Bisinger und andere Bürger aus der Region zeigten reges Interesse am Austausch mit den Balinger Flüchtlingen: Die Hohenzollernhalle war gut gefüllt. Foto: Huger Foto: Schwarzwälder-Bote

Integration: Balinger Flüchtlinge stellen sich in Bisingen vor / Aarabis Appell an die Menschlichkeit

Von Robert Huger

Bei der Podiumsdiskussion mit Flüchtlingen in der Hohenzollernhalle drehte sich gestern Abend alles um die Frage "Wer bist Du?". Die Besucher erlebten einen emotionalen Austausch.

Bisingen. Die beeindruckendsten Worte kamen zum Schluss der Diskussionsrunde. Makieh Aarabi fragte, ob sie denn etwas vorlesen könne. Dann trug sie ihren Appell an die Menschlichkeit vor: "Wir sind vor Tod, Terrorsismus und Unsicherheit geflohen. Ich bitte sie, sich vorzustellen, wie es ist, wenn ihr Land zerstört wird. Wir möchten uns in die Gesellschaft integrieren. Wie möchten Freunde werden", sagte sie. Die vielen Besucher, die in die Hohenzollernhalle gekommen waren, spendeten ihr dafür reichlich Beifall. Doch schon davor zeigten sich die Gäste sehr interessiert.

Das Leben riskiert

Zu Beginn der Veranstaltung, die vom Verein Gedenkstätten KZ Bisingen organisiert worden war, stellten sich die Flüchtlinge aus Balingen kurz vor. Sie schilderten ihre beschwerliche Reise über das Mittelmeer und berichteten von ihren Ängsten und Sorgen. "Wir haben unser Leben riskiert, um nach Deutschland zu kommen", sagte Makieh Aarabi. Doch in Deutschland gab es gleich die nächste Katastrophe: Die Sprache.

"Die Zahlen habe ich auf dem Flohmarkt gelernt", sagt Aarabi. Im Zug lernte sie einfache Wörter wie "Dankeschön" oder "Guten Abend". Inzwischen spricht sie sehr gut Deutsch und besucht ein Studienkolleg, um ihr Abitur zu machen und Medizin zu studieren.

Mile Nikolic fand die deutsche Sprache erst sehr lustig. "Ich habe gelacht, als ich die Leute sprechen gehört habe", erzählt er. Als er die Sprache dann lernen musste, habe er viel Unterstützung bekommen und fand so bald Anschluss.

Aber auch Amanuel Teklay hat schnell Freunde gefunden, vor allem im Fußballverein. und inzwischen auch bei seiner Ausbildungsstelle. Ob es schwierig sei, seine christlich-orthodoxe Religion auszuleben? "Ich gehe auch in die katholische Kirche", sagte er, "wir beten alle zu Gott – zu einem Gott"

An der Podiumsdiskussion nahmen neben den Flüchtlingen auch Streetworker Axel Leukhardt von der LEA Messstetten, Jean-Claude Canoine vom Arbeitskreis Asyl, Cornelia Maas von der Alice-Salomon-Schule Hechingen und Holger Grebe vom Gedenkstättenverein teil.

Letzterer moderierte die Veranstaltung und wollte unter anderem wissen: Was bereichert ihre Arbeit? "Man bekommt unheimlich viel zurück von diesen Menschen", sagte Axel Leukhardt. Er habe es nie bereut, seine Stelle angetreten zu haben.

Allerdings wurden auch Probleme angesprochen. Zum Beispiel, dass Schüler teilweise mitten aus dem Unterricht gerissen und abgeschoben wurden. "Ich war sehr schockiert", berichtet Cornelia Maas. Man werde von den Behörden ausgebremst. Sie sprach sich klar dafür aus, dass Schüler mindestens ein Jahr in einer Klasse bleiben sollen.

Generell ist Maas von den Schülern begeistert. "Sie sind froh einen Schulplatz zu haben und sehr motiviert", erzählt sie. Vor allen bei Theaterprojekten käme man sich näher und sie habe sehr ergreifende Erfahrungen gemacht. Einen emotionalen Abend hatten auch die Besucher in der Hohenzollernhalle erlebt. Dabei hatten sie erfahren, warum die drei Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind und konnten zudem ein wenig an ihrem Seelenleben teilhaben.