Blick in die Leiterplatten-Produktion der Lebenshilfe Zollernalb in Lautlingen. Was die Wertschöpfung anbelangt, ist die Lebenshilfe bundesweit Spitze. Foto: Lebenshilfe Foto: Schwarzwälder-Bote

Neue Studie zeigt: Behindertenwerkstätten schöpfen Wert – die der Lebenshilfe Zollernalb sogar sehr viel

Von Melanie Pieske

Bisingen. Werkstätten für Behinderte sind gut gemeint – aber sind sie auch gut für die Wirtschaft? Schlucken die nicht nur Geld? Eine Studie zeigt: Werkstätten schöpfen Wert. Und die Zollernalb Werkstätten der Lebenshilfe (ZAW) liegen sogar über dem Bundesdurchschnitt.

"Mehr Wert als man denkt", der Titel der bundesweiten Studie, die diese Woche in der Bisinger Werkstatt vorgestellt wurde, beschreibt vor allem eines: Eine Vorstellung, mit der die Beschäftigten in den Werkstätten nicht selten konfrontiert werden. "Viele glauben, wir schlucken öffentliche Mittel, die dann versanden", erklärt der Vorsitzende der Stiftung Lebenshilfe Zollernalb, Holger Klein. Das dies nicht stimmt, das ist für ihn nicht neu. Jetzt aber kann er sich auf die Ergebnisse einer wissenschaftlichen Studie stützen. Diese besagt: Behindertenwerkstätten erzeugen eine Wertschöpfung. Von 100 Euro, die investiert werden, fließen im Bundesdurchschnitt 108 Euro wieder zurück in die öffentliche Hand. Im Falle der Werkstätten der Lebenshilfe Zollernalb sind es sogar 150 Euro.

"Eltern haben zu mir gesagt: Gott sei Dank ist das jetzt mal wissenschaftlich erhoben", sagt Holger Klein. Sätze wie "Andere arbeiten und zahlen Steuern für dich und dein Kind" hätten viele Angehörige behinderter Menschen schon oft gehört. Für die Beschäftigten mit Behinderung ist das Ergebnis gut für das Selbstwertgefühl. "Ich erlebe sie als die motivierteste Belegschaft überhaupt. Würde jemand behaupten, ihre Arbeit sei nichts wert – für sie würde eine Welt zusammenbrechen", sagt Klein.

Das Beratungs- und Forschungsunternehmen xit und die katholische Universität Eichstätt Ingolstadt haben in ihrer Studie 26 Werkstätten für behinderte Menschen und ihre Wertschöpfung unter die Lupe genommen. Ergebnisse der Studie sind:

u  Mehr als die Hälfte der öffentliche Zuschüsse fließen durch Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen wieder an die Gesellschaft zurück.

u  Alternativen zur Werkstatt – eine Betreuung zuhause oder in anderen Einrichtungen – sind nicht günstiger.

u  Werkstätten sind Sozialunternehmen: Sie holen Aufträge in die Region und schaffen Arbeitsplätze. 300 Arbeitsplätze bieten die ZAW, darunter sind 40 Prozent Produktionshelfer.

u Mitarbeiter und Beschäftigte der Werkstätten geben Teile ihres Einkommens in der Region aus und kurbeln die Wirtschaft an. Daran hängen direkte und induzierte Arbeitsplätze.

300 000 Menschen mit Behinderung, die aufgrund einer schwerwiegenden Beeinträchtigung vom allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind, finden mit Hilfe der Werkstätten Perspektiven und Arbeitsangebote. Unterstützt werden sie von 70 000 Fachkräften. Die daraus entstehenden Produkte und Dienstleistungen sind Teil des Wirtschaftskreislaufs. Damit sind die Werkstätten auch soziale Unternehmen. Hochgerechnet erwirtschaften sie rund acht Milliarden Euro Gesamtumsatz. Das ist vergleichbar mit dem Umsatz der dm-Drogeriekette im Jahr 2013. Diese Zahlen gibt die Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen im Rahmen der bundesweiten Studie zum "Social Return on Investment" bekannt.