Trennung: Hermann Zorbach (links) wurde von der SPD-Fraktion ausgeschlossen. Daniela Schüle, von Zorbach zur Kandidatur gebracht, Uschi Pfeiffer und Luis Rocha dos Santos (von links, auf unserem Bild nach der Kommunalwahl im Mai), stimmten geschlossen dafür. Foto: Montage: Kammerer

Bürgermeister holt Verwaltungsgerichtsurteil zum Rederecht in beschließenden Ausschüssen aus Schublade. Mit Kommentar.

Blumberg - Das Tischtuch zwischen der SPD-Ratsfraktion und Stadtrat Hermann Zorbach ist zerschnitten. Die Fraktion schloss ihn am Montagabend aus ihren Reihen aus. Eine Begründung gab sie dafür allerdings nicht.

Die Mitteilung kam gestern Mittag per E-Mail und besagte knapp: "Die SPD-Fraktion hat am Montag, dem 03.11.2014 beraten. Die SPD-Fraktion trennt sich von Stadtrat Hermann Zorbach. Über die Beratung wurde allgemeines Stillschweigen vereinbart." Auch auf Nachfrage des Schwarzwälder Boten wollte Fraktionssprecherin Uschi Pfeiffer sich nicht über die Gründe äußern und verwies auf die Vereinbarung.

Hermann Zorbach zeigte sich enttäuscht von dieser Entwicklung, will die Sache aber nicht so einfach laufen lassen. In der Fraktionssitzung am Montagabend war er nach eigenem Bekunden vor die Wahl gestellt worden, selber seinen Austritt aus der Fraktion zu erklären oder per Votum ausgeschlossen zu werden. "Ich möchte ja meine 25-jährige poltische Arbeit nicht einfach aufgeben", sagte Zorbach gestern im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten. Er wollte nicht von selber gehen. Die vier verbliebenen Fraktionsmitglieder Uschi Pfeiffer, Luis Rocha dos Santos, Daniela Schüle und Werner Waimer trafen ihre Entscheidung einstimmig, so Zorbach, der danach die Sitzung verlies.

Sein Mandat möchte der parteilose Stadtrat dennoch behalten und werde es, so seine Gesundheit es erlaube, bis zum Ende der Legislaturperiode ausüben. Seine Wähler hätten ein Anrecht darauf.

Harte Konsequenzen

Die Konsequenzen sind allerdings gravierend. Schließt sich Zorbach keiner anderen Fraktion an, beziehungsweise zeigen diese keine Bereitschaft ihn aufzunehmen, dann muss er sich als Einzelkämpfer durchschlagen. Das heißt, er hat im Rat zwar Rede- und Abstimmungsrecht, verliert aber seine Sitze im Technischen Ausschuss sowie im Betriebsausschuss Abwasser und in der esb-Gesellschafterversammlung. Zudem hat er dann auch keine Möglichkeit mehr, im Rat Anträge zu stellen, weil dafür ein Fraktionsstatus oder eine Ratsmehrheit notwendig ist.

Hermann Zorbach geht gerne eigene Wege und scheut auch Konflikte nicht. Er greift Thema auf und vertritt sie kompromisslos im Rat, etwa bei der Einmündung der Straße im Winkel am Kreisel auf der Friedhodfstraße. Auch bei den Wohnwagen-Datschas Schweizer Jagdpächter im Blumberger Wald, was nunmehr eine Überprüfung aller Jagdunterkünfte in den Revieren der Raumschaft nach sich ziehen wird. Beifall und Kritik halten sichbei solchen Aktivitäten die Waage.

Zorbach hält Kritikern entgegen, dass dies Themen seien, die von Bürgern an ihn herangetragen worden seien. Er wiederum verstehe sein Ratsmandat, so, dass er Bürgeranliegen im Gremium eine Stimme gebe.

Zorbach kann sehr hartnäckig sein. Dazu ging der streitbare Stadtrat dann auch schon mal in beschließende Ausschüsse, für die er kein Mandat hatte und stellte dort auch mündliche Anträge, nicht immer zur Freude der anderen Fraktionen oder der Verwaltung.

Ein Maulkorb-Urteil?

Bürgermeister Markus Keller schob dem jetzt einen Riegel vor, in dem er ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofes aus 1990 ausgrub, nach dem die Tagesordnung zu Sitzungen der beschließenden Ausschüsse zwar allen Gemeinderäten zugestellt wird, jene die aber keine Ausschusmitglieder sind, dürfen an den Sitzungen, auch nichtöfentlich, zwar als Zuhörer teilnehmen, haben aber nicht das Recht Anträge mündlich zu stellen und an der Diskussion teilzunehmen. Ein Vorgehen, das Hermann Zorbach in seiner Rechtmäßigkeit anzweifelt, weil alle Keller-Vorgänger dieses Urteil im Blumberger Rat mit seinen Ausschüssen in der Praxis nicht umgesetzt hatten und somit ein Gewohnheitsrecht entstanden sei.

SPD-Profil geschärft

Zorbach versteht nicht, warum die Fraktion eine solch harte Linie fährt, vor allem vor dem Hintergrund seines langjährigen Engagements für die Blumberger SPD. Dass er nicht glücklich darüber war, nach der vergangenen Wahl nicht mit der Aufgabe des Fraktionssprechers betraut worden zu sein, dementiert er nicht. Für sich nimmt er aber in Anspruch, dass die SPD durch ihn in den vergangenen Jahren etwas mehr Profil gewonnen hat.

Info: Hermann Zorbach

Hermann Zorbach (71) ist mit Unterbrechungen seit 25 Jahren markanter Bestandteil Blumberger Kommunalpolitik, nicht nur wegen seiner Hüte. Als Mitbegründet der TSC-Handballer sahen die Sozialdemokraten in ihm einen Ratskandidaten. 1980 wurde er direkt gewählt und gehörte dem Rat bis 1989 an.

u In diesem Jahr trat er als Gegenkandidat zu Clemens Stahl bei der Wahl zum Bürgermeister in der Nachfolge von Werner Gerber an und verzichtete dazu auf eine parallele Ratskandidatur. Er unterlag sehr deutlich, woran er schwer zu knabbern hatte, kam 1994 aber mit einem guten Ergebnis zurück an den Ratstisch und schaffte auch 1999 ein Direktmandat.

u Als Zorbach 2004 nicht mehr die nötigen Stimmen für einen Ratseinzug erhielt, legte er sein noch laufendes Ratsmandat und bis auf sein Engagement beim TSC-Handball alle Mitgliedschaften nieder, auch die in der SPD. Von der inneren Einstellung her sei er ein Sozialdemokrat, versichert er, die Parteimitgliedschaft sei aber an einen Ortsverband gebunden und in dem gab es auch damals schon Spannungen.

u 2009 sah die SPD-Liste recht mager aus. Hermann Zorbach bot an, nochmals anzutreten. Mit seinen Stimmen, die zu einem Ausgleichsmandat reichten, schaffte die SPD gerade noch den Fraktionsstatus. Bei der vergangenen Gemeinderatswahl erreichte der parteilose Zorbach mit 1307 Stimmen das drittbeste Ergebnis auf der SPD-Liste.

Kommentar: Kalt gestellt

Von Achim Stiller

Hermann Zorbach ist ein intelligenter Mensch, ein Ratsmandatsträger mit Ecken und Kanten, weil der pensionierte Pädagoge mit Worten umzugehen und damit messerscharf für seine Ziele zu argumentieren weiß. Er versteht es, den Finger in die Wunde zu legen. Genau darin liegt das Problem. Zorbach hat wohl zu oft die Grenzen der SPD-Fraktion und des fraktionsübergreifenden Konsens verlassen, weil er aus Überzeugung Kommunalpolitik als Arbeit in der Sache, nicht aber als Parteipolitik versteht. Was Sache ist, definiert er selber, auch wenn er sich damit gegen die eigene Fraktion, die Verwaltungsspitze oder Interessengruppen stellt. Nicht nur für die Autorität von Fraktionssprecherin Uschi Pfeiffer wurde er so zum Problem. Die SPD und der Bürgermeister haben ihn jetzt kalt gestellt. Ob dies im demokratischen Sinne ein guter Schritt war, darf hinterfragt werden.