In Küchenkluft und mit ihren Instrumenten: Gerd Plankenhorn und Wolfram Karrer servieren im Lindenhof Satirisches als "haute cusine". Foto: Haug

Mit dem Stück "Gaisburger Marsch" guckt das Lindenhof-Theater den Schwaben in die Seele - und in den Kochtopf.

Burladingen-Melchingen - Das war schon lang mal fällig: Angesichts von Koch-, Grill- und Backshows auf allen Fernsehkanälen widmet sich auch das Theater Lindenhof in Melchingen mal wieder der Kulinarik und serviert seinen Zuschauern mit dem "Gaisburger Marsch" ein lachmuskelstrapazierendes Menü.

Und wie so oft, wenn der Vollblutmusiker Heiner Kondschak beim Lindenhof Regie führt, ist das, was er da in einem Topf zusammen rührt, schräg, skurril und superkomisch. Kondschak kann mit dem Duo Gerd Plankenhorn und Wolfram Karrer im wahrsten Sinne des Wortes ziemlich viele Register ziehen, denn beide machen sich auch als musikalisches Duo nicht schlecht und so wird der kulinarische Ausflug durchs Schwabenländle mit vielen Klängen untermalt.

Plankenhorn ist festes Ensemblemitglied im Lindenhof und spätestens seit dem ersten und jetzt so erfolgreich inszenierten zweiten Teil von "Poliakoffs Eventkapelle" weiß der Zuschauer: Derlei Rollen, in denen er Komiker und Musiker sein darf, sind ihm auf den Leib geschneidert. Den Musiker und Komponisten Karrer kennt Plankenhorn schon seit über 25 Jahren. Gemeinsam hatten sie beim Tübinger Sommertheater "Jerg Ratgeb, Maler" 1990 ihr Bühnendebüt. Karrer war als Musiker bei einigen Produktionen im Lindenhof mit von der Partie. Gemeinsam inszeniert haben sie den Dauerbrenner "Spätzle mit Soß" und die Idee, für eine Produktion, in der sie zu zweit auf der Bühne stehen, köchelt bei beiden schon seit ein paar Jahren.

Jetzt war die Produktion servierfertig und wurde dem Publikum unter dem Titel "Gaisburger Marsch – Schwäbisch à la carte mit pikanter Musik" bei der Premiere in der vergangenen Woche brandheiß serviert.

Da wurden zunächst "the big five", also die fünf bedeutendsten Zutaten zur schwäbischen Küche vorgestellt: Dr’ Preschtling, die Schupfnudel, die Krummbeere, die Bubaspitzle und die Laugenbrezel und schon erklang der Rock ’n’ Roll vom "Brezelbua", den Karrer auf dem Akkordeon schwungvoll intonierte und den Plankenhorn wie ein gefeierter Teenieschwarm mit dem Stabmikrofon über die Bühne laufend wie einst Mick Jagger darbot. Die Brezel, so jubelt Plankenhorn, soll es ab diesem Sommer sogar als Emoticon für digitale Nachrichten geben.

Es folgte ein Gang nach dem anderen und vieles, was rund um Ernährung und Kochen gerade diskutiert wird, zogen die beiden durch den Kakao. Da spielten sie zwei Sterneköche, vom französischen "Mischlä" hochgeschrieben, die sich darüber unterhalten, wie das zusätzliche Abkassieren auf dem Parkplatz, der Garderobe und bei der Anmeldung zur Prekariatsabwehrgebühr wird, weil man gewisse Leute im noblem Ambiente nicht haben will.

Mit Ironie beschrieben sie ausführlich das Leiden von gestopften Gänsen, die aber immerhin mit Bio-Mais traktiert werden und wie edelster Trüffel sich als Zutat teuer anhört und dabei noch jeden Geschmack, wenn in der Küche was misslingt, zudeckt. Da sang Plankenhorn den Krautwickel-Rap und Karrer erzählt gestenreich die Geschichte vom Wrap, dem Pfannkuchen, in den man alles einwickeln kann, was im Kühlschrank so übrig geblieben ist.

Da gab’s immer wieder den schweizerischen Fondue-Jodler und wenn die beiden ihre Kochhüte zurechtrückten und mit grünen Lampen die im Wald stehenden verstrahlten Pilze aus der Ukraine spielen, ist das fürs Publikum zwar leicht verdaulich, aber durchaus ein Ausflug in die schwerere Kost.

Ob der Mehlmotten-Stabreim oder der zur Melodie von James Browns Sexmachine-Hit vertonte Spätzlemaschehn-Song, ob der Diskurs über Gluten-Unverträglichkeit und Laktose-Intoleranz, über Low-Carb und vegane Ernährungsweise, die Legende von der Brezel oder die Herkunft des Namens "Gaisburger Marsch", da war alles mit reichlich Humor gewürzt und immer die richtige Prise Musik drin. Der Beifall des Publikums, dass nach einem Nachschlag verlangte, lässt den Schluss zu: Wenn’s um bekömmlich Satirisches geht, gibt’s im Lindenhof einmal mehr haute cuisine.