Im Interview mit dem JOBboten gibt die Präsidentin des Landesarbeitsamtes Eva Strobel Tipps und Infos zur Berufswahl.

In jungen Jahren müssen Schüler schon die wichtige Entscheidung der Berufswahl treffen. Welche Kriterien sollten hierbei einbezogen werden?

Sowohl bei der Wahl des Studiums als auch der Ausbildung handelt es sich um einen längerfristigen Prozess, bei dem sich die Jugendlichen Zeit nehmen und nichts dem Zufall überlassen sollten. Bei der Berufswahl stehen drei Fragen im Vordergrund: Was kann ich? Was will ich? Welche Ausbildungsmöglichkeiten gibt es? Das Wissen über eigene Interessen, Fähigkeiten, Vorstellungen sowie persönliche Stärken und Schwächen spielt eine wichtige Rolle.

Konkret: Muss man den Arbeitsmarkt mit seinen Chancen und Risiken im Auge behalten oder darf man sich von den eigenen Neigungen und Talenten leiten lassen?

Die Berater der Agenturen für Arbeit informieren selbstverständlich über die aktuelle Situation sowie Chancen und Risiken am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt. Angesichts der sich zunehmend rascher verändernden Strukturen am Arbeitsmarkt sind auch die Anforderungsprofile an Berufsbilder im Wandel. Sie werden anspruchsvoller. Deshalb ist es für Jugendliche wichtig, bei der Berufswahl sowohl geistig als auch räumlich flexibel zu sein.

Unabhängig vom Schulabschluss: Wer sollte die Lehre nach der Schule bevorzugen?

Wichtig ist, sich folgende Fragen zu stellen: Wo will ich hin? Wo sehe ich mich in zehn Jahren? Was kann ich mit meinen individuellen Interessen, Fähigkeiten, Fertigkeiten erreichen? In der frühen Phase der Entscheidungsfindung sind die Angebote der Agenturen für Arbeit wie der Besuch im Berufsinformationszentrum (BiZ), Berufswahltests sowie ein individuelles Beratungsgespräch bei der Berufs- und Studienberatung sehr hilfreich. Außerdem sind Eltern, Lehrer und Freunde wichtige Ansprechpartner.

Was spricht für ein Studium?

Und was spricht für das Studium?

Hochqualifizierte Fachkräfte sind gefragt am Arbeitsmarkt. Und auch in Zukunft ist eine gute Ausbildung die beste Versicherung für Erwerbstätigkeit und gegen Arbeitslosigkeit. Aus diesem Grund freue ich mich über eine wachsende Studierneigung. Jedoch muss jeder Jugendliche unter den oben benannten Fragestellungen abwägen, ob für ihn eher eine Ausbildung oder ein Studium infrage kommt. Unsere Beraterinnen und Berater für akademische Berufe kennen sich in der Hochschullandschaft aus und können Informationen über Studiengänge, deren Inhalte, Anforderungen und Zulassungsvoraussetzungen sowie über den Akademiker-Arbeitsmarkt geben.

2012 stehen Sie vor einer Sondersituation: Der doppelte Abiturjahrgang kommt auf den Ausbildungsmarkt. Welche Tipps haben Sie für die Gymnasiasten?

Für die Abiturienten stehen alle Bildungswege offen. Daher ist es umso wichtiger, sich rechtzeitig mit dem Thema Berufswahl auseinanderzusetzen. Genau jetzt, nämlich zwei Jahre vor Ende der Schulzeit, ist der geeignete Zeitpunkt, sich intensiver damit zu beschäftigen, um unnötigen Stress zu vermeiden und eine fundierte Berufswahl zu treffen. Mein Rat: sich frühzeitig orientieren, sich gründlich informieren, sich Alternativen zum Berufs- oder Studienwunsch überlegen und mobil bleiben.

Entstehen durch den doppelten Abi-Jahrgang Probleme bei der Ausbildungsplatzsuche für Haupt- und Realschüler (wenn ja: Wie sollten diese reagieren)?

Für Arbeitgeber ist der doppelte Abi-Jahrgang 2012 eine große Chance. Denn vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und des steigenden Bedarfs an Fachkräften bietet die erhöhte Nachfrage nach Ausbildungsplätzen die einmalige Möglichkeit, verstärkt Fachkräfte auszubilden. Durch die im Jahr 2012 voraussichtlich steigende Zahl von Abiturienten in betrieblicher Ausbildung ist möglicherweise mit einem Verdrängungseffekt zu Lasten von Jugendlichen mit Haupt- und Realschulabschluss zu rechnen. Um diesen möglichst zu vermeiden, beraten die Agenturen frühzeitig Arbeitgeber und akquirieren Stellen. Eine breit angelegte Berufsorientierung von Schülerinnen und Schülern aus Haupt- und Realschulen sowie eine möglichst individuelle Begleitung von schwächeren Jugendlichen, wie zum Beispiel durch die Berufseinstiegsbegleitung, spielen nicht nur im Jahr 2012 eine große Rolle, sondern unterstützen insgesamt den erfolgreichen Übergang von der Schule in den Beruf.

Ihr Tipp zum Schluss?

Die eigene berufliche Zukunft zu planen, ist ein spannender Prozess. Sich Zeit nehmen, Praktika machen, Informationen einholen, sich austauschen – all das hilft, um eine gute Entscheidung zu treffen. Das Team der Berufsberaterinnen und Berufsberater unterstützt die jungen Menschen auf dem Weg ins Berufsleben.