Jo Schmieg hat makabere Pointen parat. Foto: Bender Foto: Schwarzwälder-Bote

Mundartstammtisch: Zum dritten Mal geben sich die Künstler in Melchingen die Klinke in die Hand

Burladingen-Melchingen (vb). Beim 3. Melchinger Mundartstammtisch ließen die Mundartdichter tief in die schwäbische Seele blicken. Mit Witz und Gesang unterhielten die regionalen Poeten die Gäste im "Ochsen".

Lokalmatador Adelbert Barth hatte gerufen, und viele waren gefolgt. Die Einheimischen und Auswärtigen saßen dicht gedrängt – und das will bei Schwaben schon etwas heißen. Liebt es diese Volksgruppe doch bekanntlich nicht, wenn sich ein Fremder dazusetzt. Doch am Mittwoch "verstand" man sich im wahrsten Sinne des Wortes. Hauptakteure des Abends waren Roland Single und seine Tochter Jessica aus Winterlingen. Aus ihrem Programm "Wer nemmt denn heit de Baba?" wurde musiziert und erzählt – natürlich auf Schwäbisch. Und mit Seitenhieben wurde auch nicht gespart.

Dieses Mal traf es die Hörschwager besonders hart: "Fragt ein Salmendinger einen Hörschwager, was riegeldumm sei und vier Füße habe. Die Lösung des Salmendingers lautet: ›Du und dein Bruder.‹" Daraufhin stellt der Hörschwager einem Melchinger dieselbe Frage. Als dieser keine Antwort weiß, meint der Hörschwager ganz stolz: "Ha, i und mei Bruder." Und schon wurde das "Seckellied" angestimmt. Auf fremde Kosten lacht es sich bekanntlich am besten.

Eine Liebeserklärung an die neue Heimat

Ludwig Bosch erklärte gleich mal: "Junginger Schwäbisch isch des scheescht." Und, obwohl nach eigener Aussage "neu in der Szene", unterhielt Bosch die Massen. Seine Junginger Kollegin Maria Dietmann hatte sogar ein gereimtes Wörterbuch mit 90 urschwäbischen Begriffen auf Lager und meinte, die Welt wäre absolut friedlich, wenn jeder wie die Schwaben wäre – auch wenn in jedem Dialog das Goethe-Zitat vorkomme.

Im Sebastian-Blau-Stil trug Jürg Gaebele aus Rottenburg seine Gedichte vor und machte den "Wengert" zum Thema. Vom "Moscht" hatte es Hannegret Bausinger aus Melchingen. Der Schwabe in ihrem Gedicht wird wohl nie wieder in die Schweiz fahren, denn an der Grenze wurde er vom Schweizer Zöllner belehrt, man müsse für Essig keinen Zoll zahlen, als dieser seinen Most mit zu den Eidgenossen nehmen wollte. Frechheit!

"Von der guten alten Zeit" erzählte Burladingens Nachtwächter Willy Gastel und wischte dem Publikum den Schleier von den Augen. So gut sei es damals nämlich gar nicht gewesen. Armut und Not, Hunger und Tod herrschten allerorten. Da konnte einem zwischendurch glatt das Lachen vergehen. Wenn Gastel nicht auch ein paar schwäbische Witze und Anekdoten auf Lager gehabt hätte.

Und schließlich durfte in der Runde der schwäbischen Mundartdichter Jo Schmieg aus Haigerloch nicht fehlen. Er gehört zum Melchinger Stammtisch einfach dazu und überraschte einmal mehr mit seinen recht makaberen Pointen.

Ein "Reigschmeckter" nutzte ebenfalls das Podium, um eine regelrechte Liebeserklärung an seine neue schwäbische Heimat abzugeben und die Leute seinen Ursprungsdialekt erraten zu lassen. Die Auflösung von Stephan Wagner lautete "Hessisch".

Das überwiegend schwäbische Publikum konnte einmal mehr über sich selbst und die schwäbischen Eigenheiten lachen. Und beim Hintergrundchor zu Roland und Jessica Singles Lied "all Samschtig Obend" waren die Gäste nicht mehr zu bremsen. Da mussten alle Adelbert Barth und seiner Nichte Lena zustimmen, als die beiden schmetterten: "Schwäbisch isch für mi a Philosophie". Ein wundervoller Abend ging spät zu Ende.