Wurde an der Gewerblichen Schule Balingen vor drei Jahren allzu sorglos mit asbesthaltigem Baumaterial umgegangen? Das Balinger Amtsgericht versucht, diese Frage zu klären. Foto: Archiv

Balinger Amtsgericht beschäftigt sich mit Ausbau von Asbestplatten am gewerblichen Schulzentrum.

Balingen - Die einen sagen so, die anderen sagen so: Das Balinger Amtsgericht versucht derzeit zu klären, wie vor drei Jahren asbesthaltige Dämmplatten in der gewerblichen Schule in Balingen ausgebaut und abtransportiert wurden.

Angeklagt ist der Vorarbeiter einer Abbruchfirma wegen unerlaubten Umgangs mit Abfällen. In dem Schulgebäude wurden vor drei Jahren bei der energetischen Sanierung komplette Fensterelemente ausgebaut und neue eingesetzt. Die beauftragte Firma beschäftigte für den Ausbau einen Abbruch-Unternehmer aus Hechingen. Die asbesthaltigen Dämmplatten der alten Fensterelemente sind dabei, so die Anklage, ohne Schutzmaßnahmen ausgebaut und teilweise durchs Schulgebäude getragen worden, auch während des Schulbetriebs.

Von Asbest, so erklärte der Angeklagte, sei im Auftrag keine Rede gewesen. Folglich seien die Platten ebenso wie die Glasscheiben anfangs ganz aus den Fensterelementen ausgebaut und in den Hof transportiert worden. Dabei sei keine einzige Platte zerstört worden, betonte er.

Nach etwa einer Woche sei an einer Dämmplatte die Folienbeschichtung beschädigt gewesen, und da habe er festgestellt, dass die Platten asbesthaltig sei könnten. Der Angeklagte ist als Sachkundiger für Asbest ausgebildet. Seinen Verdacht habe er seinem Arbeitgeber mitgeteilt, sagte er vor Gericht.

Dieser habe daraufhin das Landratsamt informiert, das daraufhin eine Analyse beim Institut Jäger in Auftrag gegeben habe. Der Verdacht bestätigte sich, das Abbruchunternehmen schloss daraufhin mit der Fensterfirma eine Nachtragsvereinbarung über den Ausbau und die Entsorgung der Asbestplatten.

In der Folge, so der Angeklagte, seien die Platten nicht mehr aus den Fensterelementen gelöst worden, sondern die ganzen Elemente seien abtransportiert worden, um jede Gefahr für die Arbeiter sowie die Schüler und Lehrer auszuschließen. Sie wurden zum Teil mit Hilfe eines Krans aus dem Gebäude geschafft oder von mehreren Leuten durchs Haus getragen. Besondere Schutzmaßnahmen seien dafür nicht nötig gewesen, niemand sei mit dem Asbest direkt in Kontakt gekommen.

Dies bestätigten auch der Abbruchunternehmer und sein ebenfalls in der Firma beschäftigter Sohn, ebenso der Hausmeister der Schule. Einige Zeugen, darunter ehemalige Mitarbeiter der Abbruchfirma, sagten hingegen aus, die Platten seien von Anfang bis Ende der Baumaßnahmen ausgebaut und durchs Haus getragen worden. Allerdings wusste keiner mehr so richtig, wann und mit wem er auf dieser Baustelle gearbeitet hatte. Gedanken über Asbest hätten sie sich damals nicht gemacht, obwohl ihnen "irgendwann" gesagt worden sei, dass die Dämmplatten den giftigen Stoff enthalten.

Auch der beim Landratsamt angestellte Architekt hatte keinen Grund für Schutzmaßnahmen gesehen, da es sich um festgebundenen Asbest handle. Im Nachhinein bedaure er dies. Das Landratsamt als Bauherr hatte keinen Grund zum Einschreiten gesehen.

Der Angeklagte betonte, der Austausch der Fensterelemente hätte nicht anders durchgeführt werden können. Der ermittelnde Kripobeamte sprach von "umfangreichen Verfahren" gegen den Abbruchunternehmer. Überdies hätte dieser am Verhandlungstag massiv auf Zeugen eingewirkt. Der Abbruchunternehmer hingegen sieht sich als Opfer eines Rachefeldzugs ehemaliger Mitarbeiter, die er teilweise wegen Diebstahls gefeuert habe.

Oberstaatsanwalt Beiter warf dem Abbruchunternehmen vor, er habe laut Datum der Nachtragsvereinbarung bereits drei Tage nach Beginn der Arbeiten von dem Asbest gewusst und zunächst trotzdem weitergemacht wie bisher. Sowohl er als auch die Richterin wunderten sich auch, dass keiner der beschäftigten Arbeiter damals an seine eigene Gesundheit gedacht habe. Der Verteidiger will noch zwei weitere Zeugen hören. Daher wird das Verfahren am 8. Oktober fortgesetzt.