Als der Bauabschnitt Innenstadt realisiert wurde, gab es schon eine zweite Haushaltsstelle. Das wurde aber jetzt erst festgestellt.Archivfoto: Verst Foto: Schwarzwälder-Bote

Schon wieder Mehrkosten bei Abwasserkonzeption Holzbronn-Liebelsberg / Gebühren bleiben in etwa gleich

Von Hans-Jürgen Hölle

Calw. "Das ist ja der Horror", meinte jemand aus dem Gemeinderat, als bei der Sitzung des Gremiums am Donnerstagabend im Hirsauer Kursaal schon wieder die Rede von Ungereimtheiten bei den Abrechnungen für die Abwasserkonzeption Holzbronn-Liebelsberg.

Etwa 1,5 Millionen Euro sind im Jahr 2011 mehr abgeflossen, als es hätten tatsächlich sein dürfen. Nach dem damaligen Wissen der Verantwortlichen bei der Stadt hätten die Kosten nur über eine Haushaltsstelle, nämlich über den "Bauabschnitt Innenstadt" abgerechnet werden dürfen. Es gab aber mit der Badstraße noch eine zweite Haushaltsstelle.

Entdeckt hat diese erst unlängst der frühere Stadtkämmerer Bernhard Bührle, der jetzt bei der Stadtverwaltung eine Stabsstelle leitet, die sich um Verwaltung und Controlling der städtischen Beteiligungen kümmert.

Nach den überplanmäßigen Ausgaben wegen des schwierigen Baugrunds im Walkmühleweg und im Kohlerstal von 1,05 Millionen Euro (wir berichteten) kommen jetzt also weitere 1,5 Millionen dazu. So langsam wird bei dieser Maßnahme die 20-Millionen-Grenze angesteuert. Neun Millionen Euro sollten es nach den allerersten Kostenschätzungen einmal sein. Im Gegensatz zu den wirklich nicht vorhersehbaren Steigerungen, von denen die Stadtverwaltung in der vergangenen Woche berichten musste, sind die jetzt festgestellten Ungereimtheiten wie beim großen Kostensprung vor drei Jahren auf 16 Millionen Euro unter anderem auf fehlendes Controlling zurückzuführen, wie gestern im Gespräch mit unserer Zeitung Oberbürgermeister Ralf Eggert und Bernhard Bührle erläuterten. Ein Schuldiger sei aber nicht eindeutig auszumachen. "Und auch mein Vorgänger Manfred Dunst hat davon nichts gewusst, als er seinerzeit den Gemeinderat über den Stand der Dinge informierte", so Ralf Eggert.

Als er seinen Dienst antrat, war das Kind schon in den Brunnen gefallen. In der Sitzung des Gemeinderats bekannte der OB, dass er hinsichtlich dieser Maßnahme von Anfang ein komisches Gefühl gehabt habe. Wenn bei einer solchen Größenordnung immer alles im Kostenrahmen liege, dann könne nicht alles stimmen, würden ihm seine Erfahrungswerte sagen, erläuterte Eggert im Gespräch mit unserer Zeitung. Auch deswegen sei es sein Wunsch gewesen, dass in der Verwaltung eine neue Stabsstelle entsteht und diese mit Bernhard Bührle besetzt wird. Nur hätte dieser in die Zukunft arbeiten sollen. Jetzt müsse er sich mit der Vergangenheit beschäftigen.

Und sich natürlich auch mit den Abwassergebühren befassen, die ohnehin neu kalkuliert werden sollten. Von signifikaten Änderungen, so Eggert, sei nicht auszugehen. Der OB ärgert sich natürlich über die neuerliche Malaise ebenfalls: "Wo es doch sonst im städtischen Haushalt gar nicht so schlecht aussieht." Bernhard Bührle bestätigt dies: "Wenn im Oktober der zweite Finanzzwischenbericht vorgestellt wird, dürften wir nach wie vor ein Plus von rund 800 000 Euro haben."

Kommentar

Von Hans-Jürgen Hölle

Zum finanziellen Desaster ist die Umsetzung der vom Land vorgegebenen Abwasserkonzeption Holzbronn-Liebelsberg längst ausgeartet. Aber es geht noch schlimmer. Zuletzt wurde offenbar, dass schwierigste Bodenverhältnisse einen weiteren Kostensprung auf rund 18 Millionen Euro nach sich ziehen werden. Und jetzt stellte sich heraus, dass noch mehr Abrechnungen fehlerhaft sind. Die Ursache ist die selbe wie bei der Kostenexplosion von neun auf 16 Millionen Euro vor drei Jahren: fehlendes Controlling. Die Gründe sind es auch: ein überfordertes Planungsbüro sowie die Tatsache, dass das Land mit Zuschüssen gelockt hat und Regierungspräsidium sowie Landratsamt Druck gemacht haben. Dass jetzt die Kosten von 20 Millionen Euro ebenfalls mit 72,5 Prozent bezuschusst werden ist, nur ein schwacher Trost: Auch das geht zu Lasten des Steuerzahlers.