Bei der Generalversammlung des Bösinger Heimatpflegevereins im Blickpunkt (von links): Rosemarie Ohnmacht, Jürgen Mansperger, Erika Mansperger, Hermann Bantle, Bernadette Stritt, Meinrad Stritt, Bürgermeister Johannes Blepp und Paul Bantle. Fotos: Hölsch Foto: Schwarzwälder-Bote

Heimatpflegeverein: Nach 36 Jahren kandidiert Jürgen Mansperger nicht mehr / Bernadette Stritt neue Galionsfigur

Von Andreas Pfannes

Eine Ära ist zu Ende gegangen, eine neue kann beginnen. Nach 36 Jahren an der Spitze des Bösinger Heimatpflegevereins stellte sich Jürgen Mansperger nicht mehr zur Wahl. Seine Nachfolgerin heißt Bernadette Stritt.

Bösingen. Mitte, Ende der 70er-Jahre stand die Bösinger Pfarrscheuer vor dem Abbruch und sollte Parkplätzen weichen. Dies rief engagierte Bürger auf den Plan, um das stark renovierungsbedürftige Gebäude aus dem Jahre 1858 zu retten. Ohne Hermann Bantle, aber auch ohne den damaligen Rottweiler Stadtarchivar Winfried Hecht wäre ein in Süddeutschland in dieser Form einzigartiges Bauwerk längst dem Erdboden gleich gemacht worden.

Zuerst gründete sich eine Bürgerinitiative. Nach dem Besuch einer Kommission des Landesdenkmalamts Freiburg im Januar 1978 dauerte es nicht mehr allzu lang, bis die Weichen für den Erhalt gestellt waren. Das Gebäude wurde als Kulturdenkmal gewertet und durfte am Leben bleiben. Alfred Weiss, Bürgermeister a. D., erinnert aber auch daran, dass sich die Kirchengemeinde, Eigentümer der Pfarrscheuer, damals um den Kirchenneubau kümmern musste, deshalb wenig Energie für die Pfarrscheuer verwendet hatte.

Nach dieser Rettungstat verschwand die Bürgerinitiative nicht von der Bildfläche. Im Gegenteil. Am 17. März 1979 gründete sich der Heimatpflegeverein Bösingen. Mit Jürgen Mansperger an der Spitze, mit Hermann Bantle als sein Stellvertreter, mit Erika Mansperger als Schriftführerin sowie mit den Beisitzern Paul Bantle und Meinrad Stritt. Die Satzung des Vereins sah Erhalt und Ausbau der Pfarrscheuer vor, den Aufbau eines Bauernmuseums und die Pflege des heimischen Kulturguts.

Was dies bedeuten kann, zeigte sich gleich zu Beginn. Ohne die Pfarrscheuer und das Aufbewahren der Altäre der alten Bösinger Kirche, so Jürgen Mansperger in seinem Rückblick, hätte es die Marienkapelle nicht gegeben.

Unermüdlich – etwa 2000 ehrenamtliche Stunden und mit professioneller Hilfe – wurde gearbeitet, das Gebäude renoviert und im September 1987 das Museum eröffnet. Und auch hier beließ es der Bösinger Heimatpflegeverein nicht mit 08/15. Ganz im Gegenteil.

Jürgen Mansperger, Museumsleiter aus Leidenschaft, setzte sich das Ziel, sämtliche Aspekte des dörflichen Lebens zu sammeln und zu zeigen. Ein Ansatz, der in heutiger Zeit moderner Museumspädagogik nicht unbedingt entspricht. Wo dort zum Beispiel ein Kummet präsentiert wird, gibt es im Bösinger Bauernmuseum viele. Wird die Entwicklung des Geschirrs und seine Vielfältigkeit dokumentiert und gezeigt.

Mittlerweile ist die Pfarrscheuer randvoll. "Vorzüglich ausgestattet", wie Winfried Hecht in einer neueren Publikation angemerkt hat. Dieses Urteil des Fachmanns freut den ehemaligen Oberstaatsanwalt Mansperger besonders. Mit einer unermüdlichen Akribie und Liebe geht er seinem Hobby nach, besuchte und besucht seit Jahrzehnten Flohmärkte, knüpfte Kontakte zu Gott und die Welt, um die Sammlung auszubauen, zu ergänzen und immer mehr zu verfeinern.

Mittlerweile ist Jürgen Mansperger fast am Ende angekommen. Derzeit wird eine alte Kutsche von Karl Schwenk, bisher dem einzigen Ehrenmitglied des am 1. Dezember 58 Mitglieder starken Vereins restauriert. Schwenk, ein Handwerker mit Fachwissen und Feingefühl. Nur noch zwei Sachen fehlen dem Museumsleiter: ein Schäferkarren und Wasser im acht Meter tiefen Brunnen.

Jürgen Mansperger konnte und kann auf eine Anzahl treuer Helfer bauen, die sich überwiegend ehrenamtlich eingebracht haben. Bei seinem Abschied als Mann an der Spitze erwähnt er besonders Hermann Bantle, Meinrad Stritt, Bruno Polley, Franz Hezel, Wendelin Banholzer, Paul Bantle, Werner Ade, Karl Schwenk, Alfred Weiss, den Bauhof mit Siegfried Szillat an der Spitze, Speckmockelzunft, Obst- und Gartenbauverein sowie die Feuerwehr und diejenigen, die sich um die Pfarrscheuer verdient gemacht haben und machen.

Trotz vieler Sanierungen und Renovierungen am Gebäude schreibt der Verein keine roten Zahlen. Mit einem kleinen Plus auf dem Konto übernimmt die neue Vorsitzende diesen Bösinger Verein. Eine Institution, wie Alfred Weiss bei der Entlastung besonders hervorhebt. Der Verein hätte es verdient gehabt, dass mehr Mitglieder erschienen wären als lediglich 14 bei der nur alle drei Jahre stattfindenden Generalversammlung. Schließlich sei die Leistung – Erhalt der Pfarrscheuer vor 36 Jahren – in ihrer Art einzigartig gewesen.

Weiss spricht von "mutigen Männern", die sich der Sache angenommen hatten. Dass sie auf die Zusammenarbeit mit dem Landesdenkmalamt bei der Sanierung angewiesen waren, habe die Sache nicht immer vereinfacht. Vermeintlich falsche Ziegel konnten schon einmal größere Meinungsverschiedenheiten zur Folge haben.

Mit Bernadette Stritt an der Spitze beginnt beim Heimatpflegeverein ein neuer Zeitabschnitt. Neue Ideen sind gefragt, um jüngere Bürger für dieses Unikum in der Bösinger Vereinslandschaft zu interessieren und zu begeistern.

Und die Frau an der Spitze sprüht bereits vor Tatendrang. Will die örtliche Heimat- und Geschichtspflege mit einem breiteren Ansatz bereichern. Neben dem Sammeln von Fotos und Dokumenten rücken auch Vorträge ins Blickfeld, um örtliche Geschichte und Geschichten zu vermitteln. Mit Burkhardt Schlesiger und Karl Kimmich ist bereits im Januar eine Dokumentation vorgesehen.

Auch eine Zusammenarbeit mit dem Herrenzimmerner Geschichts- und Kulturverein ist nicht undenkbar. Die Bewahrung von Kulturgütern wie Fortbewegungsmittel wird angesprochen. Jugendarbeit wird als wichtig angesehen und soll durch das Zusammenspiel von Kultur und Natur, durch gute Kenntnisse des Heimatraums, durch Theater, Puppenspiel und Märchenstunde angeregt werden. Bernadette Stritt spricht über die Pflege des Brauchtums, die Forschung der Lokalgeschichte und über "Kunst und Krempel", angelehnt an eine Fernsehsendung des Bayerischen Rundfunks.

Neben dem Werben neuer Mitglieder nennt die Vorsitzende drei Termine im kommenden Halbjahr: ein Vortrag über Volksfrömmigkeit in Bösingen am 14. Januar, die Teilnahme des Vereins bei den Heimattagen in Spaichingen am 20. März und ein geplantes Sommerfest im Museumsgarten.