Der Bisinger KZ-Gedenkstätten-Verein hat einen Propaganda-Unterhaltungsfilm aus der Endphase der Nazi-Ära gezeigt. Susanne Weller leitete die Diskussion, die sich nach der Vorführung ergab. Foto: Maute Foto: Schwarzwälder-Bote

Holocaustgedenktag: Viele Zuschauer in Bisingen / Film "Kolberg" vorgeführt

Bisingen. An ein "Kriegswunder" sollten sie glauben – die Zuschauer, auf deren Durchhaltevermögen der NS-Propagandafilm "Kolberg" im Jahre 1945 abzielte. Am Freitag wurde er vom Verein Gedenkstätten KZ in Bisingen gezeigt.

Mehr als sieben Jahrzehnte sind seit der Uraufführung am 30. Januar 1945 vergangen. Trotz Riesenaufwand hatte er damals kaum mehr Wirkung entfalten können. Das Land war zerbombt, die Bevölkerung desillusioniert.

Das war bitter für die Nazis. Denn für diesen Film hatten sie die Rekordsumme von 8,8 Millionen Reichsmark ausgegeben. Für die Massenszenen wurden Soldatenregimenter als Komparsen von der Front abgezogen. Aber die Wirkung verpuffte wie der reichlich eingesetzte Pulverdampf im Film.

Als Nazi-Propaganda darf der Film in Deutschland nicht ohne weiteres gezeigt werden. Aber der Verein für die Bisinger KZ-Gedenkstätte erhielt zum Internationalen Holocaust-Gedenktag eine Ausnahmegenehmigung.

Die Resonanz war überragend. Viele Gäste kamen in den kleinen Saal der Hohenzollernhalle. Es musste nachgestuhlt werden. Begrüßt wurden sie von den Vorstandsmitgliedern des Vereins Gedenkstätten KZ, Susanne Weller und Karl Kleinbach. Letzterer führte historisch und auch inhaltlich in den Film ein.

Im Zentrum der Veranstaltung stand dann aber die sich anschließende Diskussionsrunde, in der auch viele Bezüge zur aktuellen Gegenwart gezogen wurde. Der Bezug von aktuell populistischen Parolen wie "Das Volk steht auf, der Sturm bricht los" wurde gezogen, es wurde die Frage gestellt, ob Filme überhaupt Menschen für ideologische Ziele mobilisieren können.

Propagandaminister Joseph Goebbels war davon jedenfalls überzeugt gewesen, als er den Regisseur Veit Harlan 1943 mit der Aufgabe betraute, "einen Großfilm Kolberg herzustellen." Ziel sollte es sein, das Bild eines "in Heimat und Front geeinten Volks" zu entwerfen, das jeden Gegner überwinden kann.

Der Film bezieht sich auf die Belagerung der Stadt Kolberg an der Ostsee im Jahr 1806 durch napoleonische Truppen. Die Verteidiger konnten hier tatsächlich über lange Zeit die Angreifer abhalten. Wichtiger als der militärische Erfolg wurde später der Mythos, der im Nazi Film in Botschaften wie "Lieber unter Trümmern begraben, als kapitulieren" ausfabuliert wird. Im Film sind Bevölkerung und Garnison im heldenhaften Kampf vereint. Die Realität sah nicht ganz so rosig aus. Als der Film endlich fertig war, standen die Amerikaner bereits am Rhein, die Russen an der Oder. Für Propaganda war da kein Platz mehr übrig.