Ann-Kathrin Eckardt berichtete sehr authentisch über ihre Erfahrungen in der Flüchtlingshilfe. Foto: Stöß Foto: Schwarzwälder-Bote

Flüchtlinge: Autorin Ann-Kathrin Eckhardt berichtet von ihren eigenen Erfahrungen / Keine Alternative

Calw. "Schlimmer als jammern ist nur noch, zu jammern und nichts zu tun." Wie für das Leben allgemein gilt auch für die Flüchtlingshilfe: Wenn der Frust allzu mächtig zu werden droht, dann wird dieser Satz von Ann-Kathrin Eckardt eine Hilfe, zumindest Trost sein.

Preis bekommen

Manch ein Zuhörer, der sich in der Flüchtlingshilfe engagiert, könnte sich bei ihrem Vortrag an der Calwer Volkshochschule (Vhs) wiedererkannt haben. Die Journalistin und Autorin Eckardt hat, so Vhs-Leiter Sebastian Plüer, selbst eine Biografie in der Flüchtlingshilfe vorzuweisen. Dort bewegt sie sich zwischen dem Willen zu helfen und der Frustration. Für ihr Buch "Gute Menschen – eine erste Bilanz der Flüchtlingshilfe" hat sie den Karl-Buchrucker-Preis bekommen.

Der Autorin merkt man schnell an, dass sie über dieses Thema authentisch reden kann. Legitimation zur Mitsprache hat sie sich durch zwei Patenschaften für irakische Familien erworben. Bei dem, was sie schildert, kann man mit mitfühlen, wie ihr manchmal danach zumute ist, alles wieder hinzuschmeißen. Wenn sie sich um Hilfsangebote bemüht, die dann aus Gründen scheitern, die nach dem westlichen Selbstverständnis nur schwer nachzuvollziehen sind. Wenn das Bemühen um Integrationsangebote am Ende nicht klappt, weil ein anderes (kulturell geprägtes) Denken die Oberhand behält. Eckardt gibt unumwunden zu, dass sie selbst erschrocken ist, als sie gängige Vorurteile bei sich entdeckte. Mittlerweile hat sie aber erkannt, dass sie dann besonders enttäuscht war, wenn sie Erwartungen durch die eigene Brille gesehen hat.

Obwohl noch recht jung an Jahren (Jahrgang 1979) hat die Redakteurin wertvolle Erfahrungen hautnah gesammelt. Diese hat sie in ihrem Buch zusammengefasst. Ann-Kathrin Eckardt liest Passagen daraus vor. Manches kommt einem sofort bekannt vor. Fragmente, die gut und gerne auch zu einer Stammtischdiskussion passen könnten. Fremde Kulturen versus christlich orientiere Wertegemeinschaft. Welchen Sinn soll es haben, sich zu engagieren, wenn immer wieder Frusterlebnisse das eigene Engagement zunichte zu machen drohen? Wenn "die da" für Frust sorgen? Undankbar und fordernd seien, sonst nichts.

Beide Seiten

Und dennoch! Eckardts Ansatz ist der, dass die Leute nun mal da sind. Nun liegt es an der hiesigen Wertegemeinschaft, zu helfen. Es gäbe schlicht und einfach keine Alternative. Das bedeutet nicht, dass sich Eckardt dem, was ist, einfach so beugt. Sie argumentiert aber nicht einseitig, nicht opportunistisch und nicht einem Mainstream folgend. Sie beleuchtet beide Seiten der Medaille.

Hilfreich sei, betont sie, sich bewusst zu machen, dass Flüchtlinge mit ganz anderen Vorstellungen kommen. Diese treffen dann auf eine andere Wirklichkeit. Sie kommen mit Erwartungen, die mit (oft falschen) Erzählungen Dritter gespeist sind. Es helfe, sich bewusst zu machen, dass Ernüchterung zum Helfen dazu gehört.

Aber, so Eckardt, Flüchtlinge können auch ein Segen sein. Man brauche in Zukunft noch viele junge Menschen aus anderen Teilen der Welt hier in Deutschland und in Europa. Es sind die kleinen und großen Erfolge, die sie immer wieder zum Weitermachen anspornen. Seien es die vier Kinder, die inzwischen einen Kindergartenplatz haben. Oder das Kind, das mit einem besonderen Lob nach Hause kommt und so besondere Wertschätzung erfährt.

Zur Wahrheit gehören für Ann-Kathrin Eckardt die Menschen, die Unrecht begehen. Die Journalistin plädiert dafür, dass Kriminelle auch dafür bestraft werden müssen. Abschiebung gehöre zum System selbstverständlich dazu. Jedoch gehöre es auch zur Pflicht der Gesellschaft, dass alles schneller geregelt und rascher gehandelt wird.

Eckardt hat für sich selbst erkannt, dass ihr die Kontakte zu den Flüchtlingen viel geben. Sie weiß, dass sie weiterhin für ihre beiden Flüchtlingsfamilien da sein wird. Weil die Erfahrungen, egal ob gut oder schlecht, ihr eigenes Leben bereichern. Und weil es zur Integration der Flüchtlinge aus ihrer Sicht keine Alternative gibt.