Hochschule süffisant auf die Hamburger Elbphilharmonie und den Berliner Großflughafen.