Im Schwäbischen sind "Afterbera" das Obst, das nach der Ernte noch an den Bäumen hängt und damit von allen geerntet werden darf. Foto: Privat Foto: Schwarzwälder-Bote

Josef Schell hat Bisinger Schwäbisch-Begriffe gesammelt / Eine kleine Kostprobe aus seiner Sammlung

Von Klaus Stopper

Bisingen. "Bisingerisch – geschwätzt und gschrieba" hat Josef Schell seine Auflistung genannt, in der er etwa 600 Worte des Ur-Bisinger Dialekts festgehalten hat (wir berichteten). Wer da reinliest, der muss auch unwillkürlich schmunzeln. Schwäbisch ist einfach klasse.

"Manamarga gang i ge Geaschda neihagga" – wer Schwäbisch kann und sich das in Ruhe vorliest, kommt drauf, was das bedeutet: "Morgen früh gehe ich aufs Feld, um die Geste zu säen und anschließend mit der Hacke in das Erdreich einzuarbeiten." Da klingt das Hochdeutsch doch recht holprig.

Und mit "Afterbera" würde ein Hochdeutscher wohl nichts zu tun haben wollen, obwohl damit nur Obst gemeint war, das bei der Ernte übersehen wurde, und das dann von jedermann geerntet werden durfte.

Und mit "am Managumba dunna" ist eine aufgestaute Stelle gemeint, an der sich Männer wahrscheinlich nach der Arbeit baden konnten. Wenn eine Frau die halbentblößten Männerkörper sah, hat sie möglicherweise "gmeggalad", also gekichert.

Einige von Josef Schell aufgelistete Worte gibt es überall im Schwäbischen. "Ällbot" etwa, wenn sich etwas ständig wiederholt, "aubache" heißt sehr kräftig und den "Semsagrebsler", also sauren Wein, trinken Schwaben halt notgedrungen um Geld zu sparen.

In Josef Schells Liste lassen sich leider die kleinen Lautbesonderheiten und Eigenheiten der Melodie nicht erkennen, die das speziell Bisingerische ausmachen. Im Gefühl hatte das früher jeder. "Wenn an Grosselfinger geschwätzt hot, hot mr gwisst, dass der von do drübe ischt", erzählt Schell.

Ob es nun spezielle Bisinger Worte sind, die er gesammelt hat, ist auch nicht so wichtig. Es sind Begriffe, die sein Opa verwendete. Worte, die durch eine Anschaulichkeit begeistern, die das Hochdeutsche manchmal blutleer wirken lassen. "Aunegla" beispielsweise bedeutet ein Frieren vor allem an den Finger- und Zehenspitzen. "Au" steht für Schmerz, "negla" für die Finger- und Zehnägel. Damit lässt sich der Satz, "s’hot me aubacha augneglad", leicht übersetzen.

Und weil der Schwabe sparsam ist, spart er gerne auch Buchstaben ein. Dafür muss der Zuhörer mehr nachdenken. Was ist beispielsweise "Breama-El"?. Ganz einfach: "Bremsen-Öl". Das "S" muss ja nicht unbedingt mit.

Und der Bisinger liebt es anschaulich. Wenn es den Leuten gut schmeckt, "hent se uf äll zwe Bagga gmaudschad". Das Schmatzgeräusch wird da sehr anschaulich beschrieben. Wenn einer hinterhältig war, nannte man ihn in Bisingen "alafezig", wenn einer zu spät kommt, fällt schnell der Satz: "Ma kennt amend a bissle belder afanga", wobei amend den Vorwurf abmildert, denn es heißt "eventuell".

Noch ein kleines Rätsel: "S’wud am and dau hau". Das muss man schon wissen, dass "and" für "leid tun" steht. Und dass "augadegad" für "angezettelt" steht, ist wohl auch eine regionale Besonderheit. Der Schwabe denkt zudem gerne um die Ecke, scheint es. "Aushauseg" heißt eigentlich, dass mann außerhalb des Hauses war. Wenn aber gefragt wird: "Wie ka ma au so aushauseg leaba?", drückt das die Verwunderung über einen verschwenderischen Lebensstil aus. Schließlich gibt es zu Hause doch alles günstiger.

Manches bleibt auch rätselhaft. "Bäreg sind se ganga" drückt nichts über den tapsigen Laufstil aus, sondern heißt "soeben sind sie weggegangen", "bozgad" heißt "etwas angestellt", ein "Blomool" ist ein Bluterguss, und wenn ein Schnitzel "boahilzanar" war, dann war es so zäh wie Bein und Holz" (wird fortgesetzt).