Ohne sie geht hier gar nichts: Viele ehrenamtliche Helfer sorgen dafür, dass die Waren in den Laden kommen und dort entsprechend "bunt" aufbereitet werden. Foto: Ungureanu

Noch keine Nachfolge für Marktleiterin. Rund 60 ehrenamtliche Helfer im Einsatz. Mehr als ein voller Kühlschrank.

Balingen - Marktleiterin Elke Strohmeier ist gegangen, eine Nachfolge ist nicht in Sicht. Aber bei der Balinger Tafel läuft das Geschäft weiter – dank der rund 60 ehrenamtlichen Helfer. Schließlich lautet der Leitspruch der Tafel: "Ja, ich will helfen!"

"Ich habe gerne hier gearbeitet, es ist eine gute Atmosphäre", sagt Elke Strohmeier, "ein wunderbarer Laden." Das habe auch der Wirtschaftskontrolldienst bestätigt. Aber die halbe Stelle sei für sie auf Dauer zu wenig, sie habe den Jahresvertrag daher nicht verlängert.

Vorerst geht es weiter – ohne Marktleiterin: "Hier sind viele Kräfte am Werk, denn es gibt eine große Aufgabe zu schultern", sagt Stadtkirchenpfarrerin Kristina Reichle, die als Vorsitzende des Beirats Ansprechpartnerin für die Balinger Tafel ist – in Vertretung des Dekans. Die evangelische Kirchengemeinde hat die Trägerschaft, Geschäftsführer ist der Kirchenpfleger. Weitere Partner sind die katholische Kirchengemeinde und der Förderverein. Die "drei Säulen" müssten auch etwaige Verluste zu jeweils einem Drittel tragen.

Wenn jemand in den Laden kommt und sagt: "Ich habe nur zwei Euro, und ich habe Hunger", wird er nicht weggeschickt. Und die zwei Euro darf er beim Hinausgehen behalten. Dass hier Menschen, deren Einkommen unterhalb der Pfändungsgrenze von 1050 Euro liegt, zweimal pro Woche für wenig Geld einkaufen können, ist noch lange nicht alles: Die Balinger Tafel ist nämlich "mehr als ein voller Kühlschrank". Es gibt hier auch Rat und Unterstützung, Orientierungshilfe, wenn jemand nicht mehr weiter weiß, und einen Ansprechpartner, wenn man sich allein fühlt. "Wir bräuchten ein Begegnungs-Café", meint Pfarrerin Kristina Reichle. Aber die Räumlichkeiten reichten dafür leider nicht aus.

Geschäft gibt es genug: Insgesamt gebe es derzeit etwa 400 Berechtigungsausweise, darunter seien 50 bis 70 Flüchtlinge, fügt Werner Pichorner hinzu: Russen, Türken, Araber, Inder, Pakistani, Syrer und Kosovo-Albaner. "Dahinter steckt oft eine Großfamilie, aber es gibt auch viele Alleinstehende." Man könne die Armut nicht bekämpfen, man leiste hier nur "individuelle Armutsbewältigung".

Pichorner, früher Geschäftsführer im Haus Bittenhalde, springt zweimal pro Woche ehrenamtlich ein, stellt Berechtigungsausweise aus. Gisela Schittenhelm kümmert sich um die neuen Mitarbeiter. Zuweilen werden sie vom Jobcenter her geschickt, zuweilen kommen sie von sich aus und sagen, dass sie mithelfen wollen.

Zwölf Fahrer sind mit dem Kleinlaster der Tafel unterwegs, Ruheständler, aber auch Studenten, die sich engagieren. Bei der Aufbereitung helfen Schüler mit, die ein Sozialpraktikum absolvieren, Flüchtlinge, die einen Berechtigungsausweis haben, und Ein-Euro-Jobber. "Wir sind bunt gemischt", sagt Kristina Reichle. Es sei ein Miteinander "auf Augenhöhe". Das helfe, anfängliche Hemmungen zu überwinden. Denn manch einer schäme sich, dass er arm sei – vor allem alte Menschen, deren Rente nicht ausreiche.

Die Waren kommen von den Discountern aus der Umgebung, viele Bäcker und Metzger machen mit. Wohlgemerkt: Es gebe kein Vollsortiment, denn die Discounter würden die Trocken- und Dauerwaren, etwa Nudeln und Reis, kaum abgeben, sagt Werner Pichorner. Spenden und Zuwendungen, unter anderem durch Gerichtsauflagen oder aus Stiftungen, sind unverzichtbar.

Die Marktleiterstelle werde jetzt ausgeschrieben, sagt Kristina Reichle. "Wir hoffen, dass wir jemand finden. Es ist eine große Herausforderung, mit den Menschen hier zu arbeiten."