Im Foyer der Firma Börlind hatten die Besucher des Lesesommers ein großartiges Hörerlebnis. Foto: Bausch Foto: Schwarzwälder-Bote

Ausdrucksstarke Musik untermalt Texte beim Lesesommer

Von Bettina Bausch

Calw. "Wege und Irrwege der Liebe" lautete das Motto der jüngsten Lesung aus zwei Hesse-Texten, die zahlreiche Besucher im Foyer der Naturkosmetikfirma Börlind erlebten. Bei der Auswahl der Texte, die der Initiator des Lesesommers, Herbert Schnierle-Lutz, getroffen hatte, lag die Betonung allerdings mehr auf "Irrwege der Liebe".

Dies wurde besonders deutlich bei den gelesenen Abschnitten aus Hesses Erzählung "Hans Amstein", die der Dichter im Alter von 26 Jahren schrieb. Schauplatz der Erzählung ist ein "Schwarzwaldnest", in dessen Nähe sich eine Försterei befindet. Der Ich-Erzähler und sein Freund Hans leben in Tübingen und besuchen immer wieder einen Onkel in dem idyllischen Schwarzwaldstädtchen. In dessen Haus lebt auch seine Tochter Berta, eine Cousine des Erzählers. Hans befreundet sich mit ihr, und es deutet sich an, dass daraus mehr werden könnte. Doch da zieht ein neuer Oberförster ins Forsthaus. Seine Adoptivtochter Salome ist nicht nur bildhübsch, sondern treibt auch intrigante Ränkespiele mit Männern, die ihr gleich reihenweise verfallen.

Salome bezirzt Hans aus Eitelkeit und Narzissmus ganz bewusst. Sie gibt ihm dann später jedoch auf brutale Weise zu verstehen, dass sie nur mit ihm und seinen echten Gefühlen gespielt hat. Außerdem hat Hans Berta maßlos enttäuscht. Er nimmt sich das Leben. "Als Vorbild für die schöne intrigante Salome kann eine 17-jährige in Indien aufgewachsene englische Missionarstochter vermutet werden, die um 1875 eine zeitlang im Haus von Hesses Großvater Hermann Gundert mitlebte und dabei etlichen Männern den Kopf verdreht haben soll", erläuterte Hesse-Kenner Schnierle-Lutz.

Für die sichtlich berührten Besucher war die subtile einfühlsame Art, wie Hesse die Ereignisse und die innere Not des Hans beschreibt und sich schließlich das Leben nimmt, anrührend und inspirierend zugleich. Auch die ausdrucksstarke Musik trug wesentlich dazu bei, dass der Abend zu einem großen Erlebnis wurde. Musikpädagoge Rainer Hill (Violine) und Delphine Henriet (Cello) hatten für die Lesung Musik von Maurice Ravel, Ludwig van Beethoven, Antonio Vivaldi und Arthur Honegger ausgewählt, die ausgezeichnet dargeboten wurde und die auf eindrucksvolle Weise dazu betrug, die Personen zum Leben zu erwecken.

In der zweiten gelesenen Erzählung, "Die Nichtraucherin", blickt Hesse zehn Jahre später eher etwas belustigt auf das so vielfältige Thema Liebe. In dieser Geschichte zeigt der Dichter augenzwinkernd, wie Männer Frauen verehren, sich dabei jedoch nicht in die Karten schauen lassen wollen.

"›Die Nichtraucherin‹ hat Hesse vermutlich bei einer seiner Italienreisen mit dem Komponisten Ottmar Schoeck erlebt", so Schnierle-Lutz. Beeindruckend war auch bei dieser Lesung wieder die Art des ausdrucksstarken professionellen Vortrags von Schauspielerin Anna Greiter sowie des Nachrichtensprechers und Moderators Benedikt Schregle.

Beide verstanden es ausgezeichnet, den Text feinfühlig und mit viel innerer Beteiligung so zu lesen, dass die Besucher ein großartiges Hörerlebnis hatten und am Ende begeistert Beifall spendeten.