Auch die Gemeinderatsfraktionen sollen sich künftig im Amtsblatt äußern können. Foto: Rapthel-Kieser

Amtsblatt: Die Fraktionen sollen künftig Platz für ihre Selbstdarstellung bekommen. Thema ist noch ganz frisch. Mit Kommentar.

Burladingen - Burladingens Amtsblatt könnte künftig kontroverser werden. Der Landtag hat beschlossen, dass Fraktionen darin Platz bekommen sollen, um ihre Auffassungen zu Angelegenheiten der Gemeinde darzulegen. Stehen die Räte jetzt als Redakteure in den Startlöchern?

Jedenfalls müssen die Fraktionen dem Amtsblatt erst einmal ein Redaktionsstatut geben. "Der Gemeinderat regelt in einem Redaktionsstatut für das Amtsblatt das Nähere, insbesondere den angemessenen Umfang der Beiträge der Fraktionen", heißt es in der Verordnung, die der Baden-Württembergische Landtag am 16. Oktober dieses Jahres beschlossen hat. Konkret heißt das nicht nur, dass das Amtsblatt künftig nicht mehr allein der Selbstdarstellung des Rathauses dienen wird. Ohne die Fraktionen geht, was das Amtsblatt angeht, dann künftig nichts mehr. Denn ein Redaktionsstatut regelt alles, was diese Veröffentlichung betrifft.

Thema ist noch ganz frisch

Eine Palastrevolution in Sachen Gestaltung, Umfang und Themen ist aber wohl nicht zu erwarten. "Ich habe das eher so verstanden, dass wir Platz dafür bekommen, vielleicht unter einer Rubrik ›Gemeinderat aktuell‹, unsere Statements zu aktuellen Themen abgeben zu können", kommentiert Alexander Schülzle, Sprecher der Freien Wähler. Er räumt ein, dass das Thema noch sehr frisch ist. Seine Fraktion hat es gestern Abend in der Fraktionssitzung beraten. Auch CDU-Sprecherin Dörte Conradi bestätigt, dass das Thema Amtsblatt interessant ist, in einer der nächsten Fraktionssitzungen bei den Christdemokraten mal auf der Tagesordnung stehen und diskutiert werden soll.

Die CDU-Frontfrau war es auch, die in einer der jüngsten Sitzungen unter dem Tagesordnungspunkt Verschiedenes einmal monierte, dass der Bericht über eine Gemeinderatssitzung im Amtsblatt wie ein Protokoll abgefasst und zu einseitig formuliert sei.

Mit der Verordnung des Landes haben die Fraktionen jetzt jedenfalls großen Einfluss und jede Menge Spielraum was die Publikation aus dem Rathaus angeht. Eingeschränkt sind sie nur vor Wahlen. Beiträge der Fraktionen sollen da innerhalb eines bestimmten Zeitraums vor Wahlen, höchstens sechs Monate, ausgeschlossen sein.

All das bedeutet aber auch, dass Gemeinderat und Fraktionen neues Terrain betreten. Wer da künftig für das Abfassen der Statements zuständig sein und die Mehrarbeit auf sich nehmen soll, das muss jeweils noch geklärt werden. Genauso ob und wie die Fraktionen das Mehr an Eigendarstellung nutzen wollen. All das können sie in den nächsten Wochen selbst festlegen.

Der Bürgermeister von Burladingens Nachbargemeinde Gammertingen, Holger Jerg, hat jedenfalls schon reagiert. Er hat sich eine Journalistin zur Betreuung redaktioneller Fragen des Amtsblattes und für die Veröffentlichung und Bearbeitung von Texten und Stellungnahmen aus dem Rathaus ins Haus geholt.

Kommentar: Sonderfall

Von Erika Rapthel-Kieser

Welche Macht ein Amtsblatt in Sachen stadtpolitischer Kommunikation und Meinungsbildung der Bürger hat, mag dahingestellt sein. Der mündige Bürger kommt um eine Tageszeitung, die abgerückt von Polit-Fraktionen und mit Distanz zu Verwaltung und Parteien berichtet, die Themen aufgreift und kritisch hinterfragt, ohnehin nicht herum. Burladingen, die viertgrößte Stadt im Zollernalbkreis, ist seit Jahren allerdings ein Sonderfall. Im Gegensatz zu Albstadt, Hechingen, Balingen oder gar dem Landratsamt gibt Burladingen keine Pressemitteilungen heraus. Ein Thema, das die Fraktionen, wenn sie sich mit Publizistischem befassen und an einem Redaktionsstatut für ihr Amtsblatt feilen, ja vielleicht auch mal aufgreifen wollen. Das wäre ein Schritt zu mehr Transparenz. Mehr Selbstbeweihräucherung braucht dagegen niemand.