Der Burladinger Querulant muss für seine Taten ins Gefängnis.Symbolfoto: Führer Foto: Schwarzwälder-Bote

Schöffengericht des Amtsgerichts verurteilt Burladinger zu zwei Jahren und acht Monaten Haft

Von Erika Rapthel-Kieser

Burladingen. Die Nachbarn des Burladinger Ortsquerulanten und die Polizisten auf den Wachen Hechingen und Burladingen können vorerst aufatmen: Ihr Dauerproblem, der 57-jährige Textilhändler, wurde gestern zu zwei Jahren und acht Monaten Haft verurteilt.

Zahlreiche Fälle von Diebstahl, Nötigung, permanenten Ruhestörungen, Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung, Beleidigung, versuchte Erpressung, Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz und die Weitergabe von Drogen an Minderjährige hatten sich nach Antrag der Staatsanwaltschaft auf über 60 Monate Haft summiert, wurden aber, wie in solchen Fällen üblich, zusammengefasst.

"Bei Ihnen macht’s die Masse", begründete Amtsrichter Ernst Wührl gegenüber dem Angeklagten, warum das Schöffengericht bei der Strafzumessung für die vielen Anklagepunkte dann doch dem Antrag des Leitenden Oberstaatsanwalts Michael Pfohl gefolgt war. Der Verteidiger hatte auf ein Jahr und acht Monate plädiert. Pfohl war in den Einzelfällen jeweils am unteren Strafmaß geblieben, das wolle man nicht nochmal unterschreiten, so Richter Wührl.

Nachdem an den ersten beiden Prozesstagen rund 30 Zeugen zu den einzelnen Straftaten gehört worden waren, hatte gestern, am dritten Verhandlungstag, der forensische Psychiater sein Gutachten abgegeben. Er hatte ein Gespräch mit dem Angeklagten geführt, ein älteres Gutachten und mehrere Arztbriefe ausgewertet. Der Psychiater und Rechtsmediziner attestierte dem Angeklagten eine "bipolare affektive Störung", sprach von "paranoid anmutenden Auffälligkeiten, Wahnvorstellungen und Wirklichkeitsverlust". Dickfelliges Unbeteiligtsein, mangelnde Empathie, Egomanie, Narzissmus und eine niedrige Frustrationstoleranz seien typisch für diese Störung. Der übermäßige Konsum von Alkohol resultiere aus dieser Krankheit, sei aber nicht der Grund für das sozial unangepasste Verhalten. Der Mediziner empfahl Medikamente: Phasenstabilisatoren und ein Neuroleptikum. Er gab aber auch zu bedenken, dass, sollte der Angeklagte wieder auf freiem Fuß sein, "sein sozialer Empfangsrahmen nicht definiert" sei. Verwandte und Freunde haben sich längst vom Angeklagten losgesagt.

Staatsanwaltschaft und Gericht hatten danach abzuwägen, ob eine zwangsweise Einweisung in die Psychiatrie in Frage käme oder eine Haftstrafe. "Wir haben den Fall in unserer Behörde heftig diskutiert", räumte Pfohl ein. Und obwohl die Straftaten des Angeklagten an "der mittleren Kriminalität" kratzten, reichen sie für eine Zwangseinweisung nicht aus. Die sei zudem von uneinschätzbarer zeitlicher Dauer und dann zu befürchten, dass der Angeklagte nach drei Monaten wieder daheim sei, "seine Stereoanlage bedient und Burladingen zwischen ein Uhr nachts und fünf Uhr morgens mit 500 Watt beschallt."

Auch Wührl verwies in seiner Urteilsbegründung noch einmal auf die Nachbarn. "Gut, dass wir die als Zeugen gehört haben. Was ist das für eine Bestrafung, neben Ihnen leben zu müssen", hielt er dem Angeklagten vor. Auch über die Zukunft machte der Amtsrichter sich Gedanken: "Wenn die Strafe verbüßt ist, wie wird’s dann weiter gehen? Wann sehen wir uns dann wieder?"

Das Urteil wird rechtskräftig, wenn nach einer Woche weder Staatsanwaltschaft noch Verteidigung Widerspruch eingelegt haben.