Foto: Schwarzwälder-Bote

Faschingszeit ist Maskenzeit. Nicht nur die Kinder lieben es, sich zu

Faschingszeit ist Maskenzeit. Nicht nur die Kinder lieben es, sich zu verkleiden. Mal in eine andere Rolle zu schlüpfen, wünschen auch wir Erwachsenen uns immer wieder: ein Stärkerer, ein Mächtigerer, ein Wilderer, ein Exotischerer, ein Mutigerer oder einfach ein anderer zu sein. Nicht mehr der zu sein, der am Arbeitsplatz oder in der Familie funktionieren muss, der am Montagmorgen schon weiß, wie die Woche laufen wird.

In der neuen Rolle vergesse ich meinen Alltag, lasse meine Grenzen und die Sachzwänge, die mich sonst leiten, hinter mir. In der neuen Rolle kann ich Dinge tun, die ich normalerweise nicht tun oder mir nicht getrauen würde. Die Maske gibt mir dabei Sicherheit und sie entschuldigt mein Handeln, wenn ich die Alltagsregeln hinter mir lasse oder wenn etwas daneben geht. Schließlich war nicht ich es, sondern die Maske, die mir vorgegeben hat, was ich zu tun hatte.

So rechtfertigt mich auch meine Maske vor anderen und vor mir selbst. Wenn ich dann die Maske ausziehe, lege ich auch die Rolle ab, kehre zurück in meinen Alltag und bin wieder ich.

Masken spielen nicht nur im Fasching eine große Rolle. Oft tragen wir auch im normalen Leben eine Maske und spielen eine Rolle, die andere oder wir selbst von uns erwarten. Einerseits gibt uns die Maske Mut, Sicherheit und Orientierung, doch andererseits stellt sich die Frage, ob die Rolle, die ich spiele, mir tatsächlich entspricht.

Die Maskerade kann zur Frage der Identität werden: Wer bin ich wirklich? Wer will ich sein? Was entspricht mir und was nicht? Tragisch wird es, wenn ich merke, dass die Rolle, die ich persönlich, familiär oder beruflich spiele, von einer Maske vorgegeben wird, die mir nicht entspricht. Denn dann kommt meine Identität nicht von mir, sondern von etwas Totem und Hohlem, das mein eigentliches Gesicht verdeckt. Die Anerkennung, die ich erhalte, gilt dann letztlich nicht mir, sondern lediglich der Maske vor meinem wahren Gesicht.

Die Maske, die mir Mut und Sicherheit in meiner Rolle geben sollte, wird dann zum Gefängnis meiner selbst. Wie werde ich frei?

In 1. Samuel 16, Vers 7 heißt es: "Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; Gott aber sieht das Herz an." Ja, Gott kennt mich mit meinen Gaben und Grenzen, mit meiner Geschichte und meinen Eigenheiten von Grund auf und liebt mich (trotzdem!).

In der Beziehung mit ihm brauche ich keine Maske, darf mir selbst in die Augen schauen und lernen, auch andere maskenlos anzunehmen. Das ist Freiheit!

  Thorsten Trautwein ist Schuldekan für die Kirchenbezirke Calw, Nagold und Neuenbürg