Das A-cappella-Ensemble "The Queen’s Six" aus Windsor Castle begeistert seine Zuhörer in der Balinger Stadtkirche (von links): Daniel Brittain und Timothy Carleston, Countertenor, Simon Whiteley, Bass, Andrew Thompson, Bariton, Nicholas Madden und Dominic Bland, Tenor. Foto: Tahir Foto: Schwarzwälder-Bote

A-cappella-Ensemble "The Queen’s Six" aus Windsor Castle erntet Beifallsstürme / Zwischen Musik der Renaissance, Pop und Jazz

Von Ilona Tahir

Balingen. In die Balinger Stadtkirche strömen an diesem Freitagabend lange vor Konzertbeginn Musikbegeisterte, die sich Plätze sichern möchten, um dem Vokalensemble so nahe wie möglich zu sein, das hier gleich auftreten wird: "The Queen’s Six", quasi die Haus- und Hof-Musiker Ihrer Majestät, der Königin von England.

Was sonst das beinahe tägliche Privileg der Queen in der St. George’s Chapel von Windsor Castle oder bei höfischen Festlichkeiten ist, dürfen nun Balinger Musikfreunde genießen: A-cappella-Gesang vom Feinsten, vorgetragen von sechs sympathischen, intensiv geschulten Sängern, deren Stimmen einzeln wie im perfekten Zusammenklang ihre vollkommene Schönheit entfalten: Daniel Brittain und Timothy Carleston, Countertenor, Nicholas Madden und Dominic Bland, Tenor, Andrew Thompson, Bariton, und Simon Whiteley, Bass.

Von der Empore herab erklingt in der hervorragenden Akustik der Stadtkirche das "Sing Joyfully" des englischen Renaissance-Komponisten William Byrd (1540 bis 1623), Verse aus dem 81. Psalm, ein polyphones Kunstwerk, in dem die Ausgewogenheit der Stimmen voll zur Geltung kommt. Sodann nehmen die "Q6" im Altarraum Aufstellung, wo die einzelnen Ensemble-Mitglieder abwechselnd mit lausbübischem Charme und Humor das reichhaltige Programm moderieren. Neben Sakralmusik des 15. und 16. Jahrhunderts bietet es auch weltliche Musik jener sechs Komponisten, die während der Regentschaft von Queen Elizabeth I zu Ruhm gelangten und die sechs jungen Sänger zur Namenswahl ihres 2008 gegründeten Ensembles inspirierten.

Beeindruckend ist auch die Choreographie der Künstler, wenn sie gemessenen Schritts synchron den Altarraum durchschreiten, um sich neu zu formieren. Mit tiefem Ernst interpretieren die Q6 das "O nata lux" von Thomas Tallis (1505 bis 1586), eine Hymne zur Verklärung des Herrn, mit zartem, verhaltenem Ausdruck das "When David heard that Absalom was slain" von Thomas Weelkes (1576 bis 1623). Hochstimmung wiederum vermitteln sie in der Psalmenvertonung "Lift up your heads" von Orlando Gibbons (1583 bis 1625). Innig klingt das von vier Stimmen vorgetragene "Prayer of King Henry VI" von Henry Ley (1887 bis 1962). Lebhaft rhythmisch gestalten die Sänger das "Pasttime with good company" von King Henry VIII (1491 bis 1547), witzig lautmalerisch den 1863 erstmals aufgeführten "Eton boating song", den ein Freund des Ensembles zu einer bewusst kitschigen Melodie arrangiert hat. Ein schottisches Volkslied von vergänglicher Liebe trägt der erste Tenor vor, während die übrigen Sänger die Hintergrundmelodie gestalten.

Dass sie auch ganz andere Stilrichtungen beherrschen, zeigen die Q6 im letzten Teil ihres Programms: Mit samtenem Bass, umschmeichelt von den fein modulierten Stimmen seiner Kollegen, singt der hochgewachsene Simon Whiteley ein unwiderstehliches "La mer", das er selbst neu arrangiert hat.

Es folgt ein Ausflug in die von quirligem Leben erfüllte "Penny Lane" der Beatles. Parodistisch verfremdet erklingt "The Power of Love" von Jennifer Rush. Hier tun sich besonders die beiden Countertenöre mit unvergleichlicher Gestik und Mimik hervor.

Der Abend endet jazzig mit "I’m beginning to see the Light" von Duke Ellington, das der Vater von Tim Carleston arrangiert hat. Hier stellen die Q6 noch einmal auch ihr Talent als Komiker unter Beweis, und die Zuhörer lassen sich von ihrem Rhythmus mitreißen.

Der Beifall für die großartige Leistung der jungen Sänger und ihre vielseitigen Darbietungen ist gewaltig. Die Q6 danken mit einer Zugabe bis very british bis dem "God save the Queen".