Ein Mann sitzt in einem Spielsalon vor einem Geldspielautomat. Das neue Glücksspielgesetz könnte dafür sorgen, dass zwei der drei Spielhallen in Blumberg schließen müssen. Foto: Kegler

Gesetzesänderung verunsichert Branche. In Blumberg Pik-Ass und Spielodrom No. 14 betroffen.

Blumberg - Als sich der Blumberger Gemeinderat im Mai 2015 mit dem Wunsch einer Tübinger Firma beschäftigte, in einer Lager- und Produktionsstätte an der Zollhauser Werkstraße eine Spielhalle einzurichten, war die Empörung groß.

Und zwar fraktionsübergreifend. Stadtrat Rainer Gradinger (Freie Liste) meinte, dass die Stadt keine weitere Spielhalle brauche und dass durch die neue Spielstätte die Spielsucht gefördert werde. Werner Waimer (FDP) stellte fest, dass eine Spielhalle keine Bereicherung für Zollhaus sei. Aus moralischen Gründen lehne auch die CDU eine dritte Spielhalle in Blumberg ab, so Horst Fürderer damals. Allerdings: Der Protest lief ins Leere, da das Landratsamt als Genehmigungsbehörde dem Anliegen des Spielhallen-Betreibers zustimmen musste – weil die Gesetzeslage keine andere Entscheidung zuließ. Bürgermeister Markus Keller machte die Räte schon in der Sitzung auf diesen Umstand aufmerksam.

Mittlerweile ist die Spielhalle in Zollhaus, das Spielodrome, längst in Betrieb. Und ihr droht auch nicht das Aus, weil sie schon nach der neuen Gesetzeslage konzessioniert wurde. Anders sieht es hingegen für das Pik-Ass an der Espenstraße und das Spielodrom No. 14 am Marktplatz aus – denn am 1. Juli 2017 treten Änderungen am Glücksspielstaatsvertrag in Kraft. Sie besagen, dass alle Konzessionen im Jahr 2017 erlöschen werden und Spielhallen nur unter strengen Auflagen wieder eröffnet werden können. 500 Meter Mindestabstand zu Kindergärten, zu Schulen sowie Jugendhäusern und 500 Meter Abstand zum nächsten Spielcasino, so lautet die neue Regelung. Ein Blick auf den Blumberger Stadtplan zeigt, dass gleich eine ganze Reihe von Einrichtungen weniger als 500 Meter von den beiden Spielsalons entfernt sind: die Kita Stadtzwerge, die Realschule, die Grund- und Werkrealschule Eichberg, die Weiherdammschule, der Sophie-Scholl-Kindergarten sowie die beiden konfessionell getragenen Kindergärten. Und obendrein beträgt der Abstand zwischen den beiden Spielcasinos auch deutlich weniger als 500 Meter.

Die Betreiber der beiden Spielhallen haben deshalb einen Härtefallantrag beim Landratsamt gestellt. Das wiederum wollte vom Blumberger Rathaus wissen, wie es die Lage bewertet. Nach Auskunft von Hauptamtsleiterin Nicole Schautzgy habe die Stadtverwaltung die angeforderte Stellungnahme "neutral" beantwortet. Das Landratsamt hat noch keine Entscheidung getroffen.

Christoph Schatz vom Pik-Ass weiß, dass die Konzession seines Betriebs auf der Kippe steht, seine Existenzgrundlage könnte wegbrechen. Wobei er auch an seine Mitarbeiter denkt, die größtenteils über 50 Jahre alt seien, schon lange für ihn arbeiteten und sicherlich nur schwer einen anderen Job finden würden. Das Verhältnis zu den Nachbarn und der Stadt nennt er "super". Schatz sieht eine Gefahr, sollten viele Spielhallen schließen müssen: Das verstärkte Abdriften von Spielern in Richtung Online-Glücksspiel. Da fielen keine oder kaum Steuern an, weil die Server im Ausland stünden. Außerdem würde sein Personal regelmäßig geschult, um Spielsucht zu erkennen. Beim Online-Gambling falle diese Kontrolle weg. Und dann fragt sich Schatz auch, weshalb nur das gewerbliche Glücksspiel ausgebremst werde, nicht aber die staatlichen Angebote wie Toto-Lotto oder Casinos. Er nimmt das Wort Doppelmoral zwar nicht in den Mund – es wäre aber zutreffend. Von der Geschäftsführung des Spielodrom No. 14 war trotz mehrfacher Anfrage keine Stellungnahme zu erhalten. Georg Braun, Gesellschafter von Spielodrome in Zollhaus sagt, dass bei ihm bislang keine Beschwerden von Anwohnern eingegangen seien. Er befürchte auch keine, weil die Verweildauer in Spielhallen relativ lange sei. Spielhallen seien auch nicht so stark frequentiert wie Lokale, deshalb entstünde weniger Lärm.

Seite 2: Gesetzesnovellierung

Weshalb die Gesetzesänderung? Der Glücksspielstaatsvertrag wurde novelliert, um den Wildwuchs an Spielhallen zu unterbinden und um die Spielsucht einzudämmen. Am 1. Juli 2017 endet eine fünfjährige Übergangsfrist, die den Spielhallen vom Gesetzgeber eingeräumt wurde.

Welche Folgen sieht die deutsche Automatenwirtschaft? Der Verband der Spielautomatenhersteller schätzt, dass von den 70.000 Arbeitsplätzen in der Branche mindestens ein Drittel zur Disposition stehen. Der größte Teil davon seien Servicekräfte. Außerdem warnt der Verband vor wirtschaftlichen Einbußen in Millionenhöhe (Vergnügungssteuer, Umsatzsteuer, Lohnsteuer). Und er sieht die Gefahr, dass Spieler vermehrt auf teilweise illegale Online-Spielportale ausweichen. Das Gegenargument dazu: Die Atmosphäre macht das Spielen an Automaten reizvoll. Diese Lücke kann das Internet nicht schließen.

Wie viele Menschen sind in Deutschland spielsüchtig? Nach Angaben der Bundesdrogenbeauftragten Marlene Mortler sind rund eine halbe Million Menschen vom Glücksspiel abhängig. Besonders gefährdet seien vor allem junge Männer mit ausländischen Wurzeln, Langzeitarbeitslose und Menschen mit niedrigen Bildungsabschlüssen.