Die Burg Hohenzollern wird 150 Jahre alt. Foto: Volker Rath

Komplizierte Geschichte: Burg Hohenzollern feiert zweite Einweihung der dritten Burg vor 150 Jahren.

Burg Hohenzollern - "Wir dürfen das große Werk erst dann für vollendet erachten, wenn der Eintritt der Südstaaten in den Bund erfolgt sein wird." Diesen mehrdeutigen Satz sprach am 3. Oktober 1867 im Grafensaal der Burg Hohenzollern Eduard von Simson, der Präsident des Norddeutschen Reichstags. König Wilhelm von Preußen antwortete, dass die Vorsehung auf seiner Seite stehe. Er trat als strahlender Sieger auf.

Der Dialog war Höhepunkt der Veranstaltung, die als Einweihung der dritten Burg Hohenzollern gilt und 150 Jahre später Anlass gibt innezuhalten und zu feiern. Der "Goldene Herbst" mit Königlichem Flanieren, geselliger Hockete und musikalischem Rahmenprogramm vom kommenden Samstag an mündet am Dienstag, 3. Oktober, in einen Festakt, der an das historische Ereignis erinnert. Wermutstropfen des Jubiläumsfests ist die Absage des Theaterprojekts, das der renommierte Melchinger Lindenhof beisteuern wollte. Die Aufführungen sind auf das nächste Jahr vertagt worden.

Erklärt werden muss immer auch, dass die Zollerburg im 11. Jahrhundert entstand, 1423 zerstört und seit 1454 im zweiten Versuch wieder aufgebaut wurde. Im frühen 19. Jahrhundert war das Bauwerk eine romantische Ruine, deren Wiederaufbau sich der schwärmerisch veranlagte preußische König Friedrich Wilhelm IV. zur Lebensaufgabe machte. Nachdem er 1850 Landesherr in Hohenzollern geworden war, bot sich die Gelegenheit, den Traum zu verwirklichen. Der preußische Festungsbaumeister Moritz von Prittwitz, der Berliner Hof-Architekt Friedrich August Stüler und als Ideengeber der Chefhistoriker des Königs, Rudolf von Stillfried, entwarfen die Pläne für die dritte Burg.

Der Festungsbau begann sofort, 1855 ging es mit dem Innenausbau weiter. Als alle Gebäude standen, zog 1856 die erste Burgbesatzung ein, eine Gardeschützenkompanie, die über Artillerie verfügte. Friedrich Wilhelm IV. feierte seine Einweihung am 3. Oktober 1856. Er legte den Grundstein für den Altar der evangelischen Christus-Kapelle und verfolgte den demonstrativ inszenierten Abschluss der Arbeiten am Bischofsturm. Die Burg war fertig und weithin sichtbarer militärischer Machtanspruch. "Vom Fels zum Meer", verkündete das Adlertor die nationalen Ambitionen des preußischen Königshauses.

Verwirklichen konnte sie erst Friedrich Wilhelms Bruder und Nachfolger Wilhelm, der "Kartätschenprinz", der 1849 den badischen Aufstand niedergeschossen und Hohenzollern militärisch besetzt hatte. 1866 gelang es ihm und seinem Ministerpräsidenten Otto von Bismarck, Österreich auszubooten. Über das im dänischen Krieg 1864 gewonnene Schleswig-Holstein entbrannte Streit. Seit dem Mai 1866 machte Preußen mobil, im Juni auf österreichischer Seite der Deutsche Bund, und am 3. Juli war mit der verheerenden Niederlage der österreichischen Armee bei Königgrätz alles entschieden. Preußen marschierte in Hannover, Kurhessen und Nassau ein und brachte die verbliebenen selbstständigen Staaten nördlich der Mainlinie im Norddeutschen Bund auf seine Seite. Wilhelm bewältigte auch die Luxemburgkrise im Frühjahr 1867 gut. Der Verkauf des Großherzogtums nach Frankreich konnte gestoppt werden. Im September 1867 hatte der Norddeutsche Reichstag seine konstituierende Sitzung.

Hechingen schmückt sich, Telegraphenstation verbreitet die Neuigkeit in die Welt hinaus

Danach konnte der König auf Reisen gehen. Der Zeitpunkt war mit Sorgfalt gewählt. Wilhelm gönnte sich eine Urlaubswoche auf der Insel Mainau und kam am Abend des 2. Oktober in Begleitung seiner Frau Augusta und seines Sohns, des Kronprinzen Friedrich, über Tübingen nach Hechingen. Die Stadt zeigte sich mit Blumen, Fahnen und Girlanden geschmückt, an den Ortseingängen standen kunstvoll gestaltete Ehrenpforten. Die Burg Hohenzollern war mit elektrischem Licht illuminiert. Die königliche Familie übernachtete im Schloss Lindich.

In der Burg Hohenzollern hatte Rudolf von Stillfried, mittlerweile im Grafenstand, am 30. September, Königin Augustas Geburtstag, feierlich den Schlussstein der evangelischen Kapelle gelegt. Am 3. Oktober 1867, genau elf Jahre nach der ersten Einweihung, veranstaltete Wilhelm die zweite. Der Tag begann mit Paraden der Burgkompanie, der Landwehr und der paramilitärischen jugendlichen Kleinen Garde. Graf Stillfried überreichte die symbolischen Schlüssel der Burg, danach wurden das Standbild Friedrich Wilhelms IV. im Burggarten enthüllt, die katholische Michaelskapelle re- und die evangelische Kapelle neu konsekriert. Beim Empfang im Grafensaal übergab Eduard von Simson mit Blick auf die Südstaaten die Resolution des Norddeutschen Reichstags.

In Wilhelms Reich fehlten noch Baden, Bayern, Württemberg und Hessen-Darmstadt. Sie zu beeindrucken, war Ziel der Feierstunde. Eine mobile Telegraphenstation am Fuß des Zoller war eingerichtet worden, um die Neuigkeiten schnell verbreiten zu können.

Drei Jahre mussten vergehen, bis Wilhelm am Ziel war. Am 18. Januar 1871 und nach dem Krieg mit Frankreich machten die Südstaaten mit bei seiner Erhebung zum deutschen Kaiser. Der Zoller stand in den nächsten Jahren im Ranking der Nationaldenkmäler ganz weit vorne. Er war Kaiserstammburg.

Die Bewährungsprobe als Festung ist der Burg Hohenzollern erspart geblieben. Im Krieg von 1866 gab Wilhelm seinen süddeutschen Besitz kampflos preis. Er zog die Burgkompanie und seine Polizei aus Hohenzollern ab. Auf Anordnung des Deutschen Bunds marschierten württembergische Truppen am 28. Juni in Hohenzollern ein. Sie stießen auf den passiven Widerstand der preußischen Zivilbeamten. Das Intermezzo dauerte gut einen Monat. Aus dieser Zeit erhält sich die Anekdote, die Württemberger hätten den Zoller in Olgaburg umgetauft als Hommage an ihre Königin.

Ständiger Wohnsitz von Angehörigen des preußischen Königs- und späteren Kaiserhauses war die Burg Hohenzollern nie. Kronprinz Wilhelm, den die Franzosen nach dem Zweiten Weltkrieg unter Hausarrest stellten, hielt es nur wenige Wochen dort aus und durfte noch 1945 nach Hechingen umziehen.

Louis Ferdinand Prinz von Preußen, sein Sohn, verschaffte der Burg neue Symbolik. Er holte 1952 die im Krieg aus Potsdam verlagerten Gebeine Friedrichs des Großen und des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. in die evangelische Kapelle der Burg und war Gastgeber der jährlichen Fridericus-Feiern am 24. Januar, in denen die Hoffnung auf eine deutsche Wiedervereinigung "in Frieden und Freiheit" aufrechterhalten wurde. Die Bundeswehr nutzte die Gedenkstunden mit Fahnenappellen zur Traditionspflege.

Louis Ferdinands Ehefrau Kira gründete eine Stiftung, die Ferienaufenthalte von Berliner Kindern in der Burg Hohenzollern organisierte. Die ersten Gruppen kamen 1954. Am 24. September 1961, wenige Tage nach Beginn des Mauerbaus, übernahm die Burg zwei Tore der im Krieg zerstörten Berliner Gedächtniskirche. In der neu eingerichteten Schatzkammer wurde die preußische Königskrone ausgestellt, die Bronzestatuen auf dem Basteiumgang kamen aus dem Berliner Zeughaus. Die Burg symbolisierte die Sehnsucht nach Einheit, den Alleinvertretungsanspruch der Bundesrepublik gegenüber der DDR und verhaltene politische Ambitionen des Hausherrn. Die triumphale Rückführung der königlichen Sarkophage aus der Christuskapelle 1991 markiert das Ende dieser Ära. Sinnigerweise sind die beiden Einweihungstage der dritten Burg heute deutscher Nationalfeiertag geworden.

Burg ist heute Freizeit- und Event-Location

Die moderne Burg Hohenzollern hat sich zu einer Freizeit- und Event-Location mit professionellem Management gewandelt. An die 300 000 Besucher kommen jährlich. Historische Jahrmärkte, Open-Air-Kino und Trauungsraum locken weiteres Publikum an. Selbst Hollywood hat die Burg entdeckt. Starregisseur Gore Verbinski drehte hier 2015 den Mystery-Thriller "A Cure for Wellness": die Burg als Sanatorium, aus dem es keine Wiederkehr gibt. Am Ende geht sie in einem Flammenmeer unter.

Für die Region wäre dieses Finale ein Horror-Szenario. Der Zollernalbkreis hat die Burg zu seinem Identität stiftenden Wahrzeichen erhoben, und rund um den Zoller erfreut sich das Hohenzollernlied höchster Popularität, in dem es heißt, dass unter dem Zoller die Eintracht ruht. Die Burg ist Sinnbild des Heimatgefühls geworden. Seit dem Streit um die AfD-Plakate im Landtagswahlkampf 2016 ist diese Einschätzung amtlich: Das Landgericht Stuttgart bewertet die Burg als baden-württembergisches Kulturgut "von übergeordneter, überpersonaler und überragender Bedeutung". Ein Gütesiegel fast wie das Weltkulturerbe.