Architektur: Ringinger Neubau lässt die Fachwelt aufhorchen / Fast autark, nachhaltig, stylisch

Früher stand an dieser Stelle in Ringingen die alte Schmiede. Der Name Schmittenrain verrät das noch. Die Gebrüder Rupp haben darauf nun ein Gebäude erstellt, das in vielerlei Hinsicht ein Novum ist.

Burladingen-Ringingen. Das Haus lässt die Architektur- und Ingenieurswelt aufhorchen. "Jetzt ist es halt eine Ideenschmiede", sagt der Ringinger Architekt Jürgen Rupp lachend. Er und seine Brüder Alexander und Matthias "haben halt alle irgendwie den Bauwurm im Blut", kommentiert er das erfolgreiche Trio.

Der Vater gründete ein Baugeschäft, der Sohn Alexander führt es weiter, Jürgen Rupp wurde Architekt und auch Matthias ist als Bauingenieur tätig. Bei so viel Hingabe in Sachen Konstruktion musste etwas Besonderes heraus kommen, und tatsächlich: Mittlerweile gibt es zu dem Neubau in Ringingen eine Bachelor-Arbeit, Gruppen von Architekten und Ingenieuren werden regelmäßig durch das Haus geführt und auf die Methode mit der die Brüder ihre Fotovoltaikanlage mit der Solarthermie gekoppelt haben, halten sie sogar ein Patent.

Auch Fachzeitschriften haben sich schon angemeldet um über die Haustechnik zu berichten. 2012 kauften die Brüder das Grundstück und waren sich einig: Wir wollen was Besonderes machen. Sie wollten auch zeigen, dass Fortschritt durchaus auch aus der ländlichen Region kommen kann.

Was das Gebäude so speziell macht, ist aber nicht nur der Stil. Der mutet zwar futuristisch modern an, greift aber das Alte auf und führt es fort. "Früher standen an dieser Stelle drei Einheiten, die Schmiede, ein Wohnhaus und eine Scheuer. Das wollten wir mit der Unterbrechung der Fassade auch wieder andeuten", kommentiert Rupp. Es sind also drei Reihenhäuser entstanden, die durch das Untergeschoss mit den Eingängen, Garagen, Nebenräumen und der Haustechnik miteinander verbunden sind. Die Fassade der drei eigenständigen Baukörper besteht aus Ziegelsteinen, die sich aber farblich jeweils leicht unterscheiden und auch damit den Einklang andeuten.

Erste Schwierigkeit: das Grundstück hat von der Straße nach hinten verlaufend eine Höhenunterschied von 4,5 Meter zu bewältigen. Was das Gebäude aber zu so etwas Besonderem macht, ist die Technik. Die drei Rupp-Brüder brachten alle Fachingenieure an einen Tisch, forderten sie zur Zusammenarbeit auf und gaben sich mit den vorgefertigten Lösungen nicht zufrieden. Sie wollten eine Kombination der verschiedenen regenerativen Energieansätze erreichen.

"Es gab ja schon Photovoltaik und Solarthermie auf dem Markt, und auch Kombikollektoren, aber so wie wir hat das noch keiner zusammengeführt", kommentiert Jürgen Rupp, der sein Architekturbüro jetzt im Erdgeschoss des Gebäudes hat. "Nicht ein Kilowatt kommt aus Atomstrom", freut sich der 38-Jährige. Das hält er angesichts der Probleme mit der Entsorgung der Brennstäbe und dem Atommüll nicht nur für ökologisches Denken. "Es ist einfach vernünftig", stellt er klar. Der Technikraum des Hauses ist also gespickt mit Leitungen, Messgeräten und neu entwickelten Batterien.

"Wir haben in den vergangenen sonnenreichen Wochen mehrfach innerhalb von 24 Stunden eine Autarkie von über 99 Prozent erreicht", freut sich der Ringinger. Und das betrifft nicht nur die Versorgung des Heizsystems inklusive Warmwasserbereitung sondern auch alle anderen Stromverbraucher. Also Beleuchtung, Kühlschrank, Fernseher, Waschmaschine oder Herd.

Selbst der komplette Verbrauch des firmeneigenen Elektro-Fahrzeugs ist in der Rechnung enthalten. "Über das Jahr gerechnet werden wir wohl mit der aktuellen stationären Batterie-Kapazität auf eine Autarkie von 70 bis 80 Prozent kommen". Und damit ist noch kein Ende der Fahnenstange erreicht, denn die Entwicklung einer besonderen Batterie, die die drei Brüder den Fachingenieuren abgerungen haben, macht ein Aufstocken der Kapazität problemlos möglich.

Verbaut haben die Rupps dabei durchweg Materialien aus der Region. Die Deckenverkleidung der Schallschutzdecke ist aus heimischer Weißtanne, das Parkett aus dem Schönbuch und die bodentiefen Fenster, die Licht und Sonne hereinlassen, aus Laichingen. In dem ganzen Objekt gibt es keine einzige Glühbirne, alles ist LED. "Es ist ein Herzblutprojekt, bei dem auch wir viel dazu gelernt haben", sagt Jürgen Rupp und blickt von der Terrasse hinauf zur Nähbergruine. Bemerkenswerte Ringinger Baukunst aus 1000 Jahren - auf einer Luftlinie vereint.