Andreas Götz mit dem Schreiben seiner Versicherung: Aufgrund von Schäden an seinem Haus soll der Beitrag um fast 300 Prozent steigen. Foto: Midinet Foto: Schwarzwälder-Bote

Andreas Götz aus Thanheim klagt über drastische Erhöhung seines Beitrags für die Wohngebäudeversicherung

Von Judith Midinet

Bisingen-Thanheim. Hagel und Hochwasser brachte der Sommer 2013 mit sich und dadurch auch zahlreiche Schäden. Von diesen betroffen war auch Andreas Götz aus Thanheim. Seine Versicherung zahlte für die Schäden an seinem Haus, doch jetzt soll sein Beitrag um fast 300 Prozent teurer werden.

"Ich kann verstehen, dass die Versicherungen kein Minus machen wollen, aber die Art und Weise, wie hier vorgegangen wird, verstehe ich nicht", sagt Andreas Götz und schaut auf die Beitragsrechnung für seine Wohngebäudeversicherung für das kommende Jahr. So ganz kann er immer noch nicht glauben, welche Zahlen dort stehen. Von rund 330 Euro soll der Beitrag auf rund 1170 Euro angepasst werden.

Götz wohnt mit seiner Frau seit 20 Jahren in seinem Haus in der Zimmerner Straße in Thanheim. Seit 2006 haben sie ihr Gebäude bei der R+V versichert. Nach dem Hagel am 6. August 2013 waren die Rollläden, Fensterscheiben und die Hausfassade beschädigt. Die Schadenssumme betrug etwa 6500 Euro. "Die Zahlungen liefen problemlos", erzählt Götz. Doch vor wenigen Tagen wurde er in die Volksbank nach Bisingen bestellt. Die Mitarbeiterin dort erklärte ihm, dass, wenn er die Beitragsanpassung nicht akzeptiere, er eine Kündigung seiner Versicherung bekäme. "Es war ausdrücklich nichts verhandelbar", sagt Götz.

"Wir bekommen in diesen Fällen vermehrt Anfragen von den Verbrauchern", sagt Martina Brehme vom Verbraucherschutz in Stuttgart auf Anfrage unserer Zeitung zum Versicherungsfall von Andreas Götz. So wie ihm gehe es derzeit vielen Versicherungsnehmern, die im Unwettersommer 2013 einen Schaden hatten oder noch mit günstigen alten Tarifen versichert sind. "Da nützt der Anbieter sein Recht auf Kündigung", erklärt Martina Brehme. Durch die Millionenschäden gehen alle Versicherungsanbieter derzeit mit ihren Tarifen nach oben. "Da ein unabhängiger Treuhänder der Beitragserhöhung zustimmen muss, ist der Verbraucher ganz auf der schwachen Seite", sagt die Verbraucherschutz-Expertin.

Expertin rät Versicherten: "Nicht auf stur stellen und nicht kündigen lassen"

Sie rät allen Versicherungsnehmern, die von solchen Erhöhungen betroffen sind, "nicht auf stur zu stellen". Man solle sich nicht kündigen lassen, da sonst die Gefahr besteht, dass einen anderen Versicherungen nicht aufnehmen. Betroffene sollten erstmal die Erhöhung akzeptieren, die Versicherung maximal ein Jahr laufen lassen und sich in Ruhe Vergleichsangebote einholen. "Kundenfreundlich ist dieses Vorgehen der Versicherungen nicht, aber woanders wird es wahrscheinlich kaum günstiger", sagt Martina Brehme.

"Diese deutliche Erhöhung ist die absolute Ausnahme", rechtfertigt Stefanie Simon, Pressesprecherin der R+V Versicherung, auf Anfrage unserer Zeitung die Beitragsanpassung im Fall Götz. Die Schäden an seinem Haus, die Götz im Vergleich mit anderen Geschädigten für "Kleinigkeiten" erachtet, sind für das Versicherungsunternehmen zu hoch. Laut Pressesprecherin Stefanie Simon hat die Versicherung in den vergangenen fünf Jahren an das Ehepaar Götz in der Wohngebäudeversicherung insgesamt rund 8500 Euro für Schäden überwiesen. Demgegenüber stehe ein jährlicher Beitrag von bisher rund 330 Euro. "Die Schadenquote ist damit ungewöhnlich hoch und der Grund dafür, dass die neue Prämie ebenfalls hoch ausfällt und nun auch eine Selbstbeteiligung von 1000 Euro in den neuen Vertrag aufgenommen wird. Die Selbstbeteiligung gilt allerdings nur für Schäden durch Hagel und Sturm", erklärt Stefanie Simon. Das Unternehmen mache jedem dieser Kunden, denen es so ergeht wie Andreas Götz, ein neues Angebot, damit es ihnen möglich sei den Versicherungsschutz zu erhalten.

Gravierender als Unwetterschäden sind Schäden durch Leitungswasser

Allgemein leide die Versicherungsbranche seit Jahren darunter, dass die Schadenaufwendungen die Beitragseinnahmen deutlich übersteigen. Die ungewöhnlich heftigen und kostenintensiven Unwetter des vergangenen Jahres haben die Lage weiter verschärft, seien jedoch nicht die Ursache des Problems. Viel gravierender sind laut der Pressesprecherin die Schäden durch Leitungswasser, die dramatisch angestiegen sind – in den vergangenen zehn Jahren um rund 50 Prozent. Gerade in älteren Gebäuden sind die Leitungen marode und müssten eigentlich von den Eigentümern erneuert werden.