Ein Stück des Lebens für den Sport

Bösingen-Herrenzimmern. "Der Sportverein war immer mein Verein", sagt Viktor Müller stolz. Kein Wunder, das Ehrenmitglied hat seiner Aussage nach ein Stück seines Lebens in die Projekte des Vereins investiert. Er und Josef Broghammer haben das Fundament für den heutigen Sportverein geschaffen. Doch bis dahin war es ein weiter und oft auch steiniger Weg, wie die Beiden berichten.

"Gehörig glücklich"

Als Viktor Müller mit dem Kicken begann, war der Sportverein gerade dabei, wieder den Spielbetrieb aufzunehmen. "Zur Kriegszeit gab es keinen funktionierenden Sportverein", erinnert sich der 1934 Geborene. Seine Karriere begann mit dem Eintritt 1950. Da war er 16 Jahre alt. "Ich bin kein Star geworden, aber im Sportverein waren meine Kameraden. Dort habe ich mich wohlgefühlt", meint er. So wohl, dass er, der sich zuvor nie hervorgetan hatte, beim Thema Turnhallenbau in die Geschicke des Vereins einschaltete. "Das war mein richtiger Einstieg, wenn es auch eine schwere Zeit war", erinnert sich Müller.

Die erste Mannschaft habe den damals vorstandslosen Verein geführt, der Spielführer wurde 1967 als Übergangslösung der Vorsitzende. "Die Fußballer haben sich selbst einen neuen Vorsitzenden gesucht", erzählt Müller. Das sei auch die Zeit gewesen, in der er selbst als Schriftführer in den Vorstand rückte.

1968 wurde die "Aktion Turnhallenbau" unter Federführung der Vereine gegründet. Müller war von Anfang an dabei, erwirtschaftete als Vorsitzender der Aktion Geld und bearbeitete die Gemeinderäte. "1972 ist der Beschluss durchgegangen. Die Aktion trug ein Drittel der Kosten, in Geld und Arbeit abgeleistet."

Trotz allem: 1973 war die Halle aufgebaut. Parallel war der Sportverein aber nun durch den Wegzug des Vorsitzenden erneut führerlos. Obwohl Müller nicht mehr aktiv war, nahm er den Platz ein. Ein großer Schritt war geschafft. "Alle waren gehörig glücklich mit der Halle. Sie hat eine Änderung des Geistes bei den Vereinen bewirkt. Der Hallenbau war ein Stück meines Lebens. Ich hab sie nicht selbst gebaut, aber ohne mich wäre sie nie gebaut worden", meint er stolz.

Josef Broghammers Karriere beim SV Herrenzimmern begann 1957, als der 14-Jährige ein Spiel bei der A-Jugend bestritt. "Damals gab es nur diese. Die anderen wurden erst später gegründet", weiß er. Mit 18 Jahren kam er zu den Aktiven – zunächst als "linker Läufer", später als Linksverteidiger –, wo er spielte, bis er 36 Jahre alt war. 1975 übernahm er als stellvertretender Vorsitzender Verantwortung für den Verein.

Bauphase als herbe Zeit

Für ihn wie auch für Müller ist die prägendste Erinnerung der Bau der Sportanlagen, wenn dieser auch viele Verhandlungen nötig machte. "Das waren Gespräche wie im Staatsministerium, fast so schwierig wie der Bau", meint Müller. Begonnen wurde mit dem unteren Platz. "Da waren unheimliche Erdbewegungen nötig", sagt Müller. Auch das Thema Entwässerung habe für Diskussionsstoff gesorgt.

Doch wenn Müller der Mut verließ, dann habe Broghammer ihn aufgebaut. "Er sagte: ›Wer soll das schaffen, wenn nicht wir zwei?‹", erinnert sich Müller. Von 1982 bis 1985 dauerten die Bauarbeiten, bei denen Broghammer als Maurermeister federführend war. "Ich war Bauleiter, Maurer und Handlanger zugleich." Die Bauphase sei eine herbe Zeit gewesen. Müller, zu dieser Zeit auch Schultes-Vertreter, kümmerte sich derweil um Verfahren und Genehmigungen. Durch Zuschüsse und Eigeninitiative sei alles beinahe ohne Schulden gebaut worden. 1985 war das Mammutprojekt geschafft, und die Einweihung wurde gefeiert.

"Bei der Hauptversammlung nach dem Bau konnten wir mit 4000 Mark plus abschließen, die in die Flutlichtanlage geflossen sind", meint Müller. "Es ist fast unvorstellbar – aber wahr: Sportverein Herrenzimmern steht trotz großer Bauprojekte schuldenfrei da", titelte der Schwarzwälder Bote am 28. Januar 1986. Für Müller endete damit seine Amtszeit.

Von 1986 bis 2001

Broghammer blieb bis 1986 stellvertretender Vorsitzender, ehe er Vereinschef wurde und die Geschicke des Vereins bis 2001 leitete. Besonders hart gekämpft habe er um den Hartplatz, der den Rasenplatz in den Wintermonaten entlasten sollte. Das tut er auch heute noch – das Kämpfen hat sich also gelohnt. Statt der geplanten Kosten von 250 000 Euro habe man ihn letztlich für 150 000 Euro bauen können.

Auch die Gründung des Fördervereins 1991 habe sich bewährt. Damals sei der SVH einer der ersten Sportvereine überhaupt mit so einem Förderverein gewesen. Das rührige Vereinsmitglied steht auch heute noch wöchentlich auf dem Sportplatz, um bei der Ertüchtigung des Geländes zu helfen. Stolz ist er darauf, dass der SVH immer noch eine eigenständige erste Mannschaft hat. Bemerkenswert sei auch die Gründung der Damenmannschaft 2007. "2003 sind die deutschen Damen Weltmeister geworden. Den Schwung hätte man damals schon mitnehmen sollen", meint er rückblickend.

Den Schwung mitnehmen

Für die Zukunft wünscht sich Broghammer, dass sich der SVH weiterentwickelt, wie schon mit dem Rehasport-Projekt geschehen. "So viel Herzblut, wie diese Beiden in den Verein gesteckt haben, kann man sich nur zum Vorbild nehmen. Diese Arbeit, Energie und auch die Wertschätzung dessen wünsche ich mir für die Zukunft", sagt der aktuelle Vorsitzende, Markus Stern, an dem und dessen Vorstandskollegen es nun liegt, den Sportverein auch über das 90-Jährige hinaus lebendig zu halten.

Der SV Herrenzimmern feiert vier Tage lang seinen 90. Geburtstag.   Donnerstag, 28. September: Ab 20 Uhr steht das Comedy-Duo "Dui do on de Sell" auf der Bühne in der Festhalle. Einlass ist ab 19 Uhr.   Samstag, 30. September: Der Festakt mit Ehrungen in der Festhalle fängt um 18 Uhr an.   Sonntag, 1. Oktober: Der Festgottesdienst in der Festhalle beginnt um 8.45 Uhr. Anschließend folgen Frühschoppen und Mittagessen. Am Kindernachmittag stehen Aufführungen diverser Gruppen an.   Montag, 2. Oktober: Der SVH-Lauf quer durch Herrenzimmern startet um 16 Uhr. Anschließend lockt das Weindorf in die Festhalle. Ebenfalls dabei: Musik von Guschte und Leonie Gapp.