"Ein wichtiges Thema, das oft erst aufgegriffen wird, wenn es eigentlich zu spät ist": Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut beim Kick-off zum Kinderschutzsystem. Foto: Ungureanu Foto: Schwarzwälder-Bote

Projektstart: Dreier-Teams aus Jugendlichen, Trainern und Eltern sollen Jugendliche und Ehrenamtliche im Verein stärken

Es ist ein Thema, über das nicht gerne geredet wird: sexueller Missbrauch im Verein. Das "Kinderschutzsystem" soll helfen und beide Seiten stärken – die Jugendlichen und die Ehrenamtlichen im Verein. Am Montagabend war Projektstart in der Balinger Stadthalle.

Balingen. Mit von der Partie: Vertreter von Vereinen aus dem Zollernalbkreis, von Politik und Wirtschaft sowie Sponsoren. Nicht zu vergessen die Vereine Feuervogel aus Balingen sowie Hänsel und Gretel aus Karlsruhe.

Letzterer hatte zusammen mit dem Münchner Verein Amina das Projekt "Kinderschutzsystem" bundesweit gestartet mit dem Ziel, Wissen zu vermitteln, wie im Krisenfall zu reagieren ist und welche Regeln die sportliche Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sicherer machen.

Die Idee, das Projekt im Zollernalbkreis zu etablieren, stammt von Rolf Schneider von der Werbeagentur eigenart. Bei Landrat Günther-Martin Pauli rannte der Grosselfinger offene Türen ein. Bei den Vereinen, die für die Pilotphase angesprochen worden waren, auch: Die TSG Balingen, der Judoclub Balingen, der TV Weilstetten, die JSG Weilstetten, der TV Hechingen, der FC 07 Albstadt und der TV Truchtelfingen waren gleich dabei.

Ein wichtiges Thema ist es auch für Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut, die zur Kick-off-Veranstaltung in die Stadthalle gekommen war. Das Thema berühre sie auch, nicht nur als Mutter von drei Kindern, sagte sie, denn: "Wie Kinder aufwachsen, hat große Auswirkungen auf die ganze Gesellschaft. Sicherheit ist im Leben nur gegeben, wenn das Umfeld sicher ist."

Aus Sicht von Landrat Günther-Martin Pauli, der die Schirmherrschaft übernommen hat, ist es eine Aufgabe der Städte und Gemeinden, dass Kinder wohlbehütet aufwachsen: "Das ist für uns nicht mit diesem Pilotprojekt gestartet", sagte er, "wir engagieren uns seit Jahren dafür."

Thomas Knapp, der seit zehn Jahren Vorsitzender des Karlsruher Vereins Hänsel und Gretel ist, betonte, dass es darum gehe, das Kinderbewusstsein in der Gesellschaft zu fördern mit dem Ziel, Kinder vor Gewalt und Missbrauch zu schützen: "Es geht auch um Verständnis für die nachwachsende Generation." Er erinnerte in dem Zusammenhang an die "Notinseln" in Städten und Gemeinden, die Anlaufstellen für hilfsbedürftige Kinder sind, und an das Projekt "Kein Täter werden". Wie funktioniert das "Kinderschutzsystem"? Ein Dreier-Team aus einem Jugendlichen, einem Trainer und einem Elternteil wird in Workshops geschult, diskret und konsequent zu handeln, wenn ein Verdachtsfall besteht – und bekommt über die Website die Möglichkeit, sich zu vernetzen. Das Ziel: "Dass man Spaß am Sport hat, am Gewinnen und Verlieren, und dass alles Andere gar nicht erst passiert."

Die Schulung übernimmt der Verein Feuervogel. Claudia Kanz, Leiterin des Fachbereichs Prävention im Verein, weiß: "Sexualisierte Gewalt ist kein Einzelphänomen." Sie plädierte aber dafür, Vierer-Teams mit jeweils zwei Jugendlichen zu bilden, denn "wenn ein Kumpel dabei ist, fällt’s leichter". Was sie sich vom Projekt verspricht? "Die Vereine sind so ein Stück weit sicherer."

Ute Hirthe, Vorsitzende der TSG Balingen, des größten Vereins in der Stadt, betonte in der Diskussionsrunde allerdings, dass es im Verein nicht öfter zu sexueller Gewalt komme als außerhalb davon. Aber es gehe auch um das Vertrauen der Eltern und Kinder, das gepflegt und geschützt werden müsse. Von Seiten der Städte Balingen und Albstadt sagten Bürgermeister Reinhold Schäfer und Oberbürgermeister Klaus Konzelmann Unterstützung zu. Kathrin Völker von der Kanzlei Völker und Partner, einem der Hauptsponsoren des Projekts, geht es darum, Ehrenamtliche zu stärken, die im Vereinsvorstand sind und Haftungsprobleme haben: Die führten letztlich dazu, dass immer weniger Personen bereit seien, ein Ehrenamt zu übernehmen.

Weitere Informationen: www.kinderschutz-im-zollern albkreis.de